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GbsrlauflhsrHeimatzeltung Är. IS Tätigkeit Stillschweigen bewahrte und allen neugierigen Fragen des Bauern auswich. Allmählich gewöhnte man sich jedoch an die Anwesenheit des stillen und bescheidenen Gastes, und die kriegerischen Ereignisse verkommenden Zeit lenkten den Sinn der Dörfler auf andere Dinge. So beachtete es auch niemand, daß der Fremde oder Wale, wie ihn die Leute kurzerhand nannten, schon frühzeitig durchs Dorf ging und dann den kürzesten Weg nach dem dichten Walde des Bal tenberges einschlug. Immer tiefer drang er in die Wildnis ein, bis ringsum mächtige Felsblöcke zerstreut lagen und kein Weg mehr durch das Dickicht führte. Auf einem moosigen Steine ließ er sich nieder und zog aus seinem Bündel ein altes vergilbtes Büchlein hervor, ein Vermächtnis seiner Vorfahren. Er schlug es auf, blätterte darin und las die Stelle mehrmals durch: von da gehe weiter, so wird eine Grenz-Tanne stehen auf dem Putzkauer, da gehe gerade hinauf, so wirst du 12 Steine mir ch finden, der zwölfte steht auf dem Valtenberge; bei dem gehe sechs Schritt nach dem Mittag zu, da liegt alt Geräusche und Steine, die räume weg, so wirst du Goldkörner finden. Ferner lenke dich 50 Schritte hinauf, da ist ein Marder in einen Stein gehauen. Wenn du den hast, so gehe fünf Schritt zurücke und räume bei einem Steine weg, so wirst du groß Gut finden. Item gehe von da weiter nach dem Hohwalde 70 Schritt, so wird ein Entenfuß in einem Steine stehen, da gehe neun Schrill nach dem Mittag zu, da steht eine große Fichte, unter der räume weg, da liegt gediegen Erz Von da gehe noch 100 Schritt gegen Abend, so wirst du einen Stein finden, daran ein Bischofsstab gehauen ist. Er ist viereckig. Den hebe auf, so wirst du dein ganzes Leben voll Genüge haben." Der Fremde konnte sich eines Lächelns nicht er wehren, als er die Anweisung las, wie man das Gold und die Schätze hebe: „Gehe hinzu, falle nieder auf die Knie und bete fünf Vaterunser, drei Aae Maria und einen Glauben. Dies bete zu Gott in seine Dreifaltigkeit und unser lieben Frruen Elend. Und nimm ein kleines altes Röckchen und hänge es über die Grube, das Bergmännchen holt es schon. Darnach mache drei Kreuze vor dich und sprich: ,Ich beschwöre dich bei der Kraft Gottes und bei der Mensch werdung Jesu Christi, daß du anfgehest, als Christus ist ausgegangsn an dem heiligen ch und hat erlöst das mensch liche Geschlecht. Also müssen aufgehen alle Bande, Kies, Stahl, Eisen, Gold, Silber und alle verdammte Dinge, als Christus ist ausgefahren und uns von der Hand Adams erlöst. Das gebiete ich dir bei Gott dem Vater und Gott dem Sohne und Gott dem heiligen Geiste! Amen.' So wirst du wahr haftig sehen, daß sich die Grube und das Versetzte wird auf- thun und ledig werden." Der Fremde barg das Büchlein in der Tasche, entnahm seinem Bündel einen Hammer, einen Meißel und ein kurzes Grabscheit, legte das Übrige unter einen vorspringenden Felsen und stieg mit den Geräten höher in den Bergwald hinauf. An einer Stelle, wo undurchdringliches Gestrüpp zwischen den Felsblöcken wucherte und die bleichen Knochen die Stellen verrieten, wo Wildkatze und Luchs ihre Mahl zeiten hielten, blieb er stehen und musterte aufmerksam die Gesteinstrümmer. Endlich fand er an einem senkrecht stehen- den Blocke die verwitterten Zeichen eines Krummstabes und eines Kreuzes. Er begann sogleich am Fuße dieses Felsens zu graben, trug Steine beiseite, schlug mit dem Hammer Stücken ab und war so eifrig beschäftigt, daß er nicht merkte, wie hoch bereits die Sonne am Himmel stand. Hin und wieder hielt er einen Hellen Stein gegen das Sonnenlicht und steckte ihn in ein kleine» Säckchen. Nachdem er eine Weile gegraben hatte, deckte er wieder Moos und Steine über die Stelle und rastete geraume Zeit, dabei mit Wohlgefallen die Beute in dem Säckchen betrachtend. Ein Sonnenstrahl, der sich durch die dichten Wipfel stahl und goldene Kringel auf den Waldboden vor ihm malte, gemahnte ihn, nicht länger müßig zu sein, und batd stieg er wieder abwärts und kam auf einen schmalen ganz verwachsenen Pfad. Diesem folgte er und stand in einer Mulde. Hier hatten schon vor Jahr hunderten vor ihm Walen gegra den und einen tiefen Schacht in den Berg getrieben. Die Halde toten Gesteines verriet, daß der Gang, dessen Eingang durch heruntergebrochene Felsen fast vollständig verschüttet war, ziemliche Tiefe auf wies. Leise glucksend, als wollte es dem Fremdling von all den vielen Schätzen erzählen, die der Sage nach in dieser Höhle verborgen lägen, stahl sich ein schmales Rinnsal aus dem verschütteten Stollen hervor. Der Wale folgte ihm einige Schritte abwärts, dann nahm er eine Probe Sand aus dem schmalen Bett und betrachtete ihn prüfend. Mehrere Stunden schaufelte er nun den goldhaltigen Sand aus und wusch ihn in dem klaren Bächlein, um dann den funkelnden Rest eben falls in einem kleinen Beutel zu verwahren. So trieb es der Wale zwei Jahr lang, und niemand störte ihn bei seinem geheimnisvollen Tun, nur der Bauer Protze schüttelte lächelnd den Kopf, wenn der Fremde abends müde heimkehrte und Sand und bunte Steinchen heimbrachte, die er im Speisegewölbe seines Wirtes ausbewahrte. Als sich das Laub der großen Linde im Gutshofe zuni dritten Male seit der Anwesenheit des Fremden zu färben begann, stand dieser wieder wie vor zwei Jahren mit seinem Bündel auf dem Rücken vor dem Tore und nahm Abschied von den biederen Wirtsleuten, die erst jetzt merkten, wie sehr sie sich an die Anwesenheit des bescheidenen Fremden ge wöhnt halten, der ihnen in den langen Winterabenden so wunderbare Dinge von seiner fernen Heimat erzählt hatte, in die er nun wieder für immer zurückkehrte. Beim Abschied forderte er den Bauer aus, wenn er einst in Not gerate, wolle er den Weg zur Lagunenstadt nicht scheuen, er wolle ihm gern helfen. Dann wanderte er wieder auf der Landstraße dem Süden zu. Schlugen die Kriegsstürme der kommenden Jahre auch nur schwache Wellen in das Dors Hinterm Valtenberge, so geschah es doch, daß mancher um Hab und Gut kam. Auch dem Bauer Protze wurde sein ganzer Viehbestand von den fremden Völkern, die zur großen Schlacht in die Leipziger Ebene zogen, geraubt. Da entsann er sich der Aufforderung jenes Fremden und machte sich kurz entschlossen zu der weiten Reise nach Venedig auf. Nach langem Suchen fand er seinen Gast wieder, der in einem prächtigen Marmorpalaste am Kanal wohnte und Reichtümer aus aller Herren Länder darin angehäuft hatte. Freundlich wurde er von dem schlichten Fremden, der jetzt in kostbare Seide und in wertvollen Sammet sich gekleidet hatte, empfangen. Er crfuyr, daß der Sand und die bunten Steine vom Valtenberge dem Fremden den Reich tum verschafft hatten. Reichbeschenkt kehrte der Bauer wieder nach Berthelsdorf zurück. Seit dieser Zeit sind die Walen verschwunden. * * * Anmerkung: Ein dreieckiger Steinblock mit dem Ab druck eines Entensußes, die Entenplatsche genannt, befindet sich noch auf dem Gipfel des Valtenberges an der Südseite. Götzinger fand im Hohwalde noch Felsen mit den erwähnten Merkmalen. Aus dem völlig verschütteten Bergwerke (wohl nur Versuchsstollen) quillt jetzt die Wesenitz.