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Är.14 Gbsvlaujihsr Heimaizsitung Auferstehungsfeiern Bon S. R. rüden jenseits der Grenze ist das Volk manchem allen Brauche treuer geblieben wie bei uns. Wie nüchtern durchleben nur z. B. die Karwoche! Wer je in einem böhmischen Orte die Osterzell verbracht hat, wird zugestehen müssen, daß die ganze Woche hindurch nur Ostergedanken vorherrschen. Mit dem Palm sonntag beginnt dlr-Letdenswoche. In den Kirchen findet an diesem Tage die Palmenweche statt. Es lst ern anziehendes Bild, wenn man die Kirchengänger heimkehren sieht mit einem „Paimenzweigleln". Daheim wird es hinter ein Bild oder Kreuz geklemmt und blervt das ganze Jahr über d^rt stecken. Und dann der Gründonnerstag! An diesem Tage schweigen die Kirchenglocken. Dafür lausen Knaben mir Holzklappern in üenSlragen aus und ab. Wer je einmal mu einer sol.i en Holzklapper herumgezogen ist, wird das beseligende Gefühl stolzen Glückes kennen, das uns Jungen, die zur Klapper gilde gehörten, allesamt umfangen hielt. Mitleidig sahen wir aus die armen Bürschchen herab, die ohne Klapper uns nach- liesen. Gönnerhast gestatteten wir zuweilen dem oder jenen Kameraden, ein paar „Kluppje" zu tun. Wir hallen jedes Jahr viel Zuschauer, die aus Sachen herüberkamen. Don den heiligen Gräbern in den Kirchen will ich nicht lange sprechen, obwohl ich die Besuche, die ich mit meinem Baier jedes Jahr am Karfreitag den drei oder vier Kuchen der Umgegend avstallUe, zu meinen schönsten Stunden zügle. Wie bekannt jein dürste, sind die letzten drei Tage der Kar woche Fasttage. Fn katholischen Orlen verlausen diese Tage sehr still. Umsv lebhafter aber wird der Schluss der Fasten zeit gestiert. ÄmSonnavend vocOstern finden ui allen Kuchen abends um sechs ober sieben Uhr Auserstehangsstlern statt. 3n dem meiner Heimat am nächsten liegenden böhmischen Dorse wurde die Ausersleyungsfeler sehr festlich begangen. Böllerschüsse verkündeten die Auferstehung des Heilands aus dem Grabe. Ein Lampionzug bewegte sich unter Absingen von allen Ostrrliedern durch die Hauptstrasse des Dorsts. Einzelne One suchen sich gegenseitig an ststUchem Gepränge bet oen Äujerstehungssttern zu uoervlelen. Kerne aber dürste an Pracht und Grossartigkeit die zu Niemes in Böhmen Überliessen. Fch habe sie einmal nutellebt und war damals stumm und starr vor Staunen Uber das gewaltige Fest. Am Gründonnerstag holte mich der Onkel ab. Wir suhren von Schluckenau aus mu der Bahn brs Rohrsdors, dann grng es zu Fuss nach Nlemes. Erne wunderbare Gegend! Noch sehe ich den gewaltigen Rollverg und seine Genossen vor mir. Fe näher wir Niemes kamen, desto lebhafter wurde es aus den Strassen. Fußgänger und Kutschwagen strebten alle einem Ziele zu. Wrr waren bei der Tunte gut unter- gebracht. Die Fustenspeljen mundeten vortrefflich, Eler und Buller gab es in Hülle und Fülle. Am Karfreitag war es in Niemes durchaus nicht still, denn es trasen allerlei Wanderer em und Niedren die Strassen und Gasthöfe. Die Einwohner hatten auch lebhaft zu tun: allerlei Schmuck wurde an den Häusern angebracht und >n denHaupt- strassen prangte auch das kleinste Häuschen rn Bändern, Fahnen und Girlanden. Manche Hauser wirsen besonders reiche Zieraten auf und vor dem Gräflich Hartlgschen Schlosse staute sich die Menge derZuschauer, um die Bilder und Sta tuen, die in wundervoller Weise — und wle man sagte, nut künstlerischem Geschmack — angebracht waren, anzuslaunen. Der Karsonnabend war ein Frühlingstag, wie er schöner nicht sein konnte. Er brachte Sonnenschein, milde Luft und wieder neue Gäste. Kutschwagen in allen Arten, vom ein fachsten „Bauernwagel" bis zur vornehmen Karosse, rollten vom Morgen an in die schlecht gepflasterten Straßen. Die Pfeide waren kaum unterzubringen und wir Jungen kamen aus dem Staunen nicht heraus ob der Menschenmenge, die sich im Städtchen anfammelte. Kein Wunder, daß unsere Ungeduld auss Höchste stieg, zumal am Nachmittag in jedes Fenster von Onkels Hause zahlreiche Kerzen zur Illumination gestellt wurden. Hinter den Scheiben sah man Männer und Frauen weiße Wachslichter undOlpsännchen ausbauen; für uns damals etwas ganz neues. Underdes kamen immer neue Scharen von Schaulustigen ins Städtchen gewandert. Als wir gegen 5 Uhr zur Kirche gehen wollten, halten wir Not, durch die Menge zu kommen. Ins Gotteshaus zu gelangen, war unmöglich. Während drm der Gottesdienst avgehallen wurde, ordnete sich draußen em gewaltiger Festzug. An den Fenstern flammten die Lichter auf, und diese Beleuchtung ließ den reichen Schmuck in eigenartiger Weise erscheinen. Langsam bewegte sich der Zug durch die Straßen hinaus nach dem Friedhöfe. Dieser lst eigens zu dieser Feier am unteren Ende der Stadt an gelegt rvorlnn. Daselbst befindet sich das heilige Grao Christi, das genau nach dem Grave in Ielu,alem nachgeorldet worben ist. Es lehnt sich an einen Hügel an. Als wir nut dem Festzuge hinaus aus dem Städtchen gelangten, flamm ten von den umliegenden Höhen mächtige Feuer aus und ihre gewaltigen Lichtscheins trugen nicht wenig zu der feierlichen Stimmung bei, die uns beseelte. Auf dem Friedhose stand, von zahllosen Lichtern erhellt, die ungeheure Menge. Don meinem Plage aus konnte ich die Zeremonie, die sofort begann,gut sehen. Bald nahle der feierlichste Augenblim. Der Pr.ester sang: „Christ ist er standen!" Und siehe! Das Grab öffnet sich! Christus steigt empor! Sein Haupt ist mit einem Heiligenschein umgeben, den eine elektrische Sonne heroordringt und saft überirdisch wirkt. Entsetzt prallen die römischen Wächter zurück, als Christus unter sie tritt. In diesem Augenblicke entzünden sich an vielen Punkten der Stadt große Feuerwerke. Naketen und Leuchlsonnen steigen aus und tauchen Mit ihrem bunten Lichte das ganze Bild in einen eigenartigen Farvenglanz. Verschiedene Llchlefsekle wechseln sorlwayrend miteinander ab. Dazwischen Hinern Chorgesung und Musik, das Stimmengewirr der Menge — ein ElndruL von unaus löschlicher Tlese. Etwa 20000 Menschen sollen damals an wesend gewesen sein. Man mag über die Art und Weise, wie die Niemeser ihre Auserstehungsseier begehen, denken wie man will. Nach Jedermanns Geschmack wird sie nicht sein. Aber Lausenden von Menschen erscheint sie wie eine lebendig gewordene biblische Erzählung, läßt sie bis ins Innerste ylneln erbeben und die ganze Handlung lebhaft Mitsühlen. Der eine sieht in ihr nur eitel Schaugepränge, dem anderen ist sie ein Stück Leven gewordene Wahrheit. Aus mich hat die ganze Feier einen nachhaltigen Eindruck gemacht. Als ich aoer alter geworden war, da hat es mich mehr und mehr zur schlichten, aber würdigen Auserstehungsseier im Dors- kirchlein yingezogen. Wahr habe ich später gewaltige Dolks- seste vaterländischer, geschichtlicher und künstlerischer Art miterlebt. Ich müsste aber lügen, wenn ich behaupten wollte, baß alle diese Gepränge auch nur einen ähnlichen, tiefen dauernden Eindruck aus mich gemacht hätten, al» wie einst die Auserstehung»seter zu Niemes.