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208 Gberlausitzer Heimatzeitung Nr. 15 geben. Der Verfasser dieser Zeilen ist stolz darauf, an dem Zu standekommen dieses für die Hebung des Fremdenverkehrs in unserer Oberlausitz so wichtig gewordenen Faktors mitgearbeitet zu haben. Mir war in den Jahren 1902—1904 die Leitung des dem Verein „Volkswohl" in Dresden gehörenden Naturtheaters im Albertpark (Dresdner Heide) anvertraut gewesen. Ich war noch gezwungen, ausschließlich mit Laiendarstellern zu arbeiten, versuchte aber bereits damals in einem größeren Aufsatz (Dresd. Anzeiger Nr. 152 vom 3. Juni 1903) das Interesse der Berufs künstler für die Naturbühnen wachzurufen. Als mich meine dienstliche Laufbahn nach Zittau führte, beseelte mich sofort der Wunsch, in der herrlichen Zittauer Pflege die Begründung einer Freilichtbühne anzuregen. Mein Freund Hesse griff mit seiner bekannten Tatkraft den Gedanken auf, verwarf aber die zunächst in Aussicht genommene Weinau zugunsten einer besseren Wahl, eben der freundlichen Lichtung iu der Verlängerung des Oybiner Hausgrundes. Dieser Plan fand bei den in Betracht kommenden Behörden freundliches Entgegenkommen und weitestgehende Förderung. Namentlich fand das Unternehmen in dem leider zu früh ver storbenen Oberforstmeister Korselt einen warmherzigen und verständnisvollen Gönner. Andererseits fehlte es aber auch nicht an Zweiflern und Pessimisten, die sich zu allerlei üblen Prophe- zeihungen bemüßigt sahen. Aber nichtsdestoweniger wurden alle entgegenstehenden Schwierigkeiten aus dem Wege geräumt, und als im Juni 1911 die neue Freilichtbühne mit Goethes „Iphi genie" eröffnet werden konnte, überstieg der'Erfolg alle Erwar tungen. Das junge Unternehmen sicherte sich von Anfang an einen hohen künstlerischen Ruf. Die größten Zeitungen Deutsch lands veröffentlichten begeisterte Schilderungen ihrer Bericht erstatter, und aus allen Gauen strömten die Schaulustigen in Scharen herbei. Die Oybinbahn war bei äußerster Anstrengung in den ersten Jahren häufig nicht imstande, die vielen Tausende der Waldtheaterpilger alle zu befördern. Hunderte von Autos sausten aus allen Richtungen der Windrose herbei und ungezählte Mengen strebten auf Schusters Rappen dem Ziele zu. Das von einem der bedeutendsten Berliner Kritiker geprägte Wort, die Oybiner Waldbühne sei das „Theater der Fünftausend", wurde später noch weit überboten: die berühmte Prezivsa-Aufführung anläßlich des Oybiner Pressefestes im August1913 gingvormehr als 7500 Besuchern in Szene. Auch „Hermannsschlacht", „Wil helm Teil" und andere „Schlager" erzielten Besuchsziff rn, die ins sechste Tausend gingen. Es worein Schauspiel für sich, wenn man nach derartigen Aufführungen an einem gesicherten Stand ort beobachten konnte, wie die Scharen der Heimkehrenden aus dem engen Hausgrund herausfluteten. Wie ein unendlicher Heerwurm schoben und drängten sich die Massen; es war ein Bild, das man sich kaum vorzustellen vermag. Der letzte Sonntag im Juni 1914 bot letztmalig dieses gewal tige Schauspiel. Und dann trat in der Geschichte des Oybiner Waldtheaters ein schwerempfundener Wendepunkt ein. Man hatte „Wilhelm Teil" aufgefllhrt. Ich entsinne mich noch deutlich des überaus wuchtigen Eindrucks, den die Parricidaszene hinter ließ. Man hatte unwillkürlich das Gefühl, als ob etwas Furcht bares in der Luft läge. Es sollte sich bestätigen. Die Aufführung war kaum zu Ende, als sich wie ein Lauffeuer die Kunde von der Bluttat von Serajewo verbreitete, die den Austakt zum Weltkrieg bilden sollte. Die Ereignisse dieser Zeit sind in ihren Folgen auch für das Oybiner Waldtheater von schwerwiegender Bedeutung geworden. Einen ganz gewaltigen Ausfall von Besuchern führte zunächst einmal die Sperrung der österreichischen Grenze herbei. Einen weiteren schweren Schaden führten die bedeutenden Ein schränkungen desEisenbahnverkehrsundneuerdings die ungeheure Verteuerung der Fahrpreise herbei. Und nun tritt noch die ge waltige Verteuerung des Theaterbetriebes hinsichtlich sämtlicher persönlicher und sachlicher Ausgaben hinzu. Es entsteht die ernste Frage: Wie wird das Waldtheater über diese erheblichen Schwie rigkeiten Hinwegkommen? Umso bedauerlicher und befremdlicher ist es, daß auch die Stadt Zittau als Eigentümerin des Grund und Bodens, auf dem das Waldtheater steht, anscheinend neuerdings gewillt ist, diese Hindernisse einer gedeihlichen Weiterentwicklung des Unter nehmens noch zu vermehren.. Es ist eine Verschärfung der Pacht bedingungen zur Erörterung gekommen, die der Theaterleitung- und allen Freunden des Unternehmens die ernsteste Sorge be reiten muß. Wenn man die einschlägigen Berbandlungen im Stadtparlament liest, so kann man nur den Kopf schütteln. Vor allem scheint man ganz außer Ächt zu lassen, daß das Oybiner Waldtheater ein höchst bedeutsamer Faktor bei der Bekämpfung des Schundes im Gebiete der Kunst und in volkserzieherischer Hinsicht geworden ist, daß es daher mit allen Mitteln unterstützt zu werden verdiente. Wenn ferner behauptet wird, daß durch das- Waldtheater materieller Forstschaden herbeigeführt worden fest so wird das der Öffentlichkeit nicht eher einleuchten, als bis der Beweis dafür Klipp und klar geführt wird. Ein sehr kleinlicher und überdies stark anfechtbarer Standpunkt aber ist, wenn erklärt wird, die Stadt Zittau habe an der durch das Waldtheater her beigeführten Hebung des Fremdenverkehrs keinen Anteil. Das- ist Kirchturmspolstik ausgesprochenster Art! Auch sonst findet das Oybiner Waldtheater bei der Zitlauev Bürgerschaft bei weitem nicht die Unterstützung, die es nach dev Güte seiner Leistungen verdiente. Man kann an jedem Spieltage mit Sicherheit darauf rechnen, im Zuschauerraum Dresdner oder Görlitzer Bekannte zu treffen, Zittauer aber nur dann, wenn es- sich um eine besondere „Sensation" handelt, wo es zum guten Ton gehört, dabei gewesen zu sein. Unter den Scharen der Fremden, die um des Waldtheaters willen nach unfern Bergen kommen, gibt es nachgewiesenermaßen viele, die bei dieser Gelegenheit unsere Lausitz schätzen lernen und lieb gewinnen. Äus flüchtigen Besuchen sind auf diesem Wege schon zahlreiche angenehme dauernde Beziehungen geworden, bei denen di-e Gaueingeseffenen nur gewinnen können- Wir Lausitzer können also nichts besseres tun, als unser Oybiner Waldtheater besonders in den kommenden schwierigen Zeiten mit allen Mit teln zu unterstützen und ihm das Durchhalten nach unseren Kräften zu erleichtern! Wenn die vorstehenden Zeilen nach ihrem Teile zur Verbreitung dieser Erkenntnis beitragen dürsten, so hätten sie ihren Zweck erfüllt! Versunkene Glocke »;u tun,wenn wir imJnter- ehe der Vertiefung dec Liebs zur Heimat in allen Kressen unsere Abonnenten bitten, die „Gberlausitzer Heimat zeitung" in allen Freundes- und Bekanntenkreisen zu empfehlen Die Geschäftsstelle der „Gberlausitzer Helmatzeitung" ::