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in einem fort sich schütteln muß vor Lachen. Soll mal einer sagen, 's war nicht gemütlich im Bihmschen. Im „Säckschen" ist es deswegen nicht weniger schön. Da hat eben der „Fierstand" Ziesche durch seinen Büttel die Schützen wiese säubern lassen. Denn jetzt kommen in langem Zuge, in feierlich gemessenem Schritte die Wenden, die in ihren bunten Trachten ihre Volkstänze zum Besten geben. Und hernach kommen die Zigeunermädel aus dem Bihmschen und tanzen auf ihre Art. „Das ist Rasse! Da liegt Feuer drin," dachte ich. Zum Schlüsse tanzten sie aber regelrecht salonfähigen Foxtrott. Am Ende waren es gar keine waschechten Zigeuner. Da lobt ich mir den Pierott, der jetzt ins Kampffeld tritt. Der springt darum wie a Zickl, und verrenkt sich nach der Musik mal dahin, mal dahin. Die Leute klatschen wie dumm wie er fertig ist, denn — nun können sie endlich wieder tanzen, und sie tanzen doch so gern. „Die Mitternacht kommt näher schon", und doch scheint noch niemand ans Heimgehen zu denken, im Gegenteil, es kommen noch Nachzügler an. Wo sie nur Platz finden wollen. Um 6 Uhr sollte das „Schissn" losgehen, um 5 Uhr waren schon alle Tische besetzt, und jetzt ist tatsächlich nicht mehr Raum zum Stehen. Wenn einem das im Eisenbahnwagen begegnet, wird man ver drießlich, hier hat man seine Lust daran. „Vergnügungssucht"! würde der Philister seufzen. Nein, es ist nicht Vergnügungssucht, es ist ein Volksfest. Immer bildet die Heimat den Grundakkord, der harmonisch hindurchklingt. Ist es nicht etwas schönes darum, daß sich die Leute hier ihren Heimatsinn bewahrt haben, bewahrt mitten im lärmenden Hasten der Großstadtstraßen! Ist es nicht etwas schönes darum, daß in ihnen das Gefühl der Zusammen gehörigkeit lebendig geblieben ist! Sie fühlen sich eins in dem Gedanken der Heimat. Wenn sie hier alle beieinander sind, schwingen in ihnen gleichgestimmte Saiten, und das gibt einen guten Klang. Alte Bande, die der Alltag zu lockern begann, werden gefestigt, liebe Erinnerungen lauscht man aus, Bilder aus lang vergangenen Zeiten steigen auf. Man drückt einander die Hand, man versteht einander, weil man mit den anderen so vieles gemein hat, das eint. Und wenn dann die Leute wieder auseinandergehen, der eine hierhin, der andere dahin, wenn sie sich wieder verlieren im Gewühl der Großstadt, ihre Gedanken gehen hinüber und herüber. Der einigende Gedanke, hier ist er neu gestärkt worden. Der Heimatabend ist der Punkt, auf dem sie sich immer wieder zusammenfinden. Die Gefühle, die hier geweckt werden, verbleichen nicht, sie schaffen Kraft zum Werktag, tragen Sonne in das Grau des Daseins und geben Mut aeaen die Widerwärtigkeiten und Hemmnisse des Lebens. Wenn doch jeder sich so ein Stück Heimat im Herzen bewahren möchte, nm wieviel besser war es um ihn und unser Volk bestellt! Der Heimatgedanke, gerade in unfern Tagen der Zersplitterung und des In-die Ferne-Strebens ist er uns bitter not. * IUttUUIUIIIMIIIttttUUIIIIIUIIUUUUUttttIIUMUMIIIUIIUUUIUU»IN>UIUM!UIUIUIUUl»UIUtt Die ältesten Nachrichten von Görlitzer Fastnachts-Feiern Von M. Gondolatsch alten Zeiten wird der Dienstag vor dem Ascher- Mittwoch, als dem Beginn der langen Fastenzeit, durch Schmausereien und Trinkgelage,Tänze, Pos- sensviele und Maskeraden festlich begangen; man W-MÄ wollte sich im voraus für die bevorstehenden Ent behrungen schadlos halten. Das geschah überall im weiten Vaterland, und Görlitz hat da sicher nichts besonderes auf zuweisen, aber da unsere Ratsrechnungen in zusammenhän gender Folge weiter zurückreichen als in den meisten anderen Städten, so besitzen wir aus dieser wichtigen und sicheren Quelle ältere Nachrichten über mancherlei mittelalterliche Sitten und Bräuche. Die älteste Kunde von einer Fastnachts feier in Görlitz stammt allerdings nicht aus den erwähnten Stadtbüchern, sondern aus derChronik vonAbrahamFrenzel, dem um die wendische Sprachforschung und heimische Ge- schichtsdarstellunq verdienten Pastor von Schönau auf dem Eigen (1656—1740). Frenzel berichtet: „Herr Abraham Bucholzer gedenket in der Tragödie vom weiß- n Ritter, daß Anno 1365 die Tuchknappen zu Görlitz eine fröhliche Fast nacht anqestellet." Es wird dann umständlich erzählt, wie sich die Burschen zum Teil als Bären verkleidet hätten und wie sie mit Fackeln in den Gassen herumgezogen seien. Das übermütige Spiel nahm ein trauriges Ende; denn bei dem angstvollen Gedränge, das entstand, gerieten die Pelze der Vermummten in Brand und die eingenähten Burschen büßten den Fastnachtsspaß mit dem Leben Vom Jahre 1379 ab besitzen wir dann urkundliche Nachrichten über die Fast- nachtsfeiein. In dem genannten Jahre zahlte die Stadt „durch des Herzogs Wille für Bier und Kerzen und für die Spiel leute 7 Schock 15 Groschen." Wir entnehmen diese Nach richt wie auch olle folgenden dem Loclex äiplomaticu8 I^u- 8nti36 8Uperiori8 II, III und IV, in dem der hochverdiente Görlitzer Ratsarchioar Prof, Dr. R. Iecht, die alten Ralsrech- nungen der Allgemeinheit bequem zugänglich gemacht hat. Der obengenannte Herzog ist Hans, der jünaste Sohn Karls IV., der von 1378—96 das Herzogtum Görlitz inne hatte und während dieser Zeit in unserer Stadt residierte. Ähnliche Notizen von Fastvachtsgelaqen und -Tänzen fin den sich bei den Jahren 1380 und 89; dabei werden die Musikanten auch einmal alsIvenlatores---Gaukler bezeichnet. Aus der Eintragung vom Jahre 1399 lernen wir die Teil nehmer am Fastnachtsoergnügen kennen; es heißt unterm 15 Februar: „Item gab man den jungen burgerkindern, ge- sellin und juncorouen unde gemeinstchin ander luten, dl) mit yn vrol'ch w lden sin, zu btre und iren spilluten zu Hulse 4 sch." 40 Jahre später sind Kosten von 12 Groschen ver merkt, die dadurch entstanden, daß die Schüler, Frauen und Jungfrauen an der Fastnacht den Rat besuchten. Oo es sich dabei um einen Tanz oder um ein Fastnacht-spiel gehandelt hat. ist nicht zu ersehen; das letztere war aber 1442 der Fall, denn es wird vom 18. Februar berichtet: „Item den schreibern, alsz sie uff dem rothusze reymeten unde den reyern an der vastnacht 15 gr." Pros. Iecht bemerkt dazu, daß „reymeten" noch dem Grimmschen Wörterbuch den Sinn von „Beise sprechen, in einem Schauspiel Mitwirken" habe. Das wäre demnach dieälteste Nachricht von einem Schauspiel in Görlitz. 1448 wird von Fastnachts Narren berichtet, es scheint sich also um eine Maskerade oder einen Mummenschanz zu handeln. Endlich tritt uns in diesem Jahre zum ersten Male der „Schülerbischof" entgegen, der 1449 auch „Fastnachts bischof" heißt. Es hängt das mit der Feier eines alten Schul- festes, des „Gregoriusfestes", zusammen, über das ein ander Mol gehandelt werden soll. Heute wollen wir uns mit der Feststellung begnügen, daß wir aus dem letzten Viertel des 14 und dem Anfang des 15. Iahrhunders beglaubigte Nach richten darüber besitzen, daß in Görlitz die Fastnacht mit Tanz und Spiel gefeiert wurde. Schieber Nichts als Schieben, Schieben, Schieben Ist dem deutschen Volk geblieben, Alles schiebt im Tanz und Würsten, Schiebt die Butter, schiebt die Bürsten, Gold und Silber, Svarmetall Wird geschoben überall. Doch eins nicht merkt das Volk bei all dem Leben: Es denkt es schiebt, doch wird es selost geschoben. ?. 8. 2.