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Die Landschaften der Lausitz und ihre Bewohner Bon Ma; Lehmann-Bautzen Abdruck?aus der Einleitung (nach Isisvorträqen von O. Kaubisch-Bautzm) zu des Verfassers Büchlein „Die Lausitz". Ein Führer durch chie schönsten Teile der Lausitzer Heimat. Verlag von Gebr. Müller, Bautzen, Preis 60 Psg. Blick vom Spitzberg bei b ohland nach Westen. O. KaubM-Bautzen. W8s hat lange gedauert, ehe man den landschaftlichen Schönheiten unserer Lausitz den Platz einräumte, der ihnen gebührt. Zwar weist unsere Heimat im all gemeinen nur bescheidene landschaftliche Reize auf, denn ihre Berge sind nicht allzu hoch und ohne jene Größe und Kühnheit in den Formen, wie andere deutsche Mittelgebirge. Selten genug erblickt man auf ihren Höhen sagenumwobene Burgreste; nur hier und da durchschneiden tiefe Täler die langen Bergzüge, ohne jedoch auf die Großartigkeit und Bielbesungenhcit anderer Anspruch machen zu dürfen. Und doch bietet die Lausitzer Landschaft — zu der man die preußische, sächsische und nordböhmische Lausitz rechnen darf — eine überaus reiche Abwechslung, und vor uns entstehen oft Bilder von seltener Eigenart, die in ihrer Vielgestaltigkeit jedes Auge, das Naturschönheiten sucht, in ungewöhnlicher Weise zu fesseln vermögen. Kaum eine andere Landschaft in Deutschland hat ja auf einem so kleinen Gebiete so viel des Eigenartigen und Gegen sätzlichen. Im Süden türmen sich wie ein hoher Grenzwall nach Böhmen zu die hohen vulkanischen Kuppen, im Norden dehnt sich in weite Fernen ein anmutiges Hügelland mit sagenumwobenen Gipfeln; und daran schließt sich, verblauend in die Unendlichkeit, die stille Heide. Innerhalb der Granitzüge haben die fleißigen Nachkommen der deutschen Ansiedler aus dem Westen die langen Täler belebt; durch unsichtbare Grenzen geschieden, konnten sich die Wenden alte Sitten, Sprache und eigenstes Wesen erhalten. Also Gegensatz auf Gegensatz innerhalb eines der kleinsten land schaftlichen Gebiete Deutschlands. Wie alle diese Landschafts formen entstanden, muß für den, der die Lausitz durchwandert, nicht weniger Wert haben als bloße Schilderungen ihres jetzigen Zustandes und ihrer Bewohner. Darum sei auch diesem Punkte ein größerer Raum eingeräumt, als er unter ähnlichen Bedin gungen wohl angebracht wäre. Das Granitgebiet Alle Gebirge sollen durch gewaltige Veränderungen der Erd rinde entstanden sein, genau so, wie auch heute noch gewisse Ver änderungen der Erdoberfläche vor sich gehen. Der flüssige Erdkern, so lehrt eine Annahme, wurde wegen der Abgabe von Wärme an den Weltenraum allmählich kleiner; natürlich mußte sich die Erdkruste zusammenschrumpfen. Das tat sie durch Absinkenlassen großer Böden, z. B. der Meeresböden, ebenso dadurch, daß große Teile der Erdrinde zusammenbrachen und sich verschoben, und daß sich nachgiebiges Gestein in Falten legte. So bildete sich in Mitteleuropa ein solch mächtiges Faltengebirge von Alpenhöhe — das sogenannte varistische Urgebirge— an der Stelle, wo heute die deutschen Mittelgebirge stehen. Es wurde zwar fast bis auf seinen Sockel abgetragen, sodaß eine fast ebene Fläche entstand, die von später auftretenden Meeresablagerungen, z. P. von einem Kreide- Md Sandsteinmeer, noch mehr eingeebnet wurden. Dabei drangen zwischen die Falten einzelne flüssige Gesteine, Lakkolithe genannt, so bei uns der Granit. Den Beweis dafür geben uns die zahlreichen Einschlüsse von Grauwacke, welche sich heute leicht im Granit (Hochstein) nachweisen lassen. Denn der Granit mußte sich durch die ältere Grauwacke bei seinem Empordringen seinen Weg bahnen. Das alles geschah in der sogenannten Steinkohlenzeit. Dann aber kam — in Zeitläuften, die wohl kaum abznmessen sein werden — die Tertiärzeit (mittlere Braunkohlenzeit), jene unruhige Zeit, die die groß artigsten Verschiebungen und Faltungen mit sich brachte, in der u.a. die großen Kettengebirge, Alpen und Karpathen, entstanden. Am.Rande dieser ungeheuren Gebirge brach deren sprödes Bor land in der Richtung von Spalten in viele treppenartige oder grabenförmige Schollen, ein Vorgang, den man Verwerfung nennt. So brach als Graben das Gebiet zwischen Pirna und Meißen längs der Elbe ein, und der Zittauer Kessel und der böhmische Kessel bildete sich und in seinem See durch den Niederschlag von Pflanzenmvder, Treibholz u. a. in Verbindung mit Ton- und Lehmschichten Braunkohlenstöze. Im Süden aber brach das Gebiet des heutigen Sandsteins längs alter Spalten ab, während der Granit sich hob und als sogen. „Horst" stehen blieb, der sich scharf vom Sandsteingebiete — dem heutigen Elbsandsteingebirge — abgrenzte. Dieser Vorgang, die „Verwerfung", spielte sich bei uns ungesähr in der Linie Khaa, Hinterhermsdorf, Kirnitzsch- tal, Pillnitz ab und brachte jedenfalls einen Unterschied von etwa 150—180 Meter zwischen den beiden Schichten — der stehen- l gebliebenen und der eingesunkenen — mit sich. Mit welch großer j Kraft diese Verwerfung vor sich gegangen ist, das können wir heute nur noch an den ungeheuren Rutschflächen, auch an den bedeutenden Trümmerzonen und Klustspalten ermessen, die noch heute als einzige Reste davon zeugen. Wenn auch die plötzliche Zerreißung dieser Schichten bei uns von bedeu tenden Erdbeben begleitet sein mag, so wird wohl im allgemeinen die Verschiebung so langsam vor sich gegangen sein, daß die Verwitterung die ent stehenden Höhenunterschiede genügend aus gleichen konnte. Die weitere Folge dieser Ver werfung war die, daß die Flüsse auch bei uns eine ganz andere Richtung, andere Kraft und größeres Gefälle erhielten, daß ihre Täler viel tiefer in die Flächen des Erdrumpfes einrissen. So entstand also unser Granitgebiet. Die einzelnen Granitarten sind unbedeutend für die Formen der Landschaft. Denn der Mönchs- walder Berg, der sich aus dem feinkörnigen Granit (mit schwarzem und weißem Glimmer) aufbaut, unterscheidet sich nicht von anderen, die aus dem nur schwarzen Glimmer enthaltenden Granitit bestehen. In großen Steinbrüchen werden jetzt fast überall diese Granite gebrochen und verarbeitet. Wichtiger für uns ist das Ver halten des Granits nach seinem Empordringen. Bei seinem Erkalten zerlegte er sich nämlich in