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104 Är. 10 (Dberlaufltzev Heimaizeltung Zugleich ist durch diese Organisationsform die Gefahr einer Zer splitterung der Bolksbildungsbestrebungen vermieden worden. Alle Fäden laufen in einer Hand zusammen und das hat sich bis her bewährt. Dabei arbeitet die Volkshochschule selbständig. Ihre Verwal tung liegt in den Händen eines einundzwanziggliedrigen Aus schusses von Männern und Frauen aus verschiedenen Berufen und Ständen, die ohne Rücksicht auf Partei und Bekenntnis gewählt worden sind. Der Humboldtverein hatte aber auch die äußere Ver pflichtung zur Übernahme der Arbeit. Ein hochherziger Menschen freund hat der Stadtgemeinde ein Kapital von Einhunderttausend Mark stiftungsgemäß übergeben, dessen Zinsen nach seinem Ab leben zum Teil, später ganz dem Humboldtv erein zur Unterhaltung einer Volkshochschule zu überlassen sind. Grundlagen und Einrichtung läßt der Arbeitsplan am besten erkennen. Es sei nur auf ein Zweifaches besonders hingewiesen: Wir legen keinen Wert auf hohe Besucherzahlen; dreißig bis vier zig Hörer und Hörerinnen für eine Reihe scheint uns genügend zu sein. Wir wollen mit der bisher üblichen Vortragsform brechen und allmählich Arbeitsgemeinschaften bilden. DieTeilnehmer sollen nicht nur hören, sondern selbst mit tätig sein, fragen, schriftlich und mündlich darstellen, zeichnen und emwersen. Das Zusammen wachsen zu einer Einheit schließt selbstverständlich auch eine von Stunde zu Stunde wechselnde Hörerschaft aus. Karten für ein zelne Abende werden deswegen grundsätzlich nicht ausgegeben. In sachlicher Beziehung legen wir großen Wert auf heimatliche Grundlagen und Beziehungen unserer Arbeit. Jede Reihe soll womöglich Borträge und Übungen über Geologie, Geographie und Geschichte der Lausitz enthalten. 2m Sommer sind Wanderungen geplant, die unter sachkundiger Leitung die Natur der Heimat und ihre volkswirtschaftliche Bedeutung den Teilnehmern zur Kennt nis und Wertung bringen soll. Alle Arbeit, die in der Volkshoch schule geleistet wird, soll in irgend einer Beziehung, auch wenn es äußerlich nicht erkennbar ist, auf die Heimat sich gründen. Was in ihr verankert ist. wird Bestand haben und wahrhaft volksbil dend wirken. Professor Dr. Popig. Die Lausitz im Bilde Lausitzer Maler Von OttoFlössel, Bautzen Motto: Und Sänger und Maler wissen es, und es wissen's viel andere Leut'! Und wers nicht malt, der singt es, und mers nicht singt, dem klingt cs im Herzen vor lauter Freud! I. Die Lausitz als Acker heimischer Kunst o der Geist einer großen Vergangenheit waltet, wo die ausgehende Sonne die Schönheit der Gegenwart mit jedem Tage neu erschließt, dort wohnt der Künstler. Mit glücklicherHand setzt er die Trümmer weit vergangener Tage zu kunstreichem Bau zusammen und läßt eine alte Zeit lebendig vor den Augen des neuen Geschlechts erstehen, gießt in das Grau der Stunde das Gold entschwundener Tage. Der setzt den Meißel an und läßt aus kaltemStein begrabene Geschlech ter zu uns sprechen, der rührt Farben zusammen und belebt mit Licht und Wärme, was tot und kalt unter Schutt ver borgen liegt, der greift zur Feder und schafft Gestalten aus der Ahnen Tagen voll Kraft und Tugend. Alt ist die Vergangenheit unserer Lausitz und reich an Taten und Schätzen. Im Strome der Geschichie gelegen, haben die Jahrtausende ihre Werke auf ihren Boden gestreut. Als Burgen, Türme, Klöster und Mauern stehen sie über der Erde, als Gräber» Urnen und Steine hat sie die Scholle be deckt. Der Künstler hebt sie, der Künstler erweckt sie, ein Schöpfer, zu neuem Leben. Mannigfach sind die Stätten der Lausitz, an denen eine kraftvolle Vergangenheit ihre Spuren zurückließ: Die alte Buoissa, erzählend von den Tagen böh mischer Könige, slawischer Kämpfer und deutscher Ritter, das platte Land um jene Stadt mit den slawischen Begräbnis stätten und den Denkmälern der Bronzezeit, der Oybin bei Zittau mit seinen Klosterruinen und dem alten Kaiserschlosse, die Klöster Marienthal und Marienstern mit ihrer glänzen den Vergangenheit, das Städtchen Schirgiswalde mit seinen Laubengängen aus gutbürgerlicherZeit, Czorneboh undBielc- boh mir ihren Erinnerungen an heidnische Vorzeit, Kottmar und Valtenberg mit ihren Sagen, dazu viele andere Orte und Flecken mit ruhmvollen Geschichtsvlättern. Wir kennen die Maler, die die alten Stätten zur Leinwand gebracht, mir kennen die Dichter, die in Büchern, Liedern und Sagen von Vergangenem erzählen. Zur großen Vergangenheit gesellt sich in der Lausitz die schöne Gegenwart. Die schroffen gigantischen Formen des Zittauer Gebirges, die rauschenden Bergwälder des Czorne boh, Bieleboh, Valtenberges und des Kottmar, die äcker- und wiesenreichen Täler, die malerisch gelegenen Dörfer, die Eigenart der Lausitzer Häuser, die Lharakleristck der wen dischen Siedelungen, das kräftig pulsierende Volkstum der Bewohner; wie ost ist es gemalt und besungen worden! So mußtedie Lausitz Heimalkünstler gebären. Ihr Schaffen zu würdigen und ihr Andenken zu wahren ist oes gegenwärtigen Geschlechts edle Pflicht. II. Bautzen im Bild und Bautzener Maler Nicht mit Unrecht hat man Bautzen „das sächsische Nürn berg" genannt. In Straßen und Ecken schaut die alte Zeit hervor. Sie spricht aus alten Patrizierhäusern, stillen Erkern, malerischen Giebeln, bemoosten Ruinen, alten Toren, ver morschten Mauern,trutzigen Türmen. Kein Wunder, daß früh zeitig und immer und immer wieder Maler ihr Auge aus jene Altertümer lenkten und sie aus dem Papiere sesthielren. Das Bautzener Stadtmujeum, selbst eine Stätte von Sammlungen alilausitzer Kostbarkeiten, hat seit Beendigung des Krieges schon zu wiederholten Malen jenen Künstlern seine Räume geöffnet zu Ausstellungen ihrer Werke. Gegenwärtig — Mitte November 1919 — sind in zwei Stockwerken wieder Aus stellungen eröffnet. Da ist der Bautzener Kunstverein, ver treten u. a. durch Rudolf Poeschmann-Dresden, Max Froh berg-Dresden und Walter Friederici-Dresden. 2m April dss. Jahres haben sich eine Reihe Bautzener Maler zusammen geschlossen zur „Freien Künstlervereinigung Bautzen". Ihr gehören an: Architekt Karl Kurth, die Maler Georg Karl Heinicke, Berthold Hunger, Fritz Kurth, Rolf Friedmann, Paul Wicke, Marianne Britze, die Bildhauer Hans Petschke und Alsred Glatter, sowie die Architekten Max Mörbitz und Max Kreß. Kürzlich gab es einen lokalen Künstlerzwist zwischen diesen und dem Kunstverein — gelegentlich einer Wettbewerbsausstellung von Bautzener Landschaften für den Amtshauptmann Geh. Regierungsrat Dr. von Pflugk aus Anlaß seines Weggangs ins Ministerium in Dresden — heute sind ihre Werke einträchtig zur Ausstellung vereint. Es ist das erste Maß daß die Freie Künstlervereinigung mit einer Ausstellung an die Öffentlichkeit tritt. Sie umfaßt Werke der Malerei und Plastik. Bei der Auswahl der zur Ausstellung gelangenden Arbeiten war inaßgebend, dem Be schauer ein Bild von Schaffensweise und Kunstgesinnung des Einzelnen zu geben, unter Beachtung der Schwierigkeit im