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^ur 6elc^iclite cles §ei^ennek§c!ok^ek ^luk^ilcles (mit eine»' s!ut!<stte) Von Johannes Richter, Seifhennersdorf Wenn vor 4000 Jahren der einsame Wanderer vom wendischen Dörfchen Zittau über den ebenfalls wendischen Rundling Hörnitz dem oberen JNandautale zustrebte, so mag ihn hinter den letzten Hörnitzer Meldern ein getretener Pfad in eine dichte II r w a l d w i l d n i s geführt haben. Der Pfad ging an der Koitsche vorüber mW senkte sich wieder lang sam zur Mandan. An der „Queitsche" ^), wo heute sie OrtSgrenzen von Hainewalde und Großschönau zusammen treffen, wird der Wanderer eine wendische Jägerhütte ange troffen haben. Dem Marsche im Tale weiter aufwärts be reiteten W>ald, Dickicht und sumpfiges Auenland unüberwirw- bare Schwierigkeiten, Nur mit Hilfe des ortskundigen Jägers war es möglich, auf Schleichwegen dorthin zu gelangen, wo sich Quetsche (426 m, Harthau (Harthe) und Gerbse (kleines Bächlein auf Hufe 49, Name verschwunden) auf nachmalig Seifhennersdorfer Flur befanden. Und wenn es dem Wan derer wirklich gelang, vom Felsen der Quetsche aus einen Überblick über das Land zu gewinnen, so sah er doch nur eine ununterbrochene Decke grüner Baumgipfel. Ihn selbst werd-m Birken und Buchen, Fichten und Tannen im bunten Wechsel umgeben haben, auf anderen Höhen gediehen Lärchen, Eichen und Ebereschen, an den langgedehnten Abhängen Linden, die Auen waren mit Eichen, lWeiden und Erlen zugedeckt, ein Stück urwüchsiger Natur, ein Niemandsland. Doch fast zu gleicher Zeit unterliegen draußen am Nord- rande des strllen und weiten Waldes die Wenden im Ver zweiflungskampfe, ein fremder König (Heinrich I.) hat sie unterjocht, er erklärt das nördliche Tiefland und auch den Ge birgswald für sein Eigentum. Seitdem gehört unsere Hcim:t in den Verband des „Deutschen Reiches". Nach langen, w:i- teren Kämpfen müssen auch die Wenden in den letzten WnldeS- schlupfwinkeln dem Markgrasen und dem Bischof in Meißen Zins und Zehnt zahlen. Der Wmld ist noch immer unver ändert, als unsere Heimat im Jahre 4076 zu Böhmen ge schlagen wird. Nun erst regt es sich langsam im unermeßlich,n Markwalde. Die einzelnen Talmulden werden zu Herrschaften zusammengefaßt, die gegenseitig wiederum durch die Rand höhen voneinander abgegrenzt werden. Der ganze Lauf der Mandan vom Wwlfsberge bis nach Hainewalde und der ihrer Nebenflüße bilden die Herrschaft S ch ö n b u ch ?), ein wohlabgerundetes Gebiet zwischen Jüttelsberg, Koitsche, Lausche und den unzugänglichen Gründen des Elbsandsteingebirges; erst später wird die Herrschaft Tollenstein davon abgetrennt. Wer die Herrschaft Schönbuch (davon abgeleitet Schönbüchel) erhielt, wissen wir nicht. Jedenfalls konnten die Besitzer nichts mit dem Wckldlande anfangen. Ilm so mehr werden sie auf gehorcht haben, als sie vernahmen, daß es in den Nachbar ländern (Schlesien) deutsche Ansiedler aus dem Westen fertig brachten, dem llrwaldriesen an den Leib zu rücken ?). Auch die Schonbucher Herren werden sich um solche tüchtige Leute bemüht haben. llnd nun setzt für unsere Heimat ein großes, gewaltiges JDerk ein. Der lWald wird in einzelne Ortöfluren eingeteilt. Vielleicht hat der Grundherr auf dem Warnsdorfer Spitze berge gestanden und von hier oben ans die Grenzen der Ort schaften Leutersdorf, Seifhennersdorf, TLarnsdorf, Groß schönau und Hainewalde, die den Berg im Dreiviertelkreise kranzförmig umschließen, bestimmt. Dann kamen die Ansied ler, angeführt von einem Lokator, der die mutige Schar in Franken, Bayerns) und Thüringen zusammengetrommelt hatte, der des Weges und der hiesigen Gegend kundig war, unv der den Grundherren kannte, wahrscheinlich hieß er Hein rich. Vorher hatte er bereits das Land ausgemessen und — wie es überall geschah — in Walöhnfen zerlegt, das Gruno- maß der Huse war ihm sicherlich vorgeschrieben worden. Jetzt verteilte er die Hufen an die Siedler, die sich mit freudigem Eifer an die Rodung des Wckldes machten, gutes V^erkzeug hatten sie aus der Heimat mitgebracht, bald standen die ersten Block häuser über dem Mmndautale und schon durchfurchte der eiserne Pflug den jungfräulichen Boden. Am Ende des i 3. Jahrhunderts ist das Land zum größten Teile mit Waid hufen bedeckt?). Welche unendlichen Kräfte schlummerten in diesem Wmldlande! Sie wurden geweckt, seitdem die frän kische Waldhufe die mächtigen Wälder erobert hatte. Auf ihr pulsierte ein frischer, kräftiger Strom jungen, unternehmungs lustigen Deutschtums, wahrlich die besten Kräfte der alten Heimat! Die beigegebene Karte Z zeigt uns nun, in welcher lWehe unser Qrt aufgeteilt wurde. Auf dem Auenrand der Mnndan schritt der Lokator die Breite der Hufen ab, dann lief er nut Schritten oder mit Bandmaß messend durch den Wald bis an die bereits umschriktene und abgesteckte Flurgrenze"); so teilte er zunächst die Schöuborner (Waldseitc) und die Neu gersdorfer Seite (Kirchseite) auf. Es entstand ein zweireihiges Dorf, die beiden Flurblöcke liegen sich gegenüber, durch die Mandauaue voneinander getrennt. Solche zweireihige Dörfer bilden die Normalanlage. Die Vermessungsgrundlage für den Seifner Block bildete der linke Auenrand des Seifenwassers (— Leutersdorfer Bach) und eines kurzen Stückes der unteren Ntandau. Hier entstand nur eine einreihige Dorfanlage. So besteht unser Qrt aus zwei verschiedenen Anlagen: ein zweireihiges Dorf (Wald- und Kirchseite), Hennersdorf, Niederhennersdorf, und ein einreihiges Dorf, der Seifen. Daß der Seifen und Niederhennersdorf tatsächlich einmal getrennt waren, beweisen die beiden gleichzeitigen Besitzer unseres Ortes. Von 4357 bis 4437 werden die Herren von Maxen ans Großschönau und ein Enderlein von Smoyn als Patronats herren der hiesigen Kirche genannt, sie sind Besitzer des zwei reihigen Niederhennersdorf; 4402 werden die Niedergerichcc im einreihigen Seifen dem Edlen Mlenzel von Donyn über geben und 4405 von dem edlen Herrn Berken vom Hohnstein an die Brüder Benedikt und Wenzel von der Dben verkauft H. Da sich der Lokator seine Hufe (Nr. 45) im Seifner Block ausgesucht hatte, er und sein Nachfolger das Dorfgericht innehatten, war der Seifen Gerichtsstand für Niederhenners dorf („die Gerichte im Seifen zu Hennersdorf" 4405 '). Schon vor 4396 unterstand das Seifner Gericht dem Land gericht in Zittau?), gehörte also zur nachmaligen Lausitz; es zog auch Niederhennersdorf mit ins ^Weichbild Zittau hin über. Welche Folgen dieser Vorgang hatte, sehe» wir an der gegenwärtigen Staatszugehörigkeit von Qberhennersdorf und Seifhennersdorf. Diese Sonderstellung hat dem Namen „Seifen" bis auf den heutigen Tag eine gewisse Selbständig keit bewahrt: 4584 „Niederhennersdorf sammt den Seifen" Z, heute „Seif"-Hennersdorf.