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Darum, wach auf, du Geist alten Germanentums, deut scher Recken, damit auch wir uns befreien von aller Be drückung, von all unfern Feinden. Dann aber wollen wir uns selbst genug sein, wollen fleißig unsere Scholle bebauen. Dann benötigen wir herzlich wenig fremde Erzeugnisse. Frühling in der alten Stadt Lenzen Skizze non MaxZeibig, Buchen war in den ersten Tagen des Monats März, als Fran Sonne den kleinen Betrug verübte und die Erde in ganz warmer Güte umarmte, bedeutend, nun komme der Früh- linq, der ersehnte, wirklich und wahrhaftig. Aber es war dennoch ein Betrug, an dein man die Frauennatur (vcr- KÄs^s zeih, liebe, schöne Leserin!) der Sonne erkannte: denn die Borsrühliugskinder, die Märzenbecher und Schneeglöckchen, die sich, durch die freundliche Wärme angelockt, mit ihren zartweiszen Köpf chen neugierig über die frostigen Erdschollen in das Gras, das noch grau, gewagt halten, büßten ihre kindliche Keckheit bald mit dem Tode. Ein kälter Nordost wehte in unaufgehallenem Schwünge über die Hcidcwälder der Heimat daher, brauste durch die Wipfel der Tannen und Fichten, schlug die breiten Kranen der starren Kiefern deftig aneinander, zauste im dürren Laub der Eichen, Buchen und Linden und bog die schlanken Leiber der lieblichen Birken schier zum bersten, jagte dahin über Dorf und Stadt, wehte wilde Wolken über den Himmel und wirbelte Staub in den Straßen auf, wickelte sich in derber Verliebtheit in raschelnde Röcke und riß, höchst unan ständig, Hüte vom Kopfe. Eisige Regenschauer schlugen klatschend und körnig hernieder, daß die armen Blümlein also erfroren. Den Mauern und Türmen der alten Stadt konnten diese Früh- lingsstürme nichts anhaben, die ertrugen solche Kämpfe fast mit be haglichem Schmunzeln. „Ich steh seit 958", trotzte die alte Ortenburg. „Wir sahen seit 1421 ganz andere Kriegsscharen, die kamen mit Mauerbrechern, mit Speeren und Pfeilen, mit Pulver und Blei, mit heißem, wildem Ungestüm", meinten die Wälle, und die Türme, die aus den Felsen über die Spree wachsen, standen und starrten, vielleicht etwas unmutig, und sahen sich den Kampf o^n oben herab an, als wollten sie sagen: „Wenn man seit 1500 jedes Jahr einen Frühling erlebte, weiß man doch, daß er kommt, wenn auch der Winter in letzter Kraft sich noch so toll gebärdet." O diese SteineI Sie haben die ruhig-weise Philosophie des Alters. Frau Sonne hatte sich unterdessen südwärts geflüchtet und war tagelang nicht zu sehen. Da sie aber dennoch das Regiment be kommen wollte, plante sie einen Putsch und verband sich heimlich mit dem lauen Westen, der weich und schmeichelnd sich an die Stürme hängte. Das gab Kämpfe! Immer wieder wollte der eisige Nordost sich siegreich behaupten, und immer wieder war es der West, der seine stürmischen Flügel buhlerisch lähmte, und als gar über die ferne dunkelblaue Bergkette des Bieleboh, Czorneboh, Hromadnik und Pichow der Süd in warmer Kraft herniederstieg und mit ihm die Sonne in aufdringlicher Weise, ward es ihm lästig, und er zog sich jauchend zurück, nordwärts, immer nordwärts, um bei den Eisbergen in ohnmächtiger Wut zu weinen. So kam von Süden her der Frühling in die alte Stadt. In den Gärten vor den Wällen setzte er sich zuerst fest. Da erblühten sarbenschön und wohltuend Krokus und Narziß, Schneeglöckchen und Veilchen kamen in Anmut und Duft, und immer weiter ging das Werden und Keimen. In den Anlagen, die sich in einem breiten Ring um die Mauern schlingen, putzten sich die Zweige der Sträucher und Bäume heraus, hier mit winzigen, zartgrünen Blättchen und dort mit schwellenden, dicken Knospen. Sogleich erschien das Gras in samtncm Glanze und leuchtete vor Freude, weil die Sonne so freundlich die Erde beschien. Schön waren schon die Nächte, die der Mond sanft erhellte, und junge Menschenkinder wandelten in seliger Verliebtheit durch die grüne Welt. Und tausend kleine Boten hatte der Südwind vorausgesandt- Den jauchzenden Fink, den pfeifenden Star, die flötende Amsel und alle, alle die fröhlichen Verkünder des Frühlings, daß cs ein Gc- q>feif und Gezwitscher, ein Rufen und Erzählen, ein Singen und Jauchzen gab, als kenne die Welt gar kein Leid, als kenne sie nur Das eine Lied: Der Lenz ist da! Das hat sich nun über die Mauern der alten Stadt geschwungen, es läuft eine Weile darauf hin, es spielt um Türme und Tore, und geht in die Häuser und Gassen und rastet ein wenig bei den alten Ruinen, auch diese verjüngend, es wiegt sich im Klange der Glocken und sacht die verzagten Herzen der Menschen, die sich so sehr nach Frühling, Freiheit und Freude gesehnt, es ist bei den hindern, die nun wieder im Freien mit roten, grünen und blauen Kugeln und gar mit solchen von glitzerndem Glas spielen und Himmelreich und Hölle machen und dann ihre zweigestimmten Lieder singen und am Ende jubeln in Lachen und Lust: Der Lenz ist da! Und es dringt hinab in die jahrhundertaltcn Gräber, die bei den Mauern und zwischen den Ruinen sind und ruft die Toten: Der Lenz ist da! und ihr sollt auscrstehn. Die holdeste Gattin Ostara hat dem Sonnengott Swentewitt zu Danke nächtlicherweile das umgebende Land gesegnet. Die Stiere haben ihren Füilhornwagcn über die Fluren gezogen, und sie hat die Erde mit Blumen und Saaten überschüttet und hat die Wasser, die da fließen, und die Brünnlein, die da quellen, geheiligt. Nun gehen reinschöne Jungfrauen des Nachts, um schweigend beglückendes Öfter wasser zu schöpfen, nun reiten die Bauern und Burschen auf ge- geschmackten, wohlgenährten Pferden von Flur zu Flur, von Dorf zu Dorf, nm neuen, frnchtschwercn Segen für die Felder zu erbitten. Aus den dumpfen Gassen der alten Stadt aber fliehen die Menschen unter dem Geleit der Osterglocken in festlichen Gewändern hinaus, über die weitgespannten Brücken, nach Süden zu den Bergen, nach Norden zu der Heide und suchen Stille und Trost bei der Äll- mmter Natur, und wenn sic heimkehren, leuchten ihre Augen voll Hoffnung und Freude. In wenigen Tagen aber erblühten auch die zarten Blüten der Obstbäumc, die sich überall bei den alten Mauern finden, in ganzer, weiß und roter Pracht. Ein Bild ist's, unvergeßlich schön und so voll tiefen Sinnes, wenn über den verwitterten Steinen solch lachendes Blühen ist, ein Bild, so heilig und herrlich, daß man darob ganz andächtig und ganz fromm wird. Da trägt der Frühling ins Herz die warme Güte der Sonne (sie ist doch eine edle Frau !) und die große Liebe Gottes, der diese Welt voll Schönheit erschuf, der die arte Stadt so gnädig behütet und ihr jedes Jahr einen neuen Frühling beschert. MMNMMMMVUUMMUMNUMUMMMMUNUMMMMUttUMUNMMMMMVMMMUM Der neue Lusatiaweg Kottmar—Isergebirge Bon Bruno Reichard, Zittau II. Ein Zufall fügte es, daß die Teilstrecke Hirsch selbe — Gickelsberg des neuen Weges (14 Kilometer) bei ziemlich unsichtigem Wetter und bedecktem Himmel begangen weiden mußte. Trotzdem konnten die an der Borbegehung beteiligten Herren, Vertreter des Zittauer „Globus" und der Gebirgs vereine zu Hirschfelde und Reichenau, seststellen, daß auch die Fortsetzung des Weges Kottmar—Hirschseide eine reiche Fülle hoher Laudschaftsretze bietet, die bisher viel zu wenig bekannt gewesen sind. Sie sind zum Teil anders geartet, als die bisher geschilderten, lassen aber die Aufmerksamkeit und Anteilnahme nirgends erlahmen. Am Marktplatz zu Hirschfelde, wo den Wanderer ein wohl erhaltenes, in unsere Tage hinübergerettetes Stück der ver sonnenen Romantik versunkener Jahrhunderte grüßt, nehmen wir unsere Wanderung wieder auf. Wir ziehen die Seiten dörfer Straße hinaus. An der Neißebrücke machen wir un- willkürlich einen Augenblick Halt, um uns an dem malerischen Bilde des an der Berglehne emporklstternden Dörfchens Rosen thal zu weiden. Es hat sein dusliges Frühlingsgewand der herrlichsten Baumblul angelegt. Im Vordergründe schauen wir auf die betriebsame Flachsspinnerei. Wir biegen dann in die Türchauer Straße ein, die uns einen fesselnden Einblick in den Tagbau und die gewaltigen Erdbewegungen gewährt, die das staatliche Braunkohlenwerk Hirschselde zur Sicherung und wirt- jchastlicheren Ausgestaltung seines Betriebes ausführen läßt. Eben verlegt man wieder ein Stück Flußbett der so harmlos dreinschauenden Kipper, die bei anhaltenden Niederschlägen oder Wolkenbrüchen im Gebirge sich ost als recht heimtückisch erweist und binnen wenigen Stunden gewaltige Werte vernichtet.