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v?nbo?en Drucf u.Verlcig^Älwin Marx (Inh. Otto Marx) Südlauflitzer' Nachrichten,Reichenau^Sa. Grfchpl'n< oller Lage Fi-ei'/agr»' Unbeneclitigrer Nactiöruoi^ Schristleltung und Geschäftsstelle in'Neichenau.Sa. Fernsprecher Nr. 21S Blaitexfül^ i L?elmatkunöe, Gesclhicl)te, 1. Jahrgang Sonntag, 18. Dpril 1920 M. 15 Siegmund Kindler von Trappenstein Bürgermeister von Zittau 1620 Eine Säkular-Erinnerung von Rudolf Tzschaschel m 25. April 1620, Sonnabend nach Ostern, wurde die „ganze Gemeinde" Zittau auf das Rathaus berufen, um eine Verordnung des Oberamts zu Bautzen ent- aegenzunehmen. Diese Verordnung besagte, daß sich in der Niederlausitz eine große Menge Kosaken gezeigt hätten, und forderte die Bürgerschaft auf, eine Musterung vorzunehmen und sich bereit zu halten, diesen Kosaken, falls sie auch in hiesiger Gegend auftauchen sollten, bewaffnet entgegen zuziehen. Diese Verordnung versetzte hoch und niedrig gewaltig in Schrecken. Um das zu verstehen, müssen wir uns die politische Lage in jenem bedeutungsvollen Jahre vergegenwärtigen: Die böhmischen Stände hatten bereits im Jahre 1619 den protestantischen Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz zum Könige erwählt und damit ihren rechtmäßigen König Ferdi nand II., den sie wegen seiner Feindschaft gegen die Pro testanten für derKrone unfähig erklärt hatten, bitter gekränkt. Am 29. Januar 1620 hatte sich auch der Rat und die Bürger schaft von Zittau zu der sogenannten böhmischen Konföde ration bekannt und damit auch ihrerseits Friedrich V. als König von Böhmen anerkannt, sich also als der böhmischen Konföderation angehörend ebenfalls gegen den Kaiser Ferdi nand II. erklärt. Einer der dem streng katholischen Kaiser treu ergebenen Bundesgenossen war der König Sigismund von Polen. Im Dienste dieses Königs standen die Kosaken, gegen die sich die Zittauer Bürgerschaft wehr- und kampfbereit halten soll te. Man wußte, wie diese Kosaken in Schlesien mit Feuer und Schwert gewütet hatten. Die meisten Einwohner der Dörfer hatten sie getötet, andere vertrieben und die Vertriebenen waren in den Gebirgen und Wäldern vor Hunger und Kälte umgekommen. So war also der Schrecken, der die Zittauer Bürgerschaft bei der Ankündigung der Verordnung ergriff, wohlbegründet. Der Rat der Stadt ordnete sofort nach Bekanntgabe dieser Verordnung auf den folgenden Tag eine Musterung der wehr fähigen Männer der Stadt an, obwohl dieser Tag ein Sonn tag war. Es war höchste Eile geboten und noch während des Nachmittagsgottesdienstes begann die Musterung. Indessen kam dieselbe trotz der drohenden Gefahr nicht ungehindert zur Ausführung. Diele waren darüber ungehalten, daß das gesamte Stadtratskollegium von der Musterung befreit sein sollte. Die Bürger verlangten, daß die Herren des Rates genau so wie die Bürger ihre vaterländische Pflicht erfüllen und sich gleichfalls der Musterung unterwerfen sollten. Schließ lich einigte man sich dahin, daß nur die Herren Bürgermeister und Stadtrichter davon befreit sein sollten, nicht aber die übrigen Ratsmitglieder. Regierender Bürgermeister jenes Jahres war Siegmund Kindler. Für ihn hatte diese Musterung noch ein unlieb sames Nachspiel. Unruhige Köpfe benützten diese Gelegenheit, ihn aus seinem hohen Amte zu verdrängen. Es wurden allerlei Klagen gegen ihn laut. U. a. beschuldigte man ihn, er hätte alle Akten aus der Kanzlei in sein Haus geschafft, viele wich tige Originale unterschlagen und vielfach eigenmächtig gehan delt. Besonders aber war man darüber aufgebracht, daß er Lästerungen gegen den König Friedrich V. gesagt haben sollte, dem doch die Stadt Zittau durch den Beitritt zu der böh mischen Konföderation sich unterworfen hatte. Kindler war geborener Zittauer. Am 6. Februar 1574 geboren, wurde er im Jahre 1604 zum Unterstadtschreiber berufen und stieg allmählich bis zu dem Amte des regierenden Bürgermeisters empor. Bet dem alten Hofe war er infolge mehrerer Gesandtschaften sehr bekannt und wohlangesehen. Hatte ihm doch Kaiser Matthias bereits im Jahre 1612 den Adelsbrief ausgestellt und ihm den Namen Kindler von Trappen st ein verliehen. Eine Abschrift des Adelsbriefes ist in einer alten Chronik, die Pescheck mit Chron. Haupt bezeichnet, zu lesen. Aus diesem Ansehen, das er bei dem alten Hofe genoß, mag sich Kindlers Abneigung gegen den von den böhmischen Ständen erwählten König Friedrich erklären, und hieraus wieder, wenigstens teilweise, der Widerwille der Zittauer Bürgerschaft gegen ihren Bürgermeister. Zwei Tage nach der Musterung (Dienstag, den 28. April) kam es zu einer heftigen Szene im Rathause. Der Rat fand es für nötig und ratsam, daß der Bürgermeister zur Ver meidung größerer Ungelegenheit von seinem Amte freiwillig zurücktreten möchte, bis sich die Gemeinde wieder beruhigt haben würde. Zwar kostete es dem Bürgermeister große Über windung, in diesen wohlgemeinten Rat zu willigen, da er nach seiner Meinung „solches mit seinem Dienst nicht ver dient". Schließlich aber gab er doch notgedrungen nach, ließ aber von dem Oberstadtschreiber Nesen ausdrücklich zu Pro tokoll nehmen, daß und wie er zu seinen Ämtern ordentlich befördert worden sei. Schon vorher hatte er dem Haupt-