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Grfchi>i'n< allen 14 A^nei/ags' Blasen für^ ^eimaikunöe Schristleitung und Geschäftsstelle in'Neichenau, Sa. Fernsprecher Nr. 21S Geschichte, ^Ku nssLitewtm^ Druch u.Veriag:Älwrn Mar^ (Infi. Otto Mayr) Südlauftlzer Nachrschien, Reichenaus Sa. Unbenechnyter Na<4)!)ni.!ok^ venooeen 1. Jahrgang Sonntag, 4. Ä^pril 1920 M. 14 3n einer Zeit, in der das Unheil seinen Zug durch die deutschen Lande hält, will uns das Studium unserer Volks feste fast wie das Lesen in einem Märchenbuche erscheinen. Aus dem Studium klingt uns aber die unverwüstliche Lebensfreude — nicht Genußsucht —, die urgesunde Lebens kraft unseres Volkes entgegen, die Lebenskraft, die einst harte, toternste Zeiten, die das entsetzliche Elend des dreißig jährigen Krieges nicht ertöten konnte. Als ich mit der Ausarbeitung dieses Aufsatzes beschäftigt war, saß ich in einer Gaisblattlaube vor einem strohbedeckten Katen in einem Ostseefischerdorfe. Ein knorriger Apfelbaum breitet sich schützend über mich, grellgelbe, feuerrote und vio lette Blumen grüßen und nicken herein, und von fern rauscht das Meer und singt dasselbe Lied, das es einst den Wickingern gesungen hat. Dann und wann fällt ein Apfel auf das Laubendach und kollert unter die bunten Blumen. Ein kleiner, hellblonder Junge spielt nebenan mit aller hand Feuersteinen, die ich gesammelt habe, Pfeilspitzen, Wurfsteine, Hammern und Kugeln aus vorgeschichtlicher Zeit und fragt, ob er auch einst solche Waffen tragen werde. „Nein, mein Junge, wir haben ganz andere Waffen. Und viel gefährlichere als diese Steine. Du wirst aber wohl dereinst mit geistigen Waffen Kämpfen." Die Sonne scheint hell und warm, und die Feuersteine glänzen wie eitel Gold. Uralte Zeiten leuchten im Kinder spiele auf und werden in ihm lebendig. Ich denke anOstara, dieGöttin des erwachenden Lichtes. Diele Feste wurden der Hehren in unserer Osterzeit gegeben. Der Winter, die Finsternis, war gestorben, der Frühling, das Licht erschien. Einige der altheidnischen Gebräuche Huben sich, freilich in veränderter Form, bis vor kurzem oder bis heute erhalten. In manchen Gegenden Sachsens war das Totausbringen am Sonntag Lätare ein gern ge übter Gebrauch. Eine wüste Strohpuppe, die den Tod, den Winter darstellte, wurde von Fackelträgern begleitet durch das Dorf getragen und unter großem Jubel in den Dorfteich ßeworfen und ertränkt. Mit ihr sollten Krankheiten und alles Unheil getötet werden. O könnten wir heute die wüste, dicke Puppe des Kriegswuchers ersäufen! Das Fest wird nicht mehr gefeiert, und die meisten Dorfteiche sind als un hygienisch verschüttet. Daß der Grund zu letzterem Gebühren im hineinfallen von Gemeinderatsmitgliedern zu nächtiger Stunde zu suchen ist, gehört wohl in das Reich der Fabeln. Eine schöne, uralte Sitte, die wohl verdient, daß sie wieder auflebt, war das Anzünden von Osterfeuern. Heinrich Sohnrey schreibt in seinem Buch „Osterfeuer", daß oft poli zeiliche Verordnungen unserem Volke das Osterfeuer ge nommen hätten. So heißt es in einer Verfügung wörtlich: „Da die Osterfeuer mit unserer christlichen Weltanschauung nicht das allermindeste zu tun haben, sondern ein Überrest aus altheidnischer Zeit sind, verdient dieser Brauch auch keine Rücksicht, und verbiete ich hiermit ausdrücklich die Entzündung von Osterfeuern von Polizei wegen, werde auch Übertretungen dieses Verbotes mit den gesetzlichen Strafen ahnden." An heidnische Vergangenheit mahnt fernerhin das Um gehen oder Umreiten der Felder mit loderndem Feuer, um die Dämonen zu vertreiben. Auch hier zeigt sich noch in klarer Weise der Glaube an die reinigende Gewalt des Lichtes. Die Geistlichkeit eiferte schon im frühen Mittelalter gegen die Sitte des Feldumgehens. Als sie nichts erreichte, handelte sie nach dem Grundsatz: Der Klügere gibt nach und nahm die Feuerumgänge in die kirchlichen Handlungen auf. Ein alter, verpönter Brauch hatte nun einen neuen Mantel. Später wetterte die Reformation wieder gegen die katholische Art. Aber auch sie konnte die Sitte, an der die Landbewohner zäh hielten, nicht zum Sterben bringen. In Sachsen haben mir noch das wendische Osterreiten nach den Klöstern Marienstern und Mariental. Ünter Vorangang der Chorknaben mit den Kirchenfahneu und der Geistlichkeit kommen hoch zu Roß die Bauern und Knechte, Choräle singend. Das Sattelzeug der stattlichen Pferde ist mit bunten Bändern und Blumen und kleinen weißen Muscheln — wie beim Altenburger Bauernreiten — geschmückt. Im allgemeinen werden die Osterumzüge heute nicht mehr von Erwachsenen, sondern von Kindern vollführt. Es hat sich eine Wandlung vollzogen, die wir noch oft beobachten werden. Heidnische Sitten und Gebräuche klingen uns, oft unkennt lich, aus dem Spiele der Kinder entgegen. Falsch wäre es, wenn wir nun in jedem kindlichen Spiel die versteckte Hand des Heidentums erkennen wollten.' Lhorschlller ziehen am Karfreitag oder am Ostermorgen singend durch die Straßen