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60 ' Ö^erlausitzers-ieimatreitung Z Schnierze waren ihm Kinder nicht beschicken. So lebte er vor allem der Wissenschaft, vorübergehend verweilte er auch in Meffersdorf und unternahm häufig Reisen. Über sie alle legte er in seinen Tagebüchern feine wissenschaftliche und allgemeine Beobachtungen und Betrachtungen nieder. Diese in Groß- Aolio nicdergeschriebenen Reiseaufzeichnungen umfassen die Bahre 4765—4805; sie befinden sich im Besitze der Ober- lausttzischen Gesellschaft der ^Wissenschaften, bilden auch heute noch eine unterhaltende Lektüre und tragen nicht wenig dazu bei, das Charakterbild dieses unermüdlich strebsamen sMannes zu vervollständigen. Er pslegte auch einen ausgedehnten Brieswechsel mit Ven berühmtesten Gelehrten seiner Zeit. Ruch dieser — er umfaßt zwölf dicke Bände von Briefen an ihn und von ihm — ist Ser genannten Gesellschaft eigen. Hier wird vor allem ein Fach mann, der die Geschichte der Elektrizität, ^Mineralogie, Phy- sik kennt, jedenfalls eine Fülle von interessantem Stoff finden. Es nimmt uns nicht Wunder, daß von Gersdorff in Neu gersdorf und später in sMeffersdorf stets ein gastfreies Haus hielt. Da war jeder Gelehrte und Künstler herzlich willkom men; da fanden sich die bedeutendsten Köpfe der damaligen Oberlausitz ein, so, um nur eines zu gedenken, der bedeutendste einheimische Mnler jener Tage, an besten Werken wir uns noch heute erfreuen, Christoph Mathe. Mit ihm unternahm von Gersdorff häufig Reisen in die deutschen Gebirge und in die Schweiz. Da zeichnete dieser Künstler viel. Die Haupt maste dieser Zeichnungen aus dem von Gersdorffschen Besitze findet sich heute in den Bildsammlungen der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften in Görlitz vor. Es ist selbstverständlich, daß von Gersdorff eine auserlesene Bücherei besaß, die man auf 40 000 Bände schätzte. Mel be wundert und besucht wurden auch seine Mineraliensammlung und sein physikalisches Kabinett. Das wichtigste Ereignis im Leben von Gersdorff' fällt m das Jahr 4770: seine Anteilnahme an der Gründung der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften in Görlitz. Die Anregung kam von Dr. Carl Gottlob Anton auf Ober- Mendorf bei Görlitz, der Sprachgelehrter, Sprachphilofoph, Historiker, Germanist, praktischer und gelehrter Jurist, prak tischer und gelehrter Landwirt, klassischer Philolog und moder ner Dichter war. Dieser schlug am 4. sMärz 4770 die Grün dung einer tätigen gelehrten Gesellschaft vor und fuhr in dem Schreiben fort: „Nun komm' ich auch zu Ew. Hochwohl geboren und wünsche nichts mehr, als daß auch Sie sich ent schließen möchten, beizutreten. Geschähe dies nicht, so müßte ich meinen Plan ausgeben, da es ein unersetzlicher Abgang wäre, und nur Personen von Ihrem Ansehen und Ihrer Ge lehrsamkeit dem WAke Glanz und inneren Gehalt geben können." Bereits nach drei Tagen traf die Antwort von Gers- dorffs ein: in ihr heißt es u. a.: „Mit dem größten Ver gnügen verspreche ich meinerseits alles Mögliche beitragen zu helfen, daß der Gedanke zur Ausführung kommen möge, ob ich wohl befürchten muß, daß es mir noch an den erforderlichen Kenntnissen fehlen wird, welche ich mir jedoch nach und nach immer mehr zu erwerben hoffe." Diese beiden Männer, die sich hier zusammenfanden zur Ausführung dieses wissenschaftlichen Unternehmens, ergänzten sich in der Eigenart ihres Naturells vortrefflich: von Gers dorff bedächtig, vornehm zurückhaltend, beinahe ängstlich, immer mildernd; Anton stets hoffnungsreich, vor nichts zurück schreckend, lebhaft anregend, wenn es not war, scharf und tat kräftig; dabei gab von Gersdorff, mit den ersten Geschlechtern und vielen obersten Beamten der Oberlaufitz verwandt, mit vielen bedeutenden gleichzeitigen Gelehrten befreundet und im Briefwechsel, wie erwähnt, stehend, durch seinen alten Namen und seine Kenntnisse gleich vom Anfänge an der neuen Gesell schaft Glanz und Vornehmheit^). Die Gesellschaft überwand die nicht geringen Schwierig keiten, die sich ihr am Anfänge entgegenstellten, und kam balö zn einer ungeahnten Blüte. Von Gersdorff und Anton waren aber nicht nur die 9üit- stifrer der Oberlaufitzischen Gesellschaft der Wissenschaften, londern auch ihre hochherzigen sMäcene. Beide haben ihr wahr haft fürstliche Schenkungen gemacht. Kaum eine Versamm lung fand statt, in der ste nicht kostbare und wertvolle Gaben dein jungen Verein widmeten. Am 28. Mmrz 4801 schrieb Anton an von Gersdorff u. a.: „Sie und ich besitzen ansehnliche Bibliotheken und Sammlungen, bei denen es schade wäre, wenn sie nach unserem Tode zerstreut oder in andern Händen unbrauchbar würden." Beide Gelehrten ver wirklichten diesen Plan. Bereits am 47. Juli 4804 übergab von Gersdorff der Gesellschaft in seiner Schenkungsurkunde „seinen Briefwechsel, seine in verschiedenen Foliobänden hand schriftlichen vorhandenen, auf seinen Reisen gemachten Beob achtungen und Bemerkungen, seine selbstgefertigten Zeich nungen, alle Handzeichnungen des damals hochgeschätzten Mathe, seine Gemälde, Kupferstiche und Landkarten, seine Mineralien unv sonstigen naturwissenschaftlichen Sammlungen, alle seine Fernröhre, Vergrößerungsgläser, Elektrisiermaschinen und andern physikalischen Instrumente, die Reliefs vom sMont- Blanc und einigen andern italienischen und schweizerischen Gebirgen, alle Ban- und Maschinenmodelle, dazu die nötigen Repositorien und Schränke zur Ausstellung und Aufbewah rung dieser umfangreichen Sammlungen." Außerdem stiftete der hochherzige Mann, wie sich aus einem unmittelbar nach seinem Heimgänge am 46. Juni 4807 eröffneten Zusätze zu seinem Testamente ergab, zur Unterhaltung dieser kostbaren Sammlung 6000 Taler, nach dem heutigen Wrrte wenig stens '70 000 Mark. sMan wird sich einen ungefähren Be griff von der erstaunlichen Größe der Schätze an Büchern usw. machen, wenn man bedenkt, daß die zur Überführung nach Görlitz von dem Geschenkgeber vorgesehenen vierzig: zwei- und zwanzig: vierspännigen Fuhren bei weitem nicht genügten, und daß die deshalb um Unterstützung angegangenen Oberlausitzer Stände auf dem Landtage zu Bautzen unterm 7. September 4807 noch achtzig: zwei- oder vierzig: vierspännige Fuhren bewilligten. Die Unterbringung dieser reichen Schätze bot keine allzu- großcn Schwierigkeiten. Es hatte nämlich der inzwischen in den Adelsstand erhobene Dr. von Anton der Gesellschaft sein auf der Neißstraße Nr. 354 gelegenes großes Haus über lassen, das jene noch heute besitzt H. Pietas societatis Lusatae"'), die Dankbarkeit der Oberlan- sikischen Gesellschaft der Wissenschaften, ließ eine Münze in Gold, Silber und Zinn prägen, auf deren Vorderseite die Brustbilder beider Freunde von Gersdorff und Anton stch befanden. In Mcffersdorf, zu dem damals auch Schwerta gehörte, wohnte von Gersdorff, nachdem er 4780 Neugersdorf verkauft hatte, bis zu seinem Tode. Hier starb er im Alter von 63 Jahren 3 Monaten an der Brustwastersucht am 46. Juni 4807: hier ist er auch begraben. Ein einfacher Grabstein schmückt seine letzte Ruhestätte. Er enthält außer seinem Todestage und Alter nur die Worte: „Dem Andenken des verewigten Herrn Ad. Traug. v. Gersdorff auf Mcffersdorf