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so O^ei-Iausitzer ^eimatreiturig k^Ic. 1 IN starke eßenbeschlagene Kisten gepackt und mit dem großen Planwagen aus die näheren und weiteren (Märkte, nach Zit tau, Bautzen, ja bis Dresden und Leipzig gefahren. (Wieder andere nahmen den Fellranzen aus den Rücken und wanderten von Ort zu Ort, um ihre (Waren an den (Mann zu bringen. Interessant sind in einem Orte immer die originellen ONenschentypen. Zeder Ort hat seine bestimmten Größen. So zog bei uns ein (Manu^ Fiebiger mit Namen, einen grünen zweirädrigen Kastenwagen von Haus zu Haus, um seine (Waren auszuschreien und anzubieten. Noch heute kann man den Ausdruck hören: „Kerl, du schreist ja wie ein Fie biger." Ebenso bekannt war „Kastenkuntsche" mit seinem Kastm aus dem Rücken; für jung und alt hatte er etwas Paßendes darin. Zu erwähnen ist auch der Lumpenhändler Hartmann und der „alte Sander". Das im Dorfe bekannteste Original war wohl Olbrich- Hermann, aus dem alten Armenhause (heute im Besitze des Tischlermeisters Richter), sowie der Maler Münzet. Als Einsiedler in seinem mit vielen bunten Glassenstern verzierten Häuschen (433) lebend, baute er sich an der Berglehne, ehe man zur Achtungbrücke kommt, seine Welt. Windmühlen, Häuschen, Terrassen, Vasen, Figuren, Wasserräder, Türm chen, Blumen usw. zeugten von seiner Liebhaberei. Mut sei nem Tode erlosch die Buntheit und Sonderheit an der Berg lehne. Wenn man derer gedenkt, die am Ausbau und Ausstieg des Heimatortes irgendwie Anteil hatten, dann müßen wir auch der großen Familien gedenken, die es vor 30—40 Zäh ren in vielen Häusern gab. Die Namen Michel, Grünewald, Zeutsch, Bergmann, Müller, Franze, Praße, Richter, Berndt usw. geben Zeugnis von großen Verwandtschaften sm Orte. Durch die vielen gleichlautenden Familiennamen war es ganz natürlich, daß sich zur Unterscheidung sogen. Spitznamen bildeten. Wenn sie auch den Betreffenden oft unangenehm iu den Ohren klingen mochten, sie waren jedenfalls nicht bös gemeint. Da gab es einen Floß-Rothe, Sänger-Rothe, (Was- ser-Berndt, Berndts Andries, David Rothe war Rutedoaft, David Hennig — Hannchdoafk. Aus den Vornamen Gottlob und Christlieb entstand Lobl und Liebl, z. B. Franzelobl und Bäckeliebl oder auch Lobl- sosse. Man nahm auch den Zusatz unten, oben, lang, klein, groß usw. hinzu. Da hatten wir den Obersalzer, langen Malter, kleinen (Müller, auch eine große und kleine Frei schmiede kannten wir. Zm übrigen werden aber aus dem Lande die Spitznamen bleiben, sie sind da sozusagen bodenständig. Zm ganzen Orte wußte man kaum den rechten Namen für den „Pauldrucka, 'n Müllabäckn, 'n Blofärba, 'n polschn Waua oder 'n preischn Friedrich und de Zürgnhonne. Wie sich viele Namen seit Generationen bis heute erhalten haben, so sind andere, die man vor 30—40 Zähren noch nannte, heute aus dem Orte verschwunden, z. B. Poppelka, Bernhard, Glathe, Marx, Reimann, Ouaiser und andere. Ständig, wie das Ortöleben, wechselt auch das Namenmate rial durch Zuzug und Abgang. Eine Hauptbeschäftigung in unserm Orte war lange Zahre die Hausweberei. Es mag intereßant sein, sich einmal in einer Weberstnbe umzusehen. Einfache ungemalte Holz wände umschließen das Heim. Zn einer solchen Stube standen ein, zwei, drei ja bis vier Holzhandwebstühle. Meistens gab es nur einen Raum, Küche, Wohn- und Arbeitsraum waren eins. Nahe der Tür oder am Ofen war das unentbehrliche Topsbrett mit Tassen und Teller. An der Tür hing der „Seega". Hinter dem Ofen, im sogen. Höllewinkel, stand ein Kanapee und ein Schränkchen, dann noch ein Tisch mit 2—3 Stühlen, die ganze Stubeneinrichtung. Am Fenster hing der Vogelbauer mit Zeißig oder Kreuzschnabel, und auf dem Fensterbrett stand das Schlnttestöckel, ein Storchschnabel und das in keinem Hause fehlende Katzenkraut. (War die Stube sehr klein, dann wurde der Tisch, d. h. eine einfache Holzplatte mit umlegbarcm Fuße daran, an der Wand hochgeklappt, nm etwas mehr Platz zum Arbeiten zu haben; denn (Wirkstuhl, Spnlrad und (Windestock nahmen den meisten Platz im Zimmer ein. Aus der Ofenbank sitzend, wurde gespult und getrieben. Zm Korbe aus dem Kanapee schlief das Kind, während der Wirkestuhl sein lautes „Schickateschlackate" in der Stube ertönen ließ. Auf dem Ofenstängel hing das Handtuch oder Strümpfe und Schürzen zum Trocknen. (Während Vater und (Mutter wirkten, spulten und trieben die Kinder. Einfach wie die (Menschen und die (Wohnung war die Nahrung; (Wasser- und (Mehlsuppe, Kartoffeln mit Hering, böhmische und Faßbutter (eine Art Margarine) waren die Hauptnahrung. Daß mit einem Wochenverdienste von 6—8 RM. kein Wohlleben geführt werden konnte, ist wohl klar. Es war da her keine Seltenheit, wenn 5—6 Mann zu Mittag einen Hering hatten. Hcktungbrücke kSbereiork)