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Pli-, O^e^Iausitzer^eimatreitung 8? druckerei betrieb. Für seine Leinwand brauchte Dürninger eine Gleiche, eine solche legte er schon 1749 an der Petersbach an. 1766 nahm er die Berthelsdorfer Bleiche in Erbpacht. Don Dürningers Unternehmungsgeist zeugt die Errichtung einer Tabak- und Siegellackfabrik. Schon um 1764 machte cr Versuche mit Schnupftabak, der dann später als „der echte Herrnhuter Rappv" weit über die Oberlausitz hinaus bekannt viirninger ivurde. Seine Rauchtabake waren nicht weniger beliebt. Don geringerer Bedeutung war der Absatz in Siegellack. Bas Ladengeschäft nahm inzwischen einen kräftigen Auf schwung, das (Manufakturwarengeschäft hob sich, nachdem Dürninger eigene Erzeugnisse feilbieten konnte. Kolonial-, da mals (Materialwaren genannt, bezog Dürninger im Großen und zum Teil im Austausch gegen seine Leinwand, wobei auf Qualität größter Wert gelegt wurde. Daneben erledigte er zahlreiche Kommissionsaufträge. Ganz bedeutend war der Groß handel mit Kolonialwaren nach der Oberlausitz und Böhmen. Ans dem Riesengebirge wurden Spielsachen bezogen. Die Ent wicklung dieser vielseitigen Geschäfte führte 1761 zum Ban des großen Ladenhauses (heute Zigarrenabteilung) und 1767 zum Ban des großen Handlungshauses (jetzt städt. Kranken haus). Die Ereignisse des siebenjährigen Krieges, die Währungs verschlechterung, der Generalangriff der Sechsstädte gegen das anfblühende Herrnhut konnten die Entwicklung seines Geschäfts nicht aufhalten. Der Reingewinn betrug in den Jahren 1769 bis 1772 über .160 000 Taler, das Eigenkapital war 1772 auf 242 000 Taler angewachsen, die Gebäude nicht gerechnet. Bei allen äußeren Erfolgen blieb Dürninger der schlichte, „einfältige" Herrnhuter. Er betrachtete die Handlung als eine besondere, ihm vom Heiland anvertraute Sache. Seine ganze Sorge und Arbeit galt der Gemeine. Aus seinen Gewinnen tonnte cr zur Tilgung der Schuldenlast der Ilnität und den Gemeinen insgesamt 131 914 Taler zuwcnden. Dürninger starb im Jahre 1773, nachdem er die Leitung der Handlung den Brüdern Gambö und Hoozema, die schon lange bei ihm tätig gewesen waren, übergeben hatte. Diese be hielt ihre bisherige Selbständigkeit, sie stand weder im Eigentum der Ilnität noch der Herrnhuter Gemeine. Unter den Nachfolgern Dürningers entwickelte sich die Handlung weiter aufwärts, gewaltig steigerte sich der Lein wandexport. Während dieser noch 1777 weit hinter dem Zittaus zurückstand, konnte Herrnhut 1806 die doppelte Lein wandmenge wie Zittau ansführen. Herrnhut ivar zu einem Hauptplatz des ostsächssschen Leinwandhandels aufgerückt. Der Anteil der Ausfuhr Dürningers auf der Hohen Straße über Bautzen an der Gesamtaussuhr der Orte Bautzen, Löbau, Zittau, Görlitz, Lauban, (Marklissa, Herrnhut stieg von 10 A im Jahre 1777 bis auf fast 80 im Jahre 1820. In diesem Jahre unterhielt die Firma an 14 bedeutenden Plätzen des Auslands und in 12 überseeischen Häfen Konsignationslager, deren Gesamtwert 1 314 069 Taler betrug. Die Hauptartikel waren Creas und Listados; mit über 600 (Mustern konnte man aufwarten. Nachdem der Handlung 1776 die Groß-Accise bewilligt worden war, konnte sie noch mehr das Importgeschäft in Kolo nialwaren pflegen, das in engster Verbindung mit dem Lein wandexport stand. (Während 1779 die Zitzdruckerei eingestellt wurde, hielt sich das Tabakgeschäft gut, deren Gebäude mii 1820 erneuerte und vergrößerte. Zur gleichen Zeit wurde V, s Preß- und Appretnrhaus gebaut (heute Heim der NSDAP, und SA.). In den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts begann sich ein Umschwung zu vollziehen, die wirtschaftlichen Um wälzungen führten zu einein Rückgang des Exports. Das Aufkommen der (Maschine sowie das Eindringen der Baum wolle beeinträchtigten ebenfalls -die Leinwandfabrikation. Im Interesse der Lausitzer Handwebereibevölkerung sträubte man sich zu lange gegen die Einführung des Dampfbetriebes. Einen Fortschritt bildete auf der anderen Seite der Import der ersten „Cigarros" ans Havanna, der bald einen bedeutenden Umfang annahm. 1843 begann man mit der Selbstherstellung von Zigarren. Auch sonst wußten sich Handlungsdirektoren neue Ziele zu setzen. Einem Verlangen der Oberlausitzer Leinenindustrie nach kommend, entschloß man sich 1874 zum Bau einer (Waren bleich- und Appretur-Anstalt. Sie dient sowohl der Veredelung eigener Erzeugnisse wie als Lohnausrüstungsanstalt. Die Fabri kation nahm die Herstellung von Wisch- und Handtüchern sowie Bettzeugen auf, ein Nähereibetrieb für Hohlsaum- nid Durchbruchmuster wurde angegliedert. Bedeutsam war 1896 die Übernahme des seit 1750 bestehenden Webereigeschäfts in Fa. E. Erxleben u. Co. in Gnadenfrei in Schlesien, das zu einem umfangreichen mechanischen Fabrikbetrieb ausgestaltet wurde. 1906 kam es zum Bau einer Weberei in Ruppersdorf, 1912 zum Erwerb einer größeren (Weberei in Schönbach. Manches andere Unternehmen wie z. B. die Suriname'fche Bananentrocknerei mußten der Zeitverhältnisse wegen wieder aufgegeben werden. Neben den textilindnstriellen Betrieb'»: pflegt ma»r heute besonders das Zigarrenversandgeschäft und unterhält 23 Zigarreuziveigniederlassiiugeu in Mittel- und Ost deutschland. Wenn auch die Firma im Laufe der Zeit mancherlei Wandlungen erfahren hat, der Charakter als Stiftung ist er halten geblieben, sie dient auch heute noch ausschließlich den wohltätigen und gemeinnützigen Zwecken der Brüdergemeine und deren (Werken. Auch sür andere hat die Firma stets eine offene Hand gehabt und sie hat geholfen, soviel sie konnte. Aber am segensreichsten hat sie wohl dadurch gewirkt, daß ste Tausenden Arbeit und Brot verschafft hat und noch verschafft. Die Entwicklung Herrnhuts läßt sich ohne Dürninger gar- nicht denken.