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HP. 5 Olretlausitzerl-leimstreitung gy 6Isni c!e^ 5tsc!t Bon M ax Zeibig, Bautzen Einmal ging ich den T8eg um die alte Stadt. Es war Herbst. Die Wolken standen grau, finster, drohend am Him mel. Das ganze Land war wie tot, die leeren Felder, die ver grämten Wiesen, Dorf und Stadt und die Stimmen über der Heimat. Nur ein Rabenschrei ertönt wie ein Ruf voller Angst und Pein. Alles ivar wie erstorben. Mckuern, Tore und Türme starrten stumpf und fahl. Die Fenster schienen hohl und blind. Es war keine Freude in den Dingen und Bvesen. Ich selbst fühlte die Trostlosigkeit des Tages, verbittert fast, sah gleich sam die Schlangen der Scheelsucht und die Ratten des Gei fers ans trüben Gossen kriechen. Dann fiel ein schwerer Regen. Das war wie Erlösung und trieb mich heim. Gestern bin ich denselben Wieg gegangen. Es war ein Tag, der die Welt in lauter Licht und Güte tauchte. Er hatte jene verlockende Mälde, die unsere Gefühle verwirren kann, wie ein Tag im Mai. In den Anlagen, die wie ein grüner Gürtel um den Ring dev alten Stadt gelegt sind, ergaben sich die '^Menschen ganz der Lust der Stunde. Junge INütter trium phierten mir ihren Erstgeborenen. Alles, was wandelte, Ar beitsleute, Bürger, Beamte, Jugend, Alter, hatte Zeit für Frühling und Sonne. Ein Stiesmütterchenbeet, der blaßrote, herzwilde Johannisbeerstrauch, die Forsythien, die wie goldene Borten über den Gartengeländern und Toren hängen, eine in Weißglut flammende Birke, die bunten prangenden Gärten, das Lied aus Kindermund und Bogelherz, es sand alles seine Bewunderer und den Mltgesang in glückgewillten Seelen — aber es war doch nicht das Bedeutende des Tages. Bon jenem Berg, der selsgegründet der alten Stadt gegen- überliegt und über dem die Kirschblüte sehr zaghaft fühlend ei st, dann aber jubelnd und den grünen Hang überschäumenv, aufbricht, sah ich hinüber zu dem Dom. Es wird immer ein unvergleichliches Bild bleiben, wie diese Kirche mit dem riesen haften Dach machtvoll zur Höhe strebt und das sarbenbunte Gewirr der Giebel und Dächer der großen und kleinen Häus-r, der Gärten und Terrassen zu sich hinauszwingt. Wblche Ein heit im großen! Ilnd wieviel Wechsel und Reichhaltigkeit vor Gliederung dabei! Prächtig dekorativ die golvenen Vertikalen zweier Pappeln davor. Wuchtig das mittelalterliche Tor, dar an der grinsende Verräterkopf klebt. Großartig die steingefügte Burg, und fast festlich dort, wo sie init feinziselierten Renais- sancegiebeln prahlt. Wms diese heroischen Gebäude bildhaft an geschichtlichem Denken Hervorrufen, verstärkt sich unter dem Eindruck der Ruine, die in ihren zerfallenen Mauern, Bögen und Gewölben den Frieden der Gräber und Kreuze birgt. Man kann den !Weg gehen, so oft man will, man wird doch immer wieder in den ernsten Gedankenkreis dieses seltsamen Berg friedhofes hineingezwnngen, mehr noch, als drüben auf dem dritten Berg jenes tröstliche Totenkirchlein — um das zu Ostern Helle Kinderlust lebendig ist — als Sinnbild der schönen Uhlandverse steht. Es war gegen Abend, als ich vom Berg hinab in das Tal stieg. Und wie ich aufsah zur Höhe und zur Kapelle, bemerkte ich, daß der Himmel dort, wo er sich über dem Berg zur Erde senkte, von seinem Blau fast in Weiß zerfloß. Aber dieses Weiß war nicht milchig und stumpf, es war vielmehr ein einzigartiges Licht, durch das die Menschen droben wie feier liche Silhouetten schritten. Und nun fühlte ich, daß das, was den Tag und die Stunde groß machte, der Glanz war, per jedem Stein, jedem Stamm, jeder Erdfläche ein Gesicht von innen gab, Ruhe und leuchtende Kraft, die verschönte und verklärte. Da waren die anfbrechenden Blüten ein lobender Licht gesang, und der rauschende Gesang des Wassers über vem Boehr hatte Licht in seinen Tönen. Das Grün von Gebüsch und Baum, rankend und schmiegsam an Mauer, Hügel und Zaun hingegeben, lockte ein jubelndes Bekenntnis des Morschen und Zerbröckelnden zum Sinnbild ewiger Jugend. Goldene Turmspitzen funkelten im Abend, und in die Scheiben, die ich cinst tot und blind gesehen, goß die untergehende Sonne glühende Feuer. Boas aber keinen Glanz von innen trug, war über schönt von irgendeinem Abglanz aus Licht, Blüten und Liedern. Sinnvoll ward mit einem Male das Bild der alten Stadt. Es lebte auf mit den heißen Kämpfen zwischen Germanen und Slawen, mit Ritterzügen und Festgeprängen, mit Feuers brünsten, Pestnot, Kriegslärm und Marktgeschrei, mit oem trotzigen Willen zur Wehr, und es war nachdenklich und saun dem Traum der Jahrhunderte nach. Nun glänzte es auf, und in diesem Glanze glühte und zitterte das Herz der alten Stadt, deren Großartigkeit ich noch nie in diesem Nlaße er faßt hatte. Ilnd in solchem, aus Himmel geborenen Glanz lag auch das Land mit silbergrauen Bergzügen und aufgrünenden Felderbreitcn. Es erbebte noch von der Inbrunst österlicher Prozessionsgesänge und wartete der Frühlingsfeuer, die in der Walpurgisnacht von Berg und Hügel flammen. Nun blüht es triumphierend über Mvnchsruinen und Totensteinen. Es rauschen Symphonien der Kraft und Freude aus dem llrwesen der Stadt. Ihre Naturnähe schafft Licht und Güte bis in die dunkelsten Gassen und verborgenen Kam mern. T8enn der NIorgen prächtig über den Türmen auf leuchtet, wenn die Sonne noch am Nlittag steht und einen hochzeitlichen Schleier über das blühende und blitzende Braut geschmeide der Gärten und Hänge breitet, und wenn der Abend sich ermattet vor ihren Toren zur Ruhe legt, es ist Frühlmg, und er breitet seinen hohen Glanz über die Stadt. Das Heute blüht über einem ausgebrannten Gestern, und der Ewige spricht seine Wunder darein. z^ul clem l-lügel, wo clie alle /^itlile stellt, cler^Vmcl clie l^äcler m clen F^l)encl clcellt, Oelit clie mücle 5orme lieim. Ist em^ailclret garir vcm ilirem I-icllt umlolit, 5cllreitet selig m clas al)eslclstille l?c>t. Piel im l^er^eri lrommetl 6eim. z^ul clem lZügel, v^o clie alte /Vlülile stellt, V^c> clerV^mci clie käcier in cieri z^lzecicl clrellt - ZcllösieV^elt! . . . Dalleim! . . . Oalieim! leidig