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Knaben beim Leichen- und Kurrendegesang führte, erteilten Unterricht. Beide Lehrer erhielten Kost, Holz und Licht nebst freier Wohnung: da sich aber der Oberlehrer verheiratete, bewilligte man ihm statt der Kost jährlich 52 Taler. Außer dem bekam er an Stiften und Deputaten etwa 150 Taler, der Hilfslehrer aber höchstens 100. Obgleich das Waisen haus nur für elternlose Kinder bestimmt war, nahmen die Lehrer zur Erhöhung ihres Einkommens gegen mäßiges Schulgeld auch andere Kinder beiderlei Geschlechts auf. Nebenbei bestand in der Vorstadt eine Klippschule mit etwa 25 Kindern, für welche jährlich 48 Taler Schulgeld bezahlt wurden. Dann wurde in der Michaelisschule für evan gelische Wenden Unterricht erteilt. Wichtiger aber war die Freischule vor dem Wendischen Tore, welche der Oberkämme rer Prenzel im Jahre 1783 durch Stiftung eines Kapitals von 4000 Talern gegründet hatte. Zwei Lehrer unterrichteten je sechzig Kinder für ein monatliches Schulgeld von einem Groschen. Die zmeiklassige Schule unterrichtete täglich an drei Vormittags- und zwei Nachmittagsstunden, ausgenom men Sonnabends, wo der Nachmittag schulfrei war. Lesen, Schreiben, Rechnen, Christentum, Vaterlandsgeschichte, Naturbeschreibung und Gewerbskunde waren die Zweige des Unterrichts. Da die Lehrer viel Privatschüler aufnahmen, waren die Klassen übervoll, und die große Verschiedenheit der Schüler erschwerte die Ausführung des Lehrplanes. Die katholischen Schulen am Domstift und der wendisch katholischen Kirche waren durch den Bischof zu einer drei- klassigen Schule vereinigt worden, allein die Kinder vor nehmer Eltern besuchten evangelischen Privatunterricht und genossen nur Religionsunterweisung bei ihren Geistlichen. Schulvorstände oder -Ausschüsse bestanden nicht. Nie mand kümmerte sich um regelmäßigen Schulbesuch. Sobald die Kinder die Bibel lesen konnten und notdürftig schreiben, wurden sie von den Eltern, oft schon mit zwölf Jahren, aus der Schule genommen. Es kam vor, daß der Geistliche Kinder aus dem Konfirmandenunterrichte wies, da sie weder lesen noch schreiben konnten. Knaben kamen eher ins Gefängnis, als in die Schule, unreife Mädchen wurden Mütter. Endlich griff der Rat ein und bewilligte 600 Taler jährlich aus dem Paulischen Fonds, damit zwei neue Armenschulen in ver schiedenen Stadtteilen errichtet und mit Arbeitsschulen ver bunden würden. Daraufhin entstand 1810 eine besondere Schuldeputation mit Stadtsyndikus und Stadtrichter, Pa stör Primarius und Katecheten, Rektor und Konrektor, Kaufmann Prentzel und Wagemeister Domsch als Mitgliedern. Vor allem stellte man ein Verzeichnis aller schulpflichtigen Kinder auf. Von 900 erhielten 72 keinen Unterricht. Des halb wurden alle Eltern aufgefordert, ihre Kinder zur Auf nahme zu melden. Die erste Armenschule ward mit der alten Waisenhausschule verbunden und dem Kandidaten Petri unterstellt, für die zweite ward eine Stube im ehemaligen Rietschierschen, dann Fischerschen Hause auf dem Fleisch markte gemietet. Hier unterrichtete Fuhr, welcher bereits in Zittau an der Bürgerschule tätig gewesen war. Am 22. Oktober 1810 wurden unter großer Feierlichkeit beide Schulen eröffnet. Jede Schule hatte einen bestimmten Bezirk und war zunächst von etwa 80Kindern besetzt, Kna ben und Mädchen, Deutschen und Wenden, Evangelischen und Katholiken. Feder Lehrer teilte seine Schüler in zwei Klaffen. Sonnabends fiel des Wochenmarktes wegen aller Unterricht aus. Neben obengenannten Lehrfächern wurden Gedächtnis- und Denkübungen betrieben, auch Linearzeichnen für die Kleinen als Vorübung fürs Schreiben. Bibel und Katechismus, Wilmsens Kinderfreund und Buchstabterbuch, Krugs Sillabierbuch und Fausts Gesundheitskatechismus waren die damaligen Schulbücher. Lesen wurde an der Plato- schen Lehrtafel gelernt. Zur Verbesserung schlechten Gesanges erteilte der Präfekt Friedel gegen ein Honorar von vier Groschen wöchentlich in vier Stunden Unterricht in Kirchen weisen. Der Erfolg der gutgemeinten Neugründung bestand zunächst darin, daß die Hälfte der Schüler ihrer Wegeging und die Bersäumnislisten als völlig unnütz nicht weiter geführt wurden. Die Behörde war machtlos. Die Schüler wilderten draußen herum, fielen Reisende mit Steinwürfen an und wurden vielfach zur Gefängnisstrafe verurteilt. Für die Arbeitsschule hatte man im Waisenhause ein zweites Zimmer eingerichtet, wo man acht Spinnräder in Tätigkeit setzte, da das Wollespinnen bei dem blühenden Strumpfhandel der Stadt als vorteilhafteste Handarbeit erschien. Ein Spinnmeister gab Unterricht. Die Hälfte des Lohnes ward an die Kinder abgegeben. Als aber der Werk meister s^arb, als das Fahr 1813 kam, ging die Anstalt auch unter. Nun hatte man, wie schon oben erwähnt, alle Kinder ohne Ausnahme in die Armenschulen ausgenommen, darunter viele reicherer Eltern, welche sehr wohl höheres Schulgeld hätten zahlen können, während man sich nach den eigentlichen Armen überhaupt nicht mehr umgesehen hatte. Als sich aber in den Oster- und Michaelisprüfungen große Erfolge an den Schü lern zeigten, boten bessere Bürger und Beamte ein freiwilliges Schulgeld an, wenn ihren Kindern die Aufnahme gestattet würde 3a man versuchte sogar, den hochgeschätzten Lehrer Fuhr wieder zur Privattätigkeit in vornehmen Familien zu gewinnen. Allein der Schulausschuß verweigerte die Aufnahme be zahlender Kinder. Doch sollte eine provisorische Schule für Kinder achtenswerter Eltern errichtet werden. Man berief auf Fuhrs Empfehlung den Nachmittagsprediger an der Leipziger Universitätskirche, Herrn Kandidaten Bornemann. Das Oberamt wünschte allerdings eine allgemeine Stadt schule nach Zittauer Muster, in welche alle anderen Neben anstalten einzubeziehen seien. Einstweilen aber ward im Kleinschen Bierhofe aus der Schloßgasse ein Zimmer gemietet und eingerichtet, wo Bornemann für 250Taler jährlich ohne jedes Deputat unterrichten sollte. Der Kandidat aber beschloß, die Sache anders anzugreifen. Er vereinigte sich mit Fuhr. Sämtliche Kinder wurden in zwei Klassen geteilt und täg lich fünf Stunden unterrichtet, und die armen Kinder erhielten den gleichen Stoff wie die Bürgerschlller, nur umsonst. Zn schönster Harmonie, ohne Direktion, teilten sich die beiden Lehrer in Beratung und Ausführung schulischer Angelegen heiten. Was war aber unterdessen mit der anderen Armen schule am Fleischmarkt? Fortsetzung folgt. INWIINIINNIIIIttlllttllNINMIIIIIIIIIIIIIIIINNIIINMIIIIIIIMNIIMNMINNIIIINIINIMIMIIIINIIN Der Morgen Nun wM sich Berg und Tal entschleiern, Die Nähe perlt in jungem Tau, Ein jedes Leben will sein Auferstehen feiern, Ein jeder Halm sehnt sich ins warme Blau! Und immer tiefer fließt der reine Sonnenstrahl Ins Herze aller Wesen, Lieder und Glocken allüberall — Mir ist noch nie so wohl gewesen. Geburt zur Tat ist jeder Morgen, Nun laßt die trüben Schleier sinken, Ein frohes Werk verscheucht unnützes Sorgen, Mit Ruhe wird der Abend winken. Kau Hu»^.