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ZÜ2 Okeflausitzei'^eimatreitung sxl^. 12 gen und allerhand Schimpfreden geführt. Ähnlich sagten andere aus. Das Kunststück des auf die Knie-Setzens war überhaupt sehr beliebt. Ntan kann sich denken, welche Andacht die beiden Beteiligten hatten. Der Besessene hätte sich der unangenehmen Belastung ja entziehen können, indem er weg gerückt wäre. Dadurch hätte er aber seinem Bedrücker das Besitzrecht überlassen. Das wollte er natürlich auch nicht, und so ertrug er lieber zwei Stunden lang die unerwünschte Bürde. Die Sache wurde mit jedem Sonntage schlimmer. So ordnete denn zuletzt das Dberamt an, daß eine Kommission an Drt und Stelle eine Untersuchung vornehme und, wenn mög lich, einen Vergleich herbciführe. Die nun folgenden Verhand lungen hatten einen günstigen Verlauf. Die gelösten Stände wurden den einzelnen Personen bestätigt, die übrigen Bänke aber den Gemeinden zu beliebiger Benutzung überlasten. Be sonders wurde noch sestgestellt, daß niemand sein Besitzrecht sür den wendischen Gottesdienst auch aus den deutschen oder um gekehrt ausdehnen dürfe. Übrigens steuerten die zum Kirchspiel gehörigen Gutöherrschasten über 200 Taler freiwillig zum Turmbau bei und versprachen, dafür zu sorgen, daß auch ihre Untertanen eine gleichhohe Summe aus gutem Herzen dazu aufbringen würden, so daß der Turm vollendet werden konnte. Damit war der Kittlitzer Kirchenkrieg beendet und es kehrten wieder friedliche Zustände ein. Wenn auch die ange wandten Formen der Selbsthilfe nicht zu billigen waren, so zeigen sie doch, welchen !Wert man auf die Erhaltung jenes alten Rechtes legte. Db wohl heute so etwas auch noch mög lich wäre? ^X^ie eme ^eimstssge entstanden ist unc^ wie sie weitem ge^ilclet wu^cle Von R. Korn, Großröhrsdorf i. Sa. Südlich von Großröhrsdorf liegt der große Staatswald IUastenei. Dort ist an der Stolpener Straße ein reizendes Plätzchen, „Waldidvll" genannt, entstanden, welches im Som mer viele Spaziergänger zu sich einlaöct, obwohl an ihm eine Spukstelle zu finden ist, welche die „Bornmatzinbrücke" heißt. Zum Glück geht man am Tage dorthin spazieren, und da ist nichts zu fürchten: aber nachts ist es daselbst nicht geheuer, allerdings nur, wenn man ruft: „Borninatzin, hock uff!" So fort erscheint ein altes !Weib in altertümlicher Karnettentracht, springt dem Rufer auf den Rücken, ohrfeigt ihn und zerkratzt ihm das Gesicht. So erzählt die Sage. Als ich vor 52 Zähren nach Großröhrsdorf kam und von der Sage hörte, fiel mir auf, daß von der Bornmatzin aber auch vom Bornmatz gesprochen wurde. Wenn ich ältere Leute darauf aufmerksam machte, hieß eö: „Das wissen wir nicht, warum so verschieden gesagt wird." Später sand ich die Er klärung. Im Bliche des Qrtschronisten Praßer heißt es auf Seite 284: „4637, am grünen Donnerstage, so ein junger Mann, Matz Brückner und ein Mann, Born Hans Schöne in Nr. 292 in Großröhrsdorf, beide uff der Mastenei er schossen worden." In dieser geschichtlichen Meldung fallen Vie Namen Bornhans unö Matz Brückner ins Gehör. Born- Hans war der Beiname des Hans Schöne, weil er in der Urähe eines Bornes (Brunnens) wohnte, der heute noch vor handen ist. Matz ist die Verstümmelung von Matthias. Beide befanden pcy auf der Flucht nach Stolpen oder wollten sich n der Mckstenei verbergen und sind laut kirchlicher Nachricht m 30 jährigen Kriege von Kroaten erschossen worden. So weit ist es geschichtlich. Was nun folgt, gehört der Sage an. etzt hat die Ntordstelle durch Roden des Waldes und An lage des Waldidyllö das Düstere, Unheimliche, was ihr noch vor einigen Jahrzehnten auhaftete, verloren. 4637 bedurfte es nur der genannten Ermordung des Bornhans und des Mat thäus Brückner, um in der damaligen Zeit des Aberglaubens die Mordstelle zum Spukort zu machen. Es war dort nicht mehr geheuer. Bornhans und Brücknermatz gingen - daselbst um. Mit der Zeit sprach man nur noch vom „Bornmatz". So erklärt es sich zunächst, daß man früher „der Bornmatz" saate Wcks nun folgt, ist durch mündliche Überlieferung zwar verbürgt, Frau Sage hat aber im Laufe der Zeit die erst genannte Tatsache mit einer anderen verquickt.und den Born matz in eine Bornmatzin verwandelt. Und das geschah aus fol gende Weise: Nach der Erzählung eines alten Großcvhrsdorserö, m dessen Familie sich nachfolgendes durch lWeitererzählen erhalten hatte, wohnte ums Jahr 4729 in Bornhans' Hause, das jetzt noch an der Stolpener Straße steht, eine zanksüchtige Frau, die Bornhansin geheißen, deren böser Geist nach ihrem Tove die Hausbewohner nicht in Ruhe lasten konnte. Als das Ru moren kein Ende nehmen wollte, wurde der Radeberger Schars richter beauftragt, der Bornhansin Geist in die Mastenei zu verbannen. Das ging aus folgende einfache, nach unserer heu tigen Anschauung aber aus seltsame Weise zu: Der Scharf richter kam mit zwei kräftigen Pferden, welche eine lange, eiserne Kette nach sich zogen, öffnete ein Fenster der Spuk stube und warf das Kettenende hinein. Kraft seiner Beschwö- rungssormel und mit Hilfe des üblichen Hokuspokus bannte er den bösen Geist der Bornhansin an die Kette, was daraus zu merken war, daß ein klägliches Winseln in der Luft ertönte, und trieb, die Peitsche gehörig brauchend, die Pferde mit der rasselnden Kette die Stolpener Straße hinaus, wohl mit Ab sicht bis zu der Stelle, wo bereits Born und Ntatz spukt m. Die Bornhansin oder richtiger ihr böser Geist gehörten ja ver wandtschaftlich dorthin. Nun wurde mit der Zeit aus den Bornmatz eine Bornmatzin, und sie übernahm das Spuken, ibrem bösen Geist entsprechend. Denn wer es wagt, an der Bornmatzinbrücke zu rufen: „Bornmatzin, hock uff", dem springt das alte, böse Weib sofort auf den Rücken, gibt ihm Dhrfeigcn und zerkratzt ihm das Gesicht, und man wird ste nicht gleich wieder los. „Das ist schon vielen Vorwitzigen so ergangen", setzte mein alter Gewährsmann sehr ernsthaft hin zu. Gut, daß manche von den geehrten Lesern und Leserinnen nicht in Großröhrsdorf wohnen. Soweit die Sage und ihre Entstehung. Es wird wenig Sagen geben, deren Bildung man so geschichtlich wie hier ver folgen kann. Das ist erfreulich, aber sie bietet noch etwas Eigenartiges, was mir von keiner anderen Gage bewußt üt. Sie bildet sich weiter. So weiß das Kamenzer Sagenbüchlein zu erzählen, daß die Bornmatzin auch als Hase erscheint. Noch weiter geht der Verfasser des Büchleins „Die Masteney in