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lio O^ei-isu5itzef^eimstreitutig Oie §tsdt I^smenr (§sc^Ien) Anläßlich der bevorstehenden Sternwanderung der Lusatia- Vereine sowie der Gebirgsvereine der Sächsischen Schweiz und des Osterzgebirges bin ich gebeten worden, einiges von der Stadt Kamenz zu schreiben, die zu leiten ich die Ehre und Freude habe. Ich entspreche gern der Bitte, weil ich weiß, daß es jeder, der eine Stadt besucht, dankbarst begrüßt, wenn er vor dem Besuche aus diese oder jene Sehenswürdigkeit hia- gewiesen wird. Kamenz, eine ehemals revidierte Stadt mit etwa 42 000 Einwohnern, liegt als Einsallstor zur TLendei in etwa 200 Mieter Höhe im nordöstlichen Teile von Sachsen an der Schwarzen Elster. Die Stadt wurde im Jahre 1225 gegründet. Mit den Städten Bautzen, Zittau, Löbau, Görlitz und Lauban bildete ste im Mittelalter den Jahrhunderte bestehenden Sechs- städtebund. In dieser Zeit nahm Kamenz einen großen Auf schwung. Noch heute erinnern manche schönen Baudenkmäler an die Zeit des Bundes, so die gotische Hauptkirche St. Ma rien mit ihrem Barockturm als dem Wahrzeichen der Stadt, die herrliche Wendische oder Klosterkirche mit ihrem eigenarti gen Giebel und andere. Mcknche verheerenden Brände machten die Stadt dem Erdboden gleich. Der letzte große Brand war im Jahre 4842, dem leider auch das Geburtshaus des großen Dichters und Denkers Gotthold Ephraim Lessing zum Opfer siel. !Weit über die Grenzen der Stadt, ja sogar weit über die Grenzen des engeren Heimatlandes hinaus, sind Weiße's Gärt nereien mit den seltensten Pflanzen bekannt und die prächtigen Anlagen des nahegelegenen Hutberges mit seinen herrlichen Blaufichten, Azaleen und Rhododendren. Nicht mit Unrecht erklärte einmal ein Pressevertreter: „Der betörende Dust der Azaleenblüten, die in märchen hafter Farbenglut aus dem !Waldesdämmer flammen und den ganzen Berg überfluten, ist unbeschreiblich, man glaubt sich in Klingsors Zaubergarten versetzt." Vom Hutberg aus haben wir einen weiten Blick in die Wendei und nach der anderen Seite hin aus das Senftenberger Kohlenrevier und aus die weit bekannten Deutschbaselitzer Tei che. Im bunten Spiel wechseln steh Tal und Berg und Wald und Fluren ab. Kamenz ist eine rege Industriestadt. Die verschiedensachsten Industriezweige sind vertreten, so mehrere Töpfereien und Ofen fabriken, die zum größten Teil Ton aus den zahlreichen, in der Nähe gelegenem Gruben beziehen, eine große Zahl Tuch fabriken, die wegen ihres guten Rufes weit und breit bekannt stnd, manche gewaltigen Steinbrüche, die Granit, Grünstein und die als Straßenschotter begehrte Grauwacke zutage fördern. Daneben ist noch eine Glashütte größeren Umfanges und eine Maschinenfabrik vorhanden. Mehrere kleinere Betriebe schlie ßen das Bild. Nicht unerwähnt bleibe der im Kriege herge stellte Kamenzer Flugplatz, der gewiß bei manchem Flieger heute noch in angenehmer Erinnerung stehen wird. Die mannig- sachen Verkehrsverbindungen sorgen für ein reges Leben in de>. Stadt. Eisenbahnlinien: Dresden—Kamenz—Lübbenau—Ber lin, Kamenz—Pirna, Kamenz—Bischofswerda. Autolinien: Kamenz—Bautzen, Kamenz—Ossling, Kamenz—Schmöckwitz —Bad M"arienborn—Crostwitz—Panschwitz, Kamenz—Kö nigsbrück—Dresden. Zudem ist Kamenz die Bezirksstadt des Bezirks der Amtshauptmannschaft Kamenz und Sitz zahlrei cher Behörden, so der Amtshanptmannschast, des Amtsgerichts, des Finanzamts, des Zollamts, der Post, der Reichsbahn, der Superintendentur, des Gruppenstabes des Freiwilligen Ar beitsdienstes. Für die Bildung der Jugend sorgen ein Reform realgymnasium, eine Handels-, Landwirtschaftliche, Tuchmacher- fach- und eine Berufsschule sowie eine Allgemeine und eine katholische Volksschule. Sehenswert find weiterhin das Stadttheater und das Les- fmghaus, dessen Grundstein am 22. Januar 4020" der 200. Wiederkehr des Geburtstages Gotthold Ephraim Lessing, ge legt wurde und das neben Archiv und einem Lessingmuseum eine umfangreiche Volksbücherei unterhält. Bemerkt sei noch, daß alljährlich in der Bartholomäus- woche von allen Teilen der Bevölkerung das weit und breit be kannte Forstfest gefeiert wird, zu dem aus weiter Ferne alte Kamenzer und Fremde Herbeiellen. — Ein Fest, an dem jeder Kamenzer, ob jung oder alt, mit ganzem Herzen hängt. Am 40. März 4034 erfolgte auf unserem Hutberge der erste Spatenstich zum ersten sächsischen Thingplatz. Er wurde durch Herrn Reichsstatthalter Mutschmann ausgeführt. Das Gelände dürste für einen Thingplatz und für alle Veranstal tungen, die dort abgehalten werden sollen, recht geeignet sein. Er wird durch ein monumentales Ehrenmal, das die Stadt Kamenz zu Ehren ihrer im Weltkriege gefallenen Väter und Söhne errichtet, eine würdige Krönung erfahren. Thingplay und Ehrenmal sind zurzeit in Arbeit. Nicht weniger als 350 bis 400 Angehörige des Freiwilligen Arbeitsdienstes werden au der Baustelle täglich beschäftigt. Im Sommer ds. Js. soll alles fertiggestellt sein. Es sei genug von Kamenz erzählt. Komme ein jeder und prüfe, ob alles, was ich berichtet habe, der Wahrheit ent spricht. Schon heute grüße ich alle, die zur Sternwanderung von nah und fern zu uns kommen, mit einem „H erzlich W i l l k o m in e n !" Heil Hitler! Dr. Gebauer, Bürgermeister. (smeni in der „Beschreibung des Königreichs Sachsen von Dr?Leo, 4853" Camenz ist eine alte, bereits im 7. Jahrhundert begründete Stadt, welche namentlich seit dem letzten großen Brande .'in recht stattliches Ansehen erhalten hat. Es war am 4. August 4842, als abends 40sH Uhr der Ruf „Feuer" die Bewohner erschreckte, welche größtenteils schon der Ruhe der Nacht sich hingegeben hatten. Das Feuer kam in einem baufälligen, lcichtgebautcn Hause heraus und ergriff sehr bald das Diako nat, Lessings Geburtshaus. Von hier aus trieb der Wind die Flammen nach dem nordöstlichen Theile der Stadt, und nach einigen Stunden lagen 500 Häuser in Asche. Von der ganzen Stadt blieben nur etwa 400 Häuser, und unter diesen zum Glück die Hauptkirche und das Lessing-Stift, stehen. Die massivsten, von hiesigem Granitstein erbauten Gebäude waren nicht im Stande, den Flammen zu widerstehen. Das alte, ehrwürdige Rathaus, die wendische Kirche, die katholische Spi- talkirche, die Schule, Apotheke, die Mühlen, die Post, die schönsten neuen Häuser, an denen diese Stadt sich so sehr be reichert hatte, wurden vernichtet. Als der Thurm des Rat hauses mit der Seigerschelle herabstürzte, war der Schrecken