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weder Wüntsch gehaltenen Schule eintraten. An Juhrs Stelle ward der Leipziger Zehme gewonnen, der sein nun mit 300 Talern besoldetes Amt im August 1813 antrat. Am Nach mittag dieses Tages zogen sämtliche Schüler in das Grub- schützer Tal, wo sie mit Milch und Semmeln bewirtet wurden und fröhlich sangen und spielten. Übrigens wurden auch in späteren Jahren den Kindern ähnliche Teste bereitet, obgleich sich brave Bürger dagegen aussprachen, weil einmal ein Gewitter die Freude gestört hatte. Die Schulkommission lehnte daher die Kosten zu Schulfesten ab, sodaß Borne mann aus milde Beiträge von Kinderfreunden angewiesen war. Die ging er mit längerem Bittgesuch an, aus dem hier einiges als Zeugnis seiner kinderlieben Seele stehen möge: „Wer führt die Kinder der Armen hinaus und spielt mit ihnen? Wer lehret sie menschlichschön bei einer Semmel milch in Gottes freier Natur unter kindlichen Lobgesängen sich freuen? Bei unfern Festen wirkt die völlige Vermischung der Schüler sämtlicher Schulen sehr vorteilhaft. Ein Geist der Freude verschwistert alle. Der Arme fühlt sich gehoben, der Wohlhabende lernt Freundlichkeit und Wohlwollen gegen Arme. Das Fest ist immer eine heilsame Aufforderung zu Fleiß, Gehorsam und Sittsamkeit. Wählen wir nun eine geschichtliche Veranlassung zu solchen Spaziergängen oder Schulfesten, so wird der Segen ein großer sein!" Zehme, ein kenntnisreicher Mann, juchte seine Leipziger Kunst auch in Bautzen anzuwenden. Daß alle 3 Schulstuben jetzt in einem Hause aus der Schloßstratze vereinigt wurden, war für die Ordnung des ganzen Schulbetriebes von großem Nutzen. Allerdings bestand die eine Schulstube nur aus einem Vorsaal, die andere hatte ihren Ausgang eben durch diesen, sodaß fortwährend Störungen eintraten; dafür konnten aber beide Zimmer bei Behinderung eines Lehrers auch von einem andern allein unterrichtet werden, der dann in der Zwischentllr stand. Aufzeichnung der Kinder und Eintragung in Listen be sorgte der Wagemeister Domsch. Direktorialgeschäfte gab es ja so gut wie garnicht. Bei der geringen Klassenstärke bedurfte es keiner großen Prüfung für Neueintretende. Die Festsetzung des Schulgeldes btiev dem Kassierer überlassen, der es monatlich durch einen Beauftragten einsammeln ließ. Alle Anzeigen an die vorgesetzte Behörde (Schulkommission) wurden schriftlich gemacht, worauf dann ein Mitglied münd lich Bescheid erteilie. Dieses Verfahren verursachte mancher lei Mißverständnisse und trug zu einer gereizten Stimmung der Lehrer oft nicht wenig bei. An eine ernstliche Unter stützung seitens des Oberherrn in Sachen der Besoldung, des Kampfes gegen Schulversäumnisse usw. mar ja nicht zu denken, obgleich an diesem Verhältnis auch die traurigen Zeitverhältnisse Schuld waren. Um nun eine Zwischenbehörde zwischen Ausschuß und Lehrer zu bilden, ward der Katechet Hergang mit der Aus arbeitung eines Schulplanes beauftragt. Er sollte die Ge schäfte eines Direktors übernehmen. Da er aber selbst gar nicht an der Schule tätig sein konnte, so war die Neuschöpsung von vornherein zweifelhaft: daher legte er auch dieses ihm angetragene Direktorat nieder, ohne es überhaupt über nommen zu haben. Unterdessen hatten sich die Schüler so vermehrt, daß die Lehrer an Einrichtung einer vielten Klasse denken mutzten. Sie wollten jetzt die Schule ganz auf eigene Rechnung über nehmen, wenn die bisherigen Zuschüsse blieben und die Schulgelder ihnen ganz überlassen würden. Außerdem wünsch ten sie nur zu Ostern und Michaelis Neuaufnahmen von Schülern. Das wurde ihnen zugestanden, nicht aber die Ver waltung auf eigne Rechnung. Der Rat stellte vielmehr einen zweiten Hilfslehrer an und nahm zur Bestreitung der Be soldungskosten ein Entgelt von Käufen, Trauungen usw. Lehrer Domaschke wurde 1817 Pfarrer in Gaußig. Der Armenschullehrer Barbarossa kam an die Bürgerschule, an seine Stelle trat der Lehrer Handrick Die Versetzung war für das Gesamtschulwesen heilsam, da es nun den Lharakter der Einheit bekam. Förderlich waren dazu die gemeinsamen Lehrbücher, Einrichtungen und Feste. Auch die Lehrer be freundeten sich und jeglicher Kastengeist fiel weg. Für den Elementarunterricht ward an Stelle des untaug lichen Buchstabierbuches von Wilmsen ein Leitfaden für Kinder beim Gebrauche der Platoschen Lesetafel vom Lehrer Zehme geschrieben, welcher 1820 bereits in 4. Auslage er schien. Auch für den Schreibunterricht schrieb der tüchtige Mann einen Lehrgang. Seine Ideen baute dann der Schreib lehrer Zumpe aus, fand aber keinen Verleger seines Werkes, da jeder die großen Kosten für Anfertigung der litho graphierten Schristformen scheute. 3m Jahre 1818 kam endlich die vielgewünschte Anstellung eines vierten Lehrers zur Ausführung. Am Fleischmarkt wurde das alte Zimmer gemietet und Kandidat Böhland, ein Dichter kleiner Liedchen, mit 250 Talern Gehalt an gestellt. Durch Vermehrung der wöchentlichen Pslichtstunden, die v.or allem den Sonnabend betraf, sollte die Stundenzahl der einzelnen Klassen erhöht werden. Da aber der Gehalt der gleiche bleiben sollte, erklärten sich Zehme und Barba rossa unbedingt gegen diesen Plan des Stadtrates. Borne mann renkte durch eine Eingabe alles wieder ein; der Sonn abend blieb schulfrei. Damit solche ärgerliche Zerwürfnisse nicht mehr vorkämen,, ward Bornemann mit beratender Stimme in die Schul kommission ausgenommen, erhielt auch den Auftrag, Kon ferenzen zu hallen, Lehrvertretungen zu regeln, Ausnahme und Entlassung zu leiten. Dafür bekam er 3 Stunden Schul erlaß wöchentlich, er war also bereits dem Sinne nach Schul direktor. 1820 ging Zehme als Seminarlehrer nach Bunzlau Kan didat Dietrich aus Lauban trat an seine Stelle. Mü dessen Eintritt erhielt Bornemann nun das wirkliche Direktorat. Ls wurde ihm für seine Mehrarbeit eine angemessene Ent schädigung zugesichert. Seine Kollegen mußten ihn wöchent lich 5 Stunden vertreten, während welcher Zeit er eifrig inspizierte, „in den 3 Straßen und selbst in der Vorstadt". Diese Stunden bezahlte er aus eigenerLasche mitbGroschen. Da er sie aber bis 1825 nicht von der Schulkasse ersetzt be kam, übernahm er wieder seine volle Stundenzahl und be schränkte seine Inspektion aus wenige Minuten. Da nun alle Schulen einem gemeinsamen Leiter unterstellt waren, herrschte größte Ordnung im Stundenbetriebe. Alle ersten Sonnabende im Monate sand Lehrerkonferenz statt. Zuerst ward für jede Klasse ein bestimmtes Ziel festgesetzt, das sich freilich der Ungleichheit der Kinder wegen nicht im mer einhalten ließ. Dann entwarf Bornemann eine Schul gesetztafel, welche Grundsätze über die Schulzucht enthielt, in jeder Klasse aufgehangen und des öfteren besprochen wurde. Die Strafen waren dem Vergehen angemessen. Ver säumte Stunden wurden nachgeholt, Störungen durch Ab sonderung, Unreinlichkeit durch augenblickliche Reinigung, Unanständigkeit durch beschämenden Verweis, Lügen, Bos heit usw. durch Ruten- oder Stockschläge geahndet. Da auch verständige Eltern die Lehrer unterstützten, wurde nach und nach die Schulzucht besser. Um der Schulkasse jede Ausgabe zu erleichtern, mußte jedes aufgenommene oder versetzte Kind einen Groschen bezahlen. In 6 Jahren sam melte man auf diese Weise 34 Taler zu Lehrmitteln und