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aber kennen gelernt, wieviel Eigenart sich in den alther gebrachten Fe"en unseres Volkes zeigt, und wir haben ge zeigt, daß es sich lohnt, sich mit ihnen bekannt zu machen. Und auch in diesem Sinne wollen wir das Fest der Auf erstehung, Ostern, begehen! imimttmmmnmlirmnnittmrimlmmirrrimmmimmnimmmunnmmmmttmummutt Dorfkindheits-Ostern Bon Otto Flösse!, Bautzen*) SWWK^ern erwarteten wir Kinder mit den gleichen froben Gefühlen, mit denen wir uns auf Weihnachten freuten. Wie am beiliaen Abend das Ebristkind. so bereitete uns am Auferstehungsmoraen der Oster- Hase liebevolle Stunden, die mit dem Sonnenschein und der Forbenvracht. welche über ihnen ausgegossen waren, uns unveraeßlich geblieben sind. Alljährlich am Ostersonntag kamen unsere Verwandten aus der Stadt zu uns aufs Land. Immer wollten sie uns überraschen. Darum kamen sie nie zur selben Zeit, sondern erschienen das eine Mal in aller Herrgottsfrühe, während sie das andere Mal bis Mittag aus sich warten ließen. Trotzdem ist ihnen das Überraschen niemals gelungen: Wir Jungen waren iederzeit auf dem Posten. Schickte mich die Mutter zum Kaffeetrinken an den Tisch — denn ohne ihr ausdrückliches Gebot hätten wir vor freudiger Erregung den Morgentrunk ohne Zweifel unterlassen, so stand mein Bruder am Tore, und wenn er bereingernsen wurde, dem Vater beim Anbinden der Stachelbeersträucher zur Hand zu gehen, daun trat ich an seine Stelle. Bor unserem Garten führte lsie Dorfstraße vorbei. Jen seits derselben lag eine große Wiese, über die ein schmaler Pfad ging. Den mußten sie kommen. Mieviele Male sind ! unsere Blicke am Ostertaq sehnend den Wieienweg entlang ; gegangen! Die Anemonen an den Wegrändern wiegten ihre sannenbeschienenen Köpfchen im leisen Morgenwinde, und mir kam es vor, als nickten sie uns zu: „Haltet nur aus!" Denn wenn unsere Geduld mitunter auch aus eine harte Probe gestellt wurde, endlich kamen sie doch. Kaum hatten wir sic am jenseitigen Rande der Wiese entdeckt, stürmten wir ins Hans: „Der Onkel kommt! Die Tante kommt!" Aber schon waren wir wieder draußen, und nun raunten wir um die Wette ihnen entgegen. Wer zuerst dort ist" machten wir. Zuerst dort war immer mein Bruder, denn der war fünf Iabre älter und hatte längere Beine. Bor Heller Freude wußten wir uns nicht zu lassen. Bald svrangen wir vor. bald neben dem Onkel her, bald hängten wir uns der Tante an die Arme und häuften und jubelten. Mit einem Eifer, der jedem auffallen mußte, baten wir einmal über das andere, uns das Paketchen tragen zu lassen, das sie Ostern ständig mitzubringen pflegten. Wenn sie dann mit eben solchem Eifer all unsere Bitten ausschlugen, dann wußten wir, was es geschlagen hatte, denn dann war über den an fangs nur vermuteten Inhalt des Päckchens kein Zweifel mebr möglich. Die Mutter war in ihrer weißen Schürze inzwischen vors Tor getreten und empfing die Verwandten mit jenem herz lichen Lächeln, an dem wir Kinder immer erkennen konnten, daß innerste Freude den vergrämten Sinn, den die Sorgen des Lebens über ihr Wesen gelegt hatten, licht und warm durchsonnte. Der erste Gang war zum Vater. Er hatte die *) Aus dem demnnchb der de-, Dresdner BcrlagsanUnU von M. O. Groh erscheinenden Buche „Waldrain" von Otto Flösset. eigene Gewohnheit, wenn Besuch kam, sich nie von selbst einzufinden, sondern sich bei seiner Arbeit antreffen zu taffen. Wenn er dann aufstand und die erdigen Hände oberflächlich an der Arbeitsbase abstreiste. emnffng er die Verwandten mit einem freudigen „Grüß Gott!" In der Wobnstube wurde bald über dies und jenes qe- snracben. das sich seit der letzten Zusammenkunft in beiden Familien zugetragen batte, wobei es immer auch etwas zu lachen gab. Während des Gesvräcks suchte der Onkel un bemerkt aus dem Zimmer zu verschwinden. stns Jungen entging das nie. schon darum nickt, weil er das jedesmal tat und wir schon darauf warteten. Freilich merken ließen wir's uns niemals, höchstens st'eßen mir uns, wenn wir uns sicher fühlten, hinter Vaters breitem Rücken an und bedeuteten mit nielsaaeuben Blicken die Stelle auf dem Tische, wo eben nock das Päckchen gelegen hatte und nun nicht mehr lag. Nack einiger Zeit trat der Onkel wieder zur Tür herein. Nebensächlich, als wüßten wir davon, sagte er: „Der Oster hase war ja auch bei Euch!" „So," antwortete, scheinbar überrascht, die Mutter, die, wo es aalt uns eine Freude zukommen zu lasten, ihre Rolle immer tapfer gespielt bat. „Ja. mir war wenigstens, als hätte ich Eier draußen im Garten gesehen!" „Da wallen wir aber schnell nackseben!" Nun aings in den Garten. Jetzt war es an »ns Kindern unsere Rollen zu spielen. Wir mußten sticken. Der gute Osterhase! Da lagen im Garten versteckt Ostereier, richtige und schokoladene und marzivanene und zuckerne. Hier war ein weißes im Rasen leicht zu finden. Ein rotes lag vorn unter den Sträuckern ani Gartenzaun. Unter den Tulpen im Blumenbeete, in den Spatenstichen der Gemüsebeete, hinter den dicken Stämmen der Obstbäume, unter den Kohlrabipslanzen der Frühbeete: überall waren Ostereier verborgen, ost so sorgfältig, daß es uns Kleinen in dem weiten Garten beim emsigsten Socken kaum glücken wollte, affe zu entdecken. Aber Tante half uns. Weilten wir in der Nähe eines Versteckten daun sagte sie: „Heiß" Waren ivir dickt dabei, ohne es zu sehen, dann half sie mit: „Es brennt!" So fanden wir guck immer alle. Unsere Wangen glühten und unsere Augen strahlten, wenn wir die Beute zählten, die immer reich war. Der Tag, in Freude angebrochen, blieb voll Freude bis zu seinem Ende. Am Abend standen wir wieder am Tore und schauten über den Wiesenpfad den beiden lieben Menschen nach, die in die Dämmerung hinein wanderten. Dis Ane monen an den Wegrändern ließen traurig ihre geschloffenen Köpfchen hängen. Nur wenn der Abendhauch hin und wieder über die Wiese ging, nickte hier eins, da eins. Gar manches ließ dabei eine Träne auf den Weg fallen. Ostern, da mein Bruder die Schule verließ und in die Lehre trat, war es das letzte Mal, daß ivir im Garten Oster eier suchten. Statt des Haken kam nun zwei Jahre hinter einander der Storck, und statt der weißen Eier im Grase fanden wir zwei rotbäckige Schwestern im Bett. Wir haben uns über diese nicht weniger gestreut wie über jene, wenn sie uns auch mehr zu schaffen machten. Da am dritten Ostern der Storck ausblieb, glaubte ick wieder Anrecht auf die Oster eier im Garten zu haben. Als ick aber vergeblich suchte, wurde ick reckt ärgerlich auf den Storck, nickt weil er uns diesmal kein Schwesterchen gebracht hatte — das konnte ich ibm verzeihen —, sondern weil er den Hasen vertrieben hatte. Mein Bruder redete vernünftig auf mich ein. Wir seien nun einmal in den Jahren, da man nickt mehr an den Osterhasen glaubt, wer aber nicht an ihn glaube, zu dem komme er auch nicht mehr. „Aber", fuhr er fort, als wolle er einen Vorschlag