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s^t. 4 O^erlausitzetsZeimatreitupig 89 gereicht wird. Während der ganzen Abendmahlsfeier werden von der Gemeine der Feier angepaßte Choräle gesungen. Bei den Schwestern herrschte in der Kleiderfrage ziemlich strenge Kontrolle. Ihre glatt anliegenden, schräg geschnittenen Kleider entsprachen allerdings der zu Ansang des vorigen Jahr hunderts herrschenden Mode, die bei uns nur länger anhielt als anderswo. Aber eine, durch alle Stände hindurchgehendc Eigentümlichkeit, von der heute noch kaum jemand mehr etwas weiß, zeigte sich im (Winker in den bei allen Schwestern nach einem Schnitt geformten Pelzmänteln. Diese waren bei ärme ren einfach wattiert und hatten einen großen Kragen, der bis in die (Mitte des Rückens hinabreichte und vom Stoff des klberzugs gefertigt war. Diese Glocke hatte an beiden Seiten einen Schlitz für die Arme und am Hals einen runden, über die Achseln reichenden Pelzkragen von Grauwerk (Eichhörnchen). Das Pelzwcrk zeigte, je nach den (Mitteln der betreffen den Schwester, allerdings einen großen Unterschied, vom billig sten Lammfell bis zum kostbarsten Fchwamm (Feh -— sibirisches Eichhörnchen). Da man diesen Unterschied von außen nicht sah, so erschien im (Winter die ganze Schwesterngcmeinc in der Kirche ganz gleich gekleidet in der Gemeinhaube und im Pelz mantel. (Muff und Boa waren unbekannte Dinge. Vorneh mere (Mitglieder der Brüdergemeinc trugen auch die Perücke. Auch der Zopf ist in der Gemeine üblich gewesen. Vor allem zeigen Bilder und Silhouetten von StandeSpersonen, daß sie ihn trugen. — Der Zopf wurde aus dem natürlichen Haar geformt, nur, wenn eigenes Haar fehlte, wurde ein Zopf von fremdem Haar angehängt. (Wahrscheinlich hat aber auch in den Zeiten des Zopfes die Mehrzahl der Herrnhuter ihr Haar ungekünstelt getragen. Die Schwestern trugen stets festanliegendes Haar. Das gebot schon die Haube. Reisten stc in die Städte, so legten sic — in späteren Zeiten — nicht selten künstliche Haarlocken an, um nicht zu sehr aufzufallen. vrunnen im vrücterkciuikok Vereinzelte hat es aber noch bis ins 19. Jahrhundert hinein gegeben, die auch beim Besuch einer Stadt die Haube nicht ablegtcn. Allmählich wurde die Haube dann nur noch Kirchentracht. Auf der Straße trug auch die Herrnhuterin, wie andere Frauen einen Hut, nicht mehr die Haube, die früher Ven ganzen Tag über nicht abgesetzt wurde. »errnkuter Lpeiiaütäten Von Kustes Willy Hennig Da unter den mährischen Erulanten, die ihres evangelischen Glaubens wegen die Heimat verlaßen hatten, und unter den später aus den Nachbarorten und christlichen Kreisen Deutsch lands und der Nachbarländer Zugewanderten nicht nur Fami lien, sondern auch viele Einzelpersonen waren, wurden nicht nur Familienhäuscr gebaut, sondern auch sogenannte Chor häuser für die Ledigen, ein Brüderhaus und ein Schwestern haus, errichtet. Im Brüderhans betrug die Zahl der Einwohner 1730 bereits 111, bis 1792 war sie auf 162 gestiegen, außerdem 27 Lehrlinge. Für diese Bewohner mußte Arbeit zum Lebens unterhalt geschaffen werden. So wurden nach und nach einge richtet: eine Tischlerei, Schlosserei, Kupferschmiede, Gerberei, Bäckerei, Schneiderei, Goldschinicdewerkstatt und andere mehr. Da im Brüder Haus meist für den täglichen Gebrauch und Umlauf bestimmte Waren hergestellt wurden, ist die Zahl der heut noch erhaltenen Gegenstände gering. In einigen kirch lichen Räumen und im hiesigen Altertumömusenm finden sich noch schöne Wand- und Kronleuchter; weiter sehen wir dort ein Prachtstück alter Schmiedekunst, nämlich die alte Postkaste von 1762. Durch den vielen Verkehr mit dem Ausland wurde hier, viel früher als in den Nachbarstädten, ein Postdicnst eröffnet. Es ist eine große eiserne Kiste mit zwei mächtigen Griffen, Deckel nnd Seitenwände reich bemustert. Schloß, Schlüssel und eine große Einlegeplatte sind reine Kunstwerke. Bei der Ausstellung von Gegenständen aus dem Zeitalter Augusts des Starken 1933 in Dresden war unsere Postkaste die einzige, die ausgestellt war. Ferner befindet sich im (Museum aus dw Goldarbeiterwerkstatt eine silberne Schnupftabakdose mit seiner Veckelverzierung. Desto größer ist die Zahl der weiblichen Handarbeiten, die im Schwesternhaus und W itweuhauS hergestellt wurden. Im Altertumsmuseum finden wir Perlen-, Gobelin nnd Seidenstickereien, Kindcrhänbchen, feine Arbeiten in Plüsch, Samt, (Mull, Batist, auf Canevas und noch vielerlei Kunst arbeiten. Ganz besonders hervorgehoben zu werden verdient die auf weißem Samt gestickte Altardccke, die 1822 bei der 100- jährigen Jubelfeier der Gründung Herrnhuts von der damali gen Schwestern-Vorstehcrin und Gutsherrschaft, Gräfin Ein siedel gestiftet wurde. In einem bunten Kranz von (Weinlanb nnd Ähren (Hinweis ans Brot und (Wein beim heiligen Abenv- mahl) steht in Gold gestickt der Bibelspruch: „Betet an den Herrn im heiligen Schmuck". Sehr interessant sind auch die fei nen Haararbeiten, Blumensträuße von den Haaren einer ganzen Familie. Das Wertvollste ist aber ein Kranz von den Haaren