Volltext Seite (XML)
der Kinder einer ganzen Schulklasse mit der Inschrift: „Aus Dankbarkeit und Liebe", einer scheidenden Lehrerin gewidmet. Auf den kleinen angehefteten zierlichen Zetteln stehen die Namen all der Kinder. Alles das ruft das Entzücken jeder weiblichen Museums besucherin hervor. Doch nicht nur in den Chorhäusern wurde fleißig gearbeitet, ebenso auch in den Werkstätten und Geschä.'- ren, deren Zahl im Laufe der Zeit immer größer wurde. Betriebe, die inzwischen wieder eingegangen sind, waren z. B. die der Messerschmiede, welchen Beruf die ersten mäh rischen Einwanderer, die Gebrüder Neißer, ausübten. Ihr Fabrikzeichen war ein Kleeblatt. Die Söhne führten das Ge schäft weiter, bis 1837 der letzte Neißer starb. Die Lagerbs- stände gingen an den Optiker und Mechaniker Sesting über. Er war ein überaus sorgfältiger Arbeiter und verfertigte Fern rohre, Barometer, Federmesser, Brillengläser; letztere schliff er selbst. Der Augenarzt Dr. Just in Zittau bevorzugte diese Gläser, da sie sich dem Bedürfnis der Augen gut anpaßten. Auch die Objektive für die Fernrohre stellte er selbst her und lieferte sie für die Missionare. Einen Erdmesser verfertigte er für London. Ein großes Himmelsfernrohr und eine Dampf maschine galten als Besonderheiten seiner Zeit. Ein anderer weitbekannter Betrieb war die Drechslerei von Beyer. Was sind da für nette Gegenstände hergcstellt worden! Im Museum und in vielen Familien finden sich noch Garn wickeln mit elfenbeinernen Stäbchen, Hut- und Haubenständer, Slick »om »engltbeeg nack Hottmoe Knäuelkörbchcn usw. Auch wurden Bilder hergestellt vön Vögeln, deren ganzer Körper mit Vogelfedern beklebt war. Diese können kauni anderswo angefertigt sein, als in Herrnhut, denn die Federn stammen von Vögeln her, die es hierzulande nicht gibt, sondern nur von Missionaren aus fernen Erdteilen mitgebracht sein können. 1003 starb hier Professor Nkartin Eugen Beck. Gelernt hatte er die Töpferei. Von seiner Künstlerhand befinden sich im Altcrtumsmuseum ein schönes Relief: Christus mit der Dornenkrone und andere Stücke. Später wandte er sich der Paramentik zu, in der er Großes leistete, so daß ihm der Pro fessortitel verliehen wurde. König Johann von Sachsen bekam zu seiner goldenen Hochzeit einen von ihm entworfenen mehr- gliedrigen Bettschirm, der in bunten Stoffen eine wendische Bauernhochzeit darstellt. Eine besondere Spezialität waren die von der 1818 ge gründeten Firma H. I. Gregor hergestellten Lackwaren. Ihre Fabrikate standen auf einer beachtlichen, künstlerischen Höhe. Auf lackierten Teebrettcrn, Zucker- und Tabakdosen befanden sich handgemalte Ansichten von verschiedenen Gebäuden Herrn- buts und anderen Brüdergemeinorken. Im UnitätSarchiv, im Altertumsmuseum, in den (Museen von Bautzen und Görlitz finden sich noch solche Teebretter und andere Lackgegenstände. Der von Heinrich Immanuel Gregor nach eigenem Rezept bergestellte Lack zeichnete sich durch besondere Schönheit und Dauerhaftigkeit aus. Kein (Wunder, daß diese Fabrikate heute m einem beliebten Sammelobjekt geworden stnd. Allmählich erlosch indes die Nachfrage nach derartigen Blechwaren, da sic aus der (Mode kamen, und Gregor wandte sich daraufhin der Lithographie zu. Ein weiteres Geschäft, dessen Ruf noch heute weit über Herrnhut hinaus bekannt ist, ist die alte, 1838 von Gusto - Burkhardt gegründete Goldschnüedefirma. Eng verbunden mir Herrnhuts Geschichte, aufgebaut auf den herrnhutischen Grund sätzen, ist sie aus der alten Brüderhaus-Goldschmiede heraus gewachsen, in der sich auch der Gründer seine ersten Kenntnisse erwarb. Eine Menge der schönen silbernen Bauernhalsketten mit den großen Schlössern und silberne Eßbestecke sind ans der Burkhardtschen Werkstatt hervorgegangen. In vielen Lausitzer Familien gibt es noch Schmuckstücke und Löffel, die den Namen Burkhardt tragen, und die Herrnhuter Solidität durch Jahr zehnte hindurch bewiesen haben. Auck die heutigen geschmack vollen Neu- und Umarbeitungen schätzt ein weit ausgedehnter Kundenkreis und der fast 100jährige Ruf wird auch in Zukunft das Unternehmen weiterblühen lassen. WA Herrnhut besucht, wird nicht an den besonderen Süßigkeiten, die die hiesigen Bäckereien seit alter Zeit Her stellen,- achtlos vorüberqehen: Schnittkuchen, Liebesmahlbrodel, gerührte Herzen (früher bei Verlobnngsfeiern üblich), Schwätz chen, Gnadauer Brcwln und Onittenbrok haben an ihrer Be liebtheit nichts eingebüßt. In der Missions-Agentur findet man Geschenkartikel selte ner Art: Messingschalen n. ä. aus Ostindien, Samenarbeiten wie Untersetzer u. a. aus Westindien, praktische Flechtarbeiten