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und der Musik. Beim Schulmeister Anton Kretschmer in Grunau bei Ostritz erlernte er das Orgelspiel und den General baß, so daß er schon mit neun Jahren beim öffentlichen Gottes dienst Miessen von Briri auf der Orgel zu spielen vermochte. (Nit 11 Jahren kam er an das Gymnasium zu Komotau, und 1791 ging er an die Universität nach Prag. Er hörte hier nicht nur mit Begeisterung die Vorlesungen berühmter Phils- sophieprofessoren, sondern hatte das Glück, als Famulus der beiden Bibliothekare zwei Jahre lang im Bibliotheksgebände Wohnung zu erhalten und die Gelegenheit, seinen Wissens durst an ausgiebigster Ouelle zu löschen. Als aber am 28. Ok tober 1794 sein Vater starb, mußte er schweren Herzens, den Bitten seiner Nkutter entsprechend, das Studium abbrechen und den blühenden Eisenhandel seines Vaters übernehmen. Doch seine Liebe zu den Wissenschaften und besonders zur Musik wurde dadurch nicht gemindert. Durch schriftlichen und münd lichen Gedankenaustausch mit gelehrten Männern der näheren Umgebung suchte er sein Wissen zu erweitern und zu vertiefen. Wie aus dem Tagebuch seiner Tochter Klara hervorgeht, war sein Haus das Ziel vieler Gelehrter bis aus Dresden und Leipzig, ja aus Breslau und Glatz. Er sammelte fleißig No tizen über fast alle Gegenstände des menschlichen TMssenö, aanz besonders aber über die Geschichte der Tonkunst und der Ton künstler und war Mitarbeiter an mehreren musikalischen Zeit schriften. Auch wurde er Mitglied der Kgl. Preuß. natursor- schenden Gesellschaft xn Görlitz. Eine unschätzbare Arbeit für die Geschichte der Heimakgemeinde leistete er, indem er die bei den ältesten Schöppenbücher, die nur in losen Bogen vorbanden waren, ordnete, die späteren teilweise mit Registern versah und bei den einzelnen Einträaen die Hausnummern beifügte. Das letztere ist eine unglaublich schwierige Arbeit gewesen, da früher mir die Namen der Besitzer und der Nachbarn anaeaeben wurden, wag bei dem bäusiaen (Wechsel und den vielen gleichen Namen zu vielen Schwierigkeiten Anlaß bot. Ebenso verfer tigte er auch die ersten Register mit den Pfarrern, Scknl- meillern und Gerichtsschreibern sowie den Erbrichkern der Ge meinde Seltendorf. Mit ganz besonderem Eifer aber widmete er sich musik- tbeoretischen Studien und dem Orgelspiel. Es gab keine Orgel der näheren und weiteren Umgebung, die er nicht gekannt und gespielt hätte. Aus dem schon erwähnten Tagebuch seiner Toebter geht auch hervor, wie oft er an Kirchew und Kirch weihfesten als Organist in der Oberlausitz und in Böhmen cinaeladen war. In vielen Orten gehen noch Erzählungen um, wie der schlichte Mann durch sein herrliches Spiel die Leute in Erstaunen gesetzt. Und wie überrascht waren die Choradjn- 'mnten. wenn der Unerkannte eine zufällig aufgelegte eig'ne Komposition aus dem Kopf spielte! Als 1830 der (Warns- Schullehrer Vinrenz Richter zur Ausführung der ..Nkista solemnis" von Beethoven einen Oraanisten wandte er sich an Klaust, der bereitwilligst znsagte. (Wie große Schwierigkeiten bei dieser Aufführung zu überwinden waren, seht aus einem Briefe Ricbters an Klauß hervor, der vom 17. Dezember 1829 datiert ist. Es heistt da: „Ich hatte mir zwar vorgenommen, dieselbe auf Peter-Paul aufzuführen, aber verflossenen Sonntaa ist alle Hoffnung verschwunden, ^ch b>'elt mit sehr guten Mmstkern eine Ouartettprobe: aber welche Sacken kamen da rum Vorschein und welche Sckwieriakeiteu entwickelten sich. 2Vo sind die Sänaer. die die M"esse singen und die Violinspieler, welcke selbe geigen? Wir haben uns zwar voraenommen, ans den Ebristtaa noch eine Probe mit dem ganzen Orchester ru halten fällt dieselbe wieder so erbärmlich ans, nun dann ist alle Hoffnung aufgegeben. Teilen Sie mir bitte Ihre Ansicht über die (Nesse und besonders deren größten Schwierigkeiten mit." Und trotzdem ist die Aufführung am 29. Juni 1830 in Warnsdorf gelungen. Zeugt dieser Brief von dem hohen Ansehen, das Klauß in (Nusikerkreisen genoß, so beweist sein Mitwirken nicht minder sein hohes Können. Seine Tochter berichtet in ihrem Tagebuch vom Besuch der Aufführung in (Warnsdorf als etwas Selbstverständlichem und nicht Außergewöhnlichem. Sie bemerkt lediglich: ..Am 28. Juni früh ging mein Vater nach Warnsdorf, wo die größte Messe von Beethoven aufgeführt wurde und auch die größte überhaupt." Vinzenz Richter hatte von Klauß'es Können eine so hohe (Neinung, daß er seinen Sohn zu ihm schickte, damit er die „theoretischen als praktischen Kenntnisse sowohl von Wissen schaftlichem als der Mmsik erwerbe. Wie großes Interesse Klauß für die Königin der Instru mente hatte, geht aus folgenden Angaben Finks in der All gemeinen Musikzeitung hervor: „Die Dispositionen von bei nahe 370 Orgeln, die Erbauer und Baukosten von nnaefällr 1130 Orgelwerken in und außer Deutschland waren ihm be kannt, und 133 derselben hatte er selbst gespielt." Sein (Cfarrer, der Chronist Schönfelder, berichtet gar von 1300 Orgeln, von denen er 500 gespielt habe. Klauß ist aber auch als Komponist hervorgetreten und „er warb sich weit über seine Gegend hinaus einen geachteten Namen in der Musikwelt, trotzdem von seinen zahlreichen Kompositionen, bestehend in Kirchensachen aller Art, Sonaten und Variationen für Klavier, Liedern und Gesänaen, Orgel präludien, Duos und Trios für Hörner, einem Hornkonzert, Polonaisen, Marschen usw. nur wenig im Druck erschienen ist." (Musikalisches Conversationslerikon von (Nendcl 1876.) Seine Werke zählt G. W. Fink 1835 in der Zeitschrift „Allgemeine Musikalische Zeitung" folgendermaßen ans: „Für die Kirche hat er in Musik gesetzt: 2 Regina coeli, 4 Salve regina, 1 Alma Redemptoris (1804). 4 Ave maris stella, 1 Veni sancte spirituö (1804), 6 Offertorien, 1 Arie in (Eanto-Solo 1804), 2 Messen, 2 Missae pro defunctis in Es (1804), in O (1807), 1 Requiem (kk-moll), 14 Psalmen, 2 Magmfikat (Teile einer großen und einer kleinen Vesper; d. Vers.), Stationes latini idiomatis, 4 Cantate per sla festa della Santissima Eucaritia (1805), 42 Grablieder (35 der selben mit Instrumentalbegleitung), 5 Lieder, 1 Trauermo tette (1829), 7 Kopulationslieder, 1 Sanctus et Pleni (1831), Panae linana für 4 Stimmen (nach der gewöhnlichen Mel., 1805), Responsoria 6 stimmig (nach Langer). Ferner einige Praeambula für die Orgel und Trietto pour 1 Orgue et Cor in Es. Kammerstücke für Gesang: 1 Kantate, 2 Kantatinen, 1 Canzonetta mit Chor (1809), 1 Operette (1810). Für Instrumente: Variationen für das Klavier, Sonatine fürs Klavier, 10 Handstücke für das Klavier, Notturno p. Cor, Violino, Viola e Basso in 6-moll, Duos und Trios für Horn, ein Konzert für das Horn in 8, 8 Märsche und 12 Polo naisen, auch mehrere Aufzüge und Jntradcn." Dazu kommen noch verschiedene Bearbeitungen von Wer ken Beethovens und Bachs. So hatte er z. B. eine Fuge für vier Hände eingerichtet, die er mit seiner Tochter Klara ans mehreren Orgeln vortrug. Seine Kompositionen sind Kinder seiner Zeit. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, daß nur noch spärliche Reste bis auf unsere Zeit gekommen sind. Die meisten (Werke erforderten ein großes Orchester und gute Solisten. Da beide Voraus setzungen aber oft fehlten, konnten die Kompositionen nur