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Oie Kolilenlciiielei^sl^en von 8ei^ennersciort Von Apotheker K a r l M ä jetzt Gönnern Am Ostende von Seifhennersdorf liegen am Abhange des Warnsdorfer Spitzberges die Halden der vor etwa 70 Jah ren eingestellten Braunkohlenschächte. Diese Halden, von denen vier auf deutschem, zwei auf böhmischem Gebiet liegen, sind insofern bemerkenswert, als sie noch heute eine An zahl von Pflanze «-Abdrücken bergen, die in ihrer Art unter den bis jetzt aus dem sächsischen Tertiär bekannten Pflanzen eine besondere Stellung einnehmen. Vor 60 Jahren hat H. Engelhardt bereits eine wertvolle Arbeit über die sächsische Braunkohlen-Flora geliefert, in der er den Seif hennersdorfer Schichten ein umfangreiches Kapitel widmet, und in welcher er auf acht von fünfzehn Bildtafeln nur Seif hennersdorfer Funde abbildet. Schon diese Tatsache zeigt sie Reichhaltigkeit dieses Schiefers an Pflanzenresten, und es ist in der Tat erstaunlich, was hier schon alles gefunden worden ist. Im ganzen sind bis jetzt 63 verschiedene Pflanzen fest gestellt, die 28 Pflanzenfamilien angehören, von denen aller dings noch viele der Nachprüfung bedürfen. Einige von denen, die Engelhardt fand, waren zu der Zeit überhaupt noch nicht bekannt, er mußte sie erst sew^ benennen, und es ist vielleicht besonders hervorzuheben, daß er zwei davon nach dem Fundort benannt hat: Se.syennersdorfer Laichkraut (potamoZeton Zeil- llermersclorlensis) und Seifhennersdorfer Fruchtstein (Ssrpo liihes Zeistiennersclorsensjs). Ja, daß man sogar heute noch Pflanzenabdrücke finden kann, die aus den sächsischen tertiären Schichten noch nicht bekannt geworden sind, wurde mir klar, als ich ein Stück eines Schachtelhalmes s^quisetum) sand, wie es hier bis jetzt noch nicht gefunden worden ist. Im wesentlichen den Ausführungen Engelhardts folgend, will ich im Nachstehenden versuchen, über Art und Ent stehung der Seifhennersdorfer Brannkohlenschichten einiges zu erzählen, was von allgemeinem Interesse ist. (Wie die bisherigen Funde andeuten, war die Gegend von Seifhennersdorf in grauer Vorzeit eine zum Teil sumpfige üferbucht des böhmischen Binnenmeeres, welches das ganze böhmische Becken zur gleichen Zeit ausfüllte, in der auch die nordböhmische Braunkohle bei Bilin und Brüx entstanden ist. Die Seifhennersdorfer Ablagerungen haben also mit dein Zittauer Becken nichts zu tun, sondern gehören zum böhmischen Becken. Die Zittau—Hirschfelder Braunkohle stammt aus viel jüngerer Zeit (Oberes tMiozän), wie die gut erhaltene Holz struktur derselben zeigt. Die Entstehung der Seifhenners dorfer Kohle verlegt Engelhardt in das obere Oligozän, also wesentlich früher, da die Holzstruktnr bei dieser auch viel weniger gut erhalten ist. Reges Leben herrschte an den Gestaden dieses großen Süßwasser-Binnensees. Im Master tummelten sich Fische und Frösche sl^sns ^erisni, I^ana I^oeZZeralln) mit den Larven einer Köcherfliegenart (phr^Zaneen). Wasserpflanzen belebten die seichte Strandgegend, wie das schon genannte Seifhennersdorfer Laich kraut, dann Stachelhalme (kj.quisetum. I^quisetites), Sumps- zypreffen (l'sxoclium clulüum) und Saiiergräser (Osrex terlisris) standen am Ufer und bildeten den Übergang zu einem reichhaltigen tropischen Laubwald, in dem uns besonders Pflanzen auffallen, die heute in unserer Gegend nicht mehr wachsen, wie Zimtbaum (Oinnamomum Isnceolstum, E. Scheuchzerij, Ebenholzarten (Oiospiros). Cedern (lühoceclrus sslicornioifles), Olbäume (Oles bostemics) und der Urlorbeer (Naurus primigenis). Es gab jedoch dler, früher Seifhennersdorf, bei (Wiesbaden auch Bäume, von denen verwandte Arten noch heute bei uns wachsen, wie Hainbuchen (Osrpmus Zcsnciis), Ahorn (^cer irilcchstum. K. snZustilolsum). Biliner Walnußbaum (NZlans öuinics), verschieöene Arten von Eichen (Ouercus), mehrere (Weidenarten (^slix vsrisbulis, encinerves), eine Erle (^Inus Uetersleinii). mehrere Birken (Belulspcisca, 6>. mscropllMa) und vielleicht noch andre, die noch gar nicht erforscht sind. Da bei muß noch bemerkt werben, daß die genannten Pflanzen heute nirgends auf der Erbe mehr wachsen, sie sind im Laufe ver Jahrnrillionen, die darüber hingeflossen sind, sämtlich aus gestorben, nur verwandte Arten mancher Pflanzen wachsen heute noch teils bei uns, teils in anderen, meist tropischen Gegenden der Erde. Die Überreste dieser Pslanzen findet man in einem grau braunen Schiefergestein eingebettet, das schon deshalb die Aufmerksamkeit des Vorübergehenden auf sich lenkt, weil solches in unserer vorwiegend vulkanischen Gegend selten ist. Nicht zu verwechseln ist damit der graue Phonolith des Winv- mühlbcrges, der wegen seiner Spaltbarkeit im Volkömunde fälschlich auch „Schiefer" genannt wird. In unserem Falle handelt es sich um einen besonders weichen Schiefer, sogen. Diaromeenschiefer, da er aus den mikroskopijch tteinen Schalen abgestorbener Kieselalgen oder Diatomeen zusammengesetzt ist, bie in so ungeheuren (Mengen den See bevölkerten, daß ihre toten Schalen nach und nach seinen Boden mit einer dicken, alles andere zu Boden gesunkene (Material einhüllenden Echlannnschicht bedeckten. Durch den später darüber lastenden Gebirgsdruck wurde der Schlamm zu Schiefer gepreßt. Nach seiner Verwendung wird er auch „Polierschicfer" genannt, beim der gebrannte und der gepulverte Stein ist ein ausge zeichnetes Poliermittel für (Metalle. Im Laufe der Zeit wird das pflanzliche (Wachstum immer weiter in den See vorgedrungen sein, so daß es später über dem Polierschiefer zur Bildung eines Braunkohlenflözes kam. Durch späteres (Wiederansteigen des Wassers konnte sich auch über demselben wieder Polierschiefer bilden. Einmal wirs dann dieses ganze üppige Wachstum ein jähes Ende gefunden haben, als sich unsere Berge aus Phonolith und Basalt auf türmten. Vulkanische Asche regnete es auf die grünen (Wäl der, diese gerieten in Branb, bis heißer Schlamm und glühende Lavaströme alles unter sich bedeckten und den Boden schufm für eine neue Welt. Die Hitze von Lava-Strömen reicht bis in beträchtliche Tiefen hinab und so kam es, daß auch die be reits in Bildung begriffene Braunkohle stark verändert wurde. Sie wurde in hohem Grade entgast („geschwelt"), und heute findet man pechschwarze Stücke mit anthrazitähnlichem Glanz, wie sie in Braunkohlenlagern eine große Seltenheit darstellm dürften. In dem den Polierschiefer überlagernden braunen und grünen Letten findet man häufig Holzkohlereste (Fuflt), die sehr wohl von Bränden bei vulkanischen Ausbrüchen her rühren können. Dem Biologen fällt an manchem der gefundenen Blatt abdrücke eine Tatsache auf, und das ist die bei einzelnen Arten lang auögezogene Blaktspitze. (Man findet solche lange Blatt spitzen auch heute an vielen tropischen Gewächsen und bezeich net sie als Träufelspitzen. Sie haben den Zweck, die sich aus dem warmen Dunst auf den Blättern ausscheidenden (Wasser tropfen zu sammeln und abträufeln zu lassen. Man kann da-