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106 Oke? a u s i tz e c l-I'eimatreitubß würde er lächeln, weil ja an dem Stein gar nichts Besonderes, Aufhebenswertes war; aber er würde sich doch freuen, und das war uns ja auch die Hauptsache: wir wollten unserm Heinke eine Freude machen. And so war es eigentlich immer auf meinen Wanderungen: es wird wohl keine ge wesen sein, auf der nicht der Name Heinke aus gesprochen oder doch gedacht wurde. And so war es auch nicht nur bei mir, sondern bei vielen, vielen Menschen aller Stände, jeden Berufes und jeden Alters in diesem schönen Grenzland: sie alle kannten ihn, sie alle liebten ihn; ihnen allen hatte er etwas gegeben, üe alle erfreut, und sie alle wollten ihm wieder geben, und wenn es noch so bescheiden war, sich ihm aufmerksam zeigen, ihm eine Freude machen. — ")a und nun liegt der Stein auf meinem Tisch: der Weg zu ihm, dem er den heimatlichen Gruß bringen sollte, ist jäh abgebro chen : unser Heinkei st tot; wir sollen ihn nicht Wiedersehen. Noch am Abend brachte der Freund die Schreckensnachricht, die ihm die tapfere Gefährtin in kargen Worten gesandt hatte: „Kurt tödlich verunglückt!" —Nnd trotz dec Erschütterung wird uns wohl nicht ganz klar und deutlich, was eigentlich geschehen ist. Das Gespräch wechselt, geht hin und her und kehrt doch immer wieder zu einem dunklen Etwas, zu einem Unfaßbaren zu rück. Wir kommen zu keinem Ergebnis und mit einer bangen Frage, mit vielen unausgesprochenen Fragen müssen wir uns trennen, um das Rätsel volle mit hinüber zu nehmen in den nächtlichen Schlaf, wo es im wandelndsnTraum weiter wirkt.— Auch die nächsten Tage bringen noch keine Klarheit: ach nein, die Klarheit ist ja da, wir wol len sie nur nicht glauben, niemand vermag sie zu fassen. Denn schnell hat sich die Trauerkunde in der Stadt verbreitet; die Bekannten bleiben stehen; fester und länger fassen sich die Hände und immer wieder klingen einem Zweifel und Frage entgegen: ist es denn nur möglich? Was soll nun werden? Er hatte ja noch so viel vor mit seinem Museum und all dem vielen, vielen anderen, das von ihm und durch ihn lebte. Nnd eines wird nun dank bar empfunden: in seiner ungeheuren Vielseitigkeit und schier grenzenlosen Arbeit für Wissenschaft und Heimat hatte er allerdings nicht die Seit ge funden und den Augenblick erhascht, auch äußerlich den Anschluß an die Zeitereignisse zu vollziehen; aber die maßgebende Stolle des Landes kannte seine einzigartige Bedeutung viel zu gut, als daß sie sich hätte bewegen lassen, sich an solcher Äußer lichkeit zu stoßen, und so übertrug man ihm auch und erst recht im neueo Tieich die Führung all der Heimatvereine und Organisationen, die er in den traurigen Zeiten des Niedergangs vor der Auf lösung bewahrt Hatto und trotz dor Schwere der Zeit kraftvoll zusammonfaßto und zu neuer Ent faltung und Blüte führte, sodaß gerade diese Ver bände ohne ihn nicht zu denken wären und recht eigentlich sein Werk sind, genau so, wie er das herrliche Heimatmuseum aus dem Nichts heraus schuf und entwickelte, unterstützt von einfachsten Volksgenossen und vor allem von der fugend, die ihm mit Hammer, Hacke und Schaufel halfen und buchstäblich die Bausteine herbeitrugen. So wur zelt er mit allen Fasern, mit allen seinen Kräften Leibes und der Seels in der Heimat und der Volks gemeinschaft, ein teilnehmendes und zugleich schaf fendes Glied, beispiellos und unerreicht in seiner lebendigen Wirkung und ein Volksführer in des Wortes tiefster Bedeutung. Aus diesem Wurzel boden der Volksgemeinschaft und der Heimat strahl ten nun seine Kräfte hinaus in die unbegrenzten Weiten der Wissenschaft und der Forschung, sowie sein geistiges und körperliches Auge über die ganze Erde und tief in das Universum drang und sein Schritt weite Länder und ganze Erdteile erwan derte. Wenn von je einem unter den Schaffenden und Lehrenden, so gilt von ihm: er war ein universaler Mensch!— Er war?? Heinke tot?? All dies soll nun vorüber, zu Ende sein, weil ein dunkles Geschick seinen irdischen Weg, sein körperliches Wandern jäh abbrach? — Ach nein, die inneren Stimmen melden sich nur noch lauter, die Guellen springen noch stärker, nun, da alle Zufälligkeiten und Trübungen einer vermeint lichen realen Welt verblassen und versinken, und unbeschwert, in höchster Kraft und Lebendigkeit, erhebt sich sein Bild, sein reines, vollendetes Wesen vor unseren leidvollen, staunenden Blicken und spricht zu uns eine Sprache, die nie verstummen und überhört werden kann, solange dieses schöne Land besteht und von fühlenden Menschen geliebt wird. Er, der das Zauberwort besaß, die Steine reden zu lassen, sollte unser Inneres jo verhärtet finden, daß wir auch nur einen Augenblick ver zweifelnd glauben könnten, unser Heinke sei tot?! Nein und tausend Mal nein: Dr. Lurt Heinke, unserlieberHeinkelebt, ist lebendiger als je, als Äufer. als Verpflichtung und Forderung an uns, die Alten, sein Werk zu hüten und zu wahren, und an die jungen, in sein Werk hineinzuwachsen,es zu tragenundhinein- zuwirken in Volk und Heimat w i e er. Paul Siegel.