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Oberlausitzer Heimatzeitung
- Bandzählung
- 1.1919/20,1(5.Okt.)
- Erscheinungsdatum
- 1920
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1734284080-192000002
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1734284080-19200000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1734284080-19200000
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Lusatica
- Saxonica
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Oberlausitzer Heimatzeitung
-
Band
Band 1.1919/20,1(5.Okt.)
-
- Ausgabe Nr. 1, 05.10.1919 1
- Ausgabe Nr. 2, 19.10.1919 11
- Ausgabe Nr. 3, 02.11.1919 21
- Ausgabe Nr. 4, 16.11.1919 31
- Ausgabe Nr. 5, 30.11.1919 43
- Ausgabe Nr. 6, 14.12.1919 53
- Ausgabe Nr. 7, 25.12.1919 65
- Ausgabe Nr. 8, 11.01.1920 81
- Ausgabe Nr. 9, 25.01.1920 91
- Ausgabe Nr. 10, 08.02.1920 103
- Ausgabe Nr. 11, 22.02.1920 119
- Ausgabe Nr. 12, 07.03.1920 131
- Ausgabe Nr. 13, 21.03.1920 143
- Ausgabe Nr. 14, 04.04.1920 155
- Ausgabe Nr. 15, 18.04.1920 167
- Ausgabe Nr. 16, 02.05.1920 177
- Ausgabe Nr. 17, 16.05.1920 189
- Ausgabe Nr. 18, 30.05.1920 201
- Ausgabe Nr. 19, 13.06.1920 213
- Ausgabe Nr. 20, 27.06.1920 225
- Ausgabe Nr. 21, 11.07.1920 237
- Ausgabe Nr. 22, 25.07.1920 249
- Ausgabe Nr. 23, 08.08.1920 261
- Ausgabe Nr. 24, 22.08.1920 271
- Ausgabe Nr. 25, 05.09.1920 283
- Ausgabe Nr. 26, 19.09.1920 295
- Ausgabe Nr. 27, 03.10.1920 311
- Ausgabe Nr. 28, 17.10.1920 327
- Ausgabe Nr. 29, 31.10.1920 339
- Ausgabe Nr. 30, 14.11.1920 355
- Ausgabe Nr. 31, 28.11.1920 367
- Ausgabe Nr. 32, 12.12.1920 383
- Ausgabe Nr. 33, Weihnachten 1920 399
-
Band
Band 1.1919/20,1(5.Okt.)
-
- Titel
- Oberlausitzer Heimatzeitung
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durch den Unverstand der Eltern alles zu verpassen, bls die ersten Rufe an unser, mit verdreifachten Fähigkeiten lauschendes Ohr drangen. Jetzt gab es aber kein Halten mehr! Nur mit Mühe konnte uns die Mutter waschen und Kämmen, am liebsten wären wir gleich losgerannt wie wir waren. Endlich, cs pfiff schon das erste Mal in der Fabrik — zehn Minuten vor sechs Uhr —, war es soweit. Die Tür öffnete sich uns zum Hinaushuschen, zu gleicher Zeit aber auch zum Herein huschen einer ganzen Anzahl putziger, kleiner und größerer Gestalten, denen lange Säcke, mit einem Bändchen um den Hals befestigt, je nach der Größe des Trägers oder der Trägerin, bis zu den Änien oder bis zu den Füßen hingen. Und begleitet von dem mächtig bei uns im Hausflur erschallenden: „Gun Morgn, gun Morgn zonn Griindornschich!" ging die Reise los. Freilich, nach den ersten Schritten stockten wir schon wieder: wohin nun zuerst, ins Ober- oder ins Nieder dors? Da kommt ein Trllppchen Bekannter: „Gicht oack mitt, mcr giehn ötze a Stöckl as Aber-, danno aff der klenn Seit nonncr ond as Niederdorf!" Gesagt, getan! Nun hieß es nur, nach Mutters strengem Befehl, die Häuser meiden, aus denen man einen Grün donnerstag erhalten hatie. Das gelang aber infolge dringender, manch mal sogar gewalttätiger Einladung guter Bekannter nicht immer, und so rutschte manche Apfelsine, manche Schokoladentafel in meinen Sack, die mir schwere Gewissensbisse bereiteten. Hei, wie die Backen glühten und die Augen blitzten! Wie eifrig die ganz Kleinen, an der Hand eines der älteren Geschwister geführt, sich mühten, mit den Großen Schritt zu halten, und sich um die Verdrießlichkeit derjenigen, die sie hatten mitnehmen müssen, nicht kümmerten. Und wie kühn und unter nehmungslustig die Buben auf die Haustürklinken drückten, und wie unverdrossen sie gleich zu der nächsten rannten, wenn die eine nicht uachgab! Und wie beim Rennen die in allen Farben, Kästeln, Blüm lein und Streifen prangenden Säcke schwenkten. Überhaupt, „gerannt" wurde immer. Denn man hatte viel zu tun, wenn man nicht mit einem leeren Sack nach Hause kommen und von den andern ausgclacht werden wollte. Also hinein mit einem Rudel von zehn bis fünfzehn Stück in den Kühlen, morgendämmernden Hausflur. Prüfende Blicke auf die zwei Türen rechts und links, die aussehen, als könnte» sie sich gar nicht bewegen; wird eine, und welche wird aufgehen? Aber schon hat der Dicke da mit der Pudelmütze und dem schon strotzenden, riesig langen, rot-weiß gekästelten Sack seine Helle Stimme erhoben: „Gu Morgn, gu Morgn zonn Griindornsch!" Kräftig wiederholt der Chorus in wunderlichem Etimmengemisch: „Gun Morgn, gun Moign zonn Griindornschich!" und zuletzt trippelt das feine Stimmchen des win zigen aber desto dreisteren Mädelchens, dem hellblonde Wuschelhaare mild unter einem mächtigen rotenKopftüchclheraushängen, nach: „donn Dündonnch!" Die Türe rechts öffnet sich, eine junge Frau mit ver gnügtem Mund und lustigen Augen erscheint, im Arm eine große braune Schüssel, bis zum Rand mit Mehlwetseln gesüllt. Erwartungs voll halten wir die Säcke auf. Aber sie schüttelt lachend den Kopf: „Örscht namo brölln!" Ls geschieht, daß das Treppengeländer zittert und die beiden Brothäusel wackeln. Nun kommt die Spende: zwei, drei Mehlweisel in jeden Sack. Da hält sie plötzlich inne: „Scdd eyr ne uuorueriwvorier r' LMiruneres nopiieyuue»». „Auer vrieoer- dcrfsche?" „Örscht raicht ne." „Na, na. Ferr Fremdderssche gibbts nischt, aber ich will Euch amo gleebn." — Auch die Angezweiselten erhalten etwas. „Nu sadd, doaß'r wcddcr kommt onds Säckel vul bredd." Weiter gehts. Hier gibts bunte Tonkugeln — eine sehr geschätzte Ware —, dort, welch Entzücken für die Fungen, „Tilschgräschet". Hier Malzzucker, dort Schieferstifte. Hier ha! man, zu meinem Arger, Bilderbogen mit richtigen schönen Geschichten verdorben und es gibt einzelne, aus ihm herausgeschnittene Bildervierecke, dort, beim Buch binder, etwas extra feines: bunte, durchsichtige Harnbilder. Jetzt gerate ich zu guten Bekannten: „Nee, sattch oack 's Hoannl; nee Du mußt amo ad Stilb neigiehn, doaß D'ch derr Voater o mitn Säckl sitt." Der Vater sitzt beim Frühkaffee, als ich hereinkomme. 2m Augenblick ist aber auch Frau M. wieder da: „Du mußt doa woas ganz Schienes kriegn, Hoannl, aber örscht mußt namo brölln." Verlegen steh ich da; ich habe freilich immer mit den andern mitgcschrien, aber ganz allein in einer so großen Stube, in der es gewiß furchtbar hallt? „Freich, brölln mußt?' ermunterte mich der Voater M. vvm Sofa her. Feuer rote Glut ergießt sich mir über die Wangen, Stirn und Hals. Ob ichs wage? Aber es geht nicht. Ängstlich schau ich zu Frau M. und dann mit Fluchtgedanken nach der Tür. „Oaber Hoannl, brölln mußt o könn! Oaber na, do komm, sonst verzieh» mcrr derr zo vill Zeit", und eine große Schokoladentafel gleitet in meinen Sack. Das „Danken sagen geht leichter und hinterher ärgere ich mich, daß ich nicht mal brüllen kann. Das zweite Mal in gleicher Lage versuch ichs und das drille Mal gehts schon besser, wenngleich ich die Kunstfertigkeit im „Svloschrei'n", die ich bei manchen bestaune, nie erreiche. Beim Bäcker gibts für Bekanntere „Dreier- und Sechserdinger" in Form von gebackenen Trompeten, Schnecken, aus mächtigen Rosinen augen blickenden Käsern, Hasen, Hühnern, usw., für andere Fasten^ bretzeln. Der Konditor, der grenzenlosen Zuspruch findet, enttäuscht alle Fremden ebenso grenzenlos mlt Mehlweiseln. Die Apotheke ver sorgt uns mit Anpreisbildchen von Lebertran und Schrtftchen über Gichtwatte, ein bekanntes Schneidereigeschäft mit allerlei Schachteln. Wie schön und begehrenswert mir diese ehemaligen Behälter von Handschuhen, Schutzborde und Nähseide vorkamen, kann ich garnicht beschreiben. Vor allem die, die rot und blau und gelb und grün, mit goldenen, silbernen oder abstechend bunten Randlinien versehen und so lang waren, daß sie, unter dem Arm getragen, ein großes Stück heroorragten. Ganz ausgezeichnet kamen mir die Kinder vor, die mil solchen Kleinodien an mir vorüoerschlüpflen. und selber sühlte ich mich selbstverständlich im glücklichen Besitz erst recht so! Johannisbrot verteiltem großes Kaufmannsqeschäft, ebenso Rügen für die zu Großen unter uns, die noch gehen. Endlich ist man an den Billen angeiaugt, in denen es nagelneue, genau wie Goldstücke blitzende Kupferpfcnnige gibt. Man denke: nagelneue Goldstück-Kupferpfennige! Und „am Golde hängt, zum Golde drängt doch alles!" Nichts nützt cs, daß man gar zu treuen Kunden einen Kreldcstrich auf den Rücken macht: draußen hinter dem Tore stehen sic, pochen einander ab und versuchen ihr Heil von neuem. Aber einmal naht das Verhängnis: „Du warst schon da, Du kriegst nichts mehr!" Erstaunte Augen: „Üche? Nee, üche ne. Amend woarsch mei Bruder!" „So, seht Ähr Euch so äknlich?" „Na, ons haln se ömmer ferr Zwilling." „Und gerade solche Mütze hat er auch?" „Ganz und ganz akrat ann süchte!" „Du bist ein Lügenpeter. Nichts gibts!" Also wendet sich der Gast, um nach fünf Minuten mit einigen Freunden doch wieder da zu sein und un erkannt abermals einen Pfennig in Empfang zu nehmen. Sie haben nämlich untereinander die Mützen vertauscht. Hin und wieder trifft man Bekannte: „Wievtll hostn Du? Zeig amo." Man faßt den Sack dort zusammen, wo die Füllung zu Ende ist. „Oach, üche hoa miher!" „Garnicht, Dein Sack ist bloß nicht so breit!" Weit ist man gewandert, aber immer noch kommt in dem, in jenem Haus nach prüfenden Blicken die Frage: „Böst Du ne die ond die?" Und wenn man, wohl wissend, worauf die Sache hinausläuft, strahlend die Richtigkeit bestätigen kann, heißt es: „Do woart oack amo a bössl", oder man wird mit einem Augenblick in die Stube geschickt. In jedem Fall erhält man eine besondere Gabe, etwa eine Apfelsine, einen Pfefferkuchen, eine Schokoladentafel, die für bekannte Kinder schon bereitgehalten wird, und kommt sich unendlich wichtig und stolz dabei vor. Jetzt klinkt man mitunter schon vergeblich an einer Tür — es ist bald acht Uhr und die B. rräte sind bedenklich zusammengeschmolzen. Warmherzige Kinderfreunde, die nichts mehr davon haben, uns aber doch nicht ohne Gabe fortschicken wollen, trösten uns mit einer Flechte Semmel oder einer Handvoll Backobst. Da haben wir den Einfall, noch „hinter dem Dorfe rum" eine Runde zu machen. Und siehe da — mit ungeahntem Erfolg! In die abseits stehenden Häuser und Bauern gehöfte haben sich nur wenige verirrt und darum scheint das Aus teilen den Bewohnern ein besonderer Spaß zu sein. Bon ganz Un bekannten erhalten wir Butterscmmeln, Apfelsinen, Schokolade, Pieffer- kuchen, ja, neben mehreren gekochten trag ich auch ein frisches Ei nach Hause. Aber vorsichtig in der Hand, denn man hat mir die Geschichte von dem slramn-en hiesigen Buben, der ein solches unbekümmert in seinen Sach steckte, es im Eifer vergaß und dann zu allgemeiner, nur nicht seiner Heiterkeit einen wunderlichen Brei herausbrachte, zur War nung oft erzählt. Müde, sehr müde, mit ganz anderen Kamerädlcin als wie ich auszog, aber mit vollen: Sack und seelcnvergnügt Mts heim. Konfirmanden, die zum ersten heiligen Abendmahl schreiten, kreuzen unfern Weg. Sehr erhaben, aber doch mit einem kleinen Lächeln der Gründonnerstag-gänge gedenkend, die so verschieden von ihrem heu tigen sind, blicken sic auf uns. Mutter empfängt mick und meinen Bärenhunger mit köstlich-weichgekochten Eiern und dickgcschmierten dünnen Brotschnitten. „Na, wars hübsch?" „Ach, Muttchen, wunder-, wunder-, wunderschön! Wie werd ichs nur aushalten, wenn ich einmal groß bin nnd nicht mehr zum Gründonnerstag gehen darf?" IllttlllllllNIUIIIIIMIttlllttNIIIIIttlllllllUIIttllNIIIIIIIINIIININNNNININIIINNNUNINUINNIIINM ir glauben keine Fehlbitte zu tun.wsnn wir imÄnter- ssje der Vertiefung der Liebs zur Heimat in ollen Kreisen unsere Abonnenten bitten, die „Gberlausitzsr Heimat zeitung" in allen Freundes- und Bekanntenkreisen zu empfehlen Die Geschäftsstelle der „Gberlausiher Heimatzeitung" ::
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