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iUr. IS Karte und ermahnte ihn mit der Bitte um vorläufig vertrau liehe Behandlung der Angelegenheit, ja dem französischen Ge sandten in Dresden oder Wien Bescheid zu geben, wenn sich eine Spur von dem Vermißtert finden sollte. Wiederholt hat man dann nach dem geheimnisumwobenen Grabe des franzö sischen Herzogs geforscht, zumal auch die in Aussicht stehende Million einen starken Anreiz bot. Aber nie konnte eine Spur des Gefallenen entdeckt, nie ein Skelett mit silbernen Ersatz teilen zutage gefördert werden. Der reichbegüterte Edelmann blieb verschollen und Fran Fama hatte freie Bahri für eine phantasievolle Legendenbildung. Die (Millionen des französischen Herzogs bildeten jahrelang einen ergiebigen Gesprächsstoff, der neue Nahrung erhielt, als im Jahre 4905 sich nochmals ein geheimnisvoller Fremder einstellte, um das Schicksal der hinter lassenen (Million endgültig zu klären. (Mit vieler (Mühe hatte er den ehemaligen Dorfbnben von Kreckwitz ausgekundschaftet, der inzwischen ein hochbetagter Greis geworden und nach einem arbeitsreichen Schulmeisterleben in Bautzen die letzten Jahre seines Ruhestandes genoß. Erneut fragte der Fremde nach Ausgrabungen und Reliquien! und erneut mußte er den Be scheid mitnehmen, daß sich noch immer nichts gefunden habe. Im Z01 Jahre 4940 soll dann die Million bestimmungsgemäß dein französischen Staate zugefallen sein. Immer und immer wieder sind seitdem die uns heiligen Stätten der deutschen Befreiungskriege um Bautzen ausgesucht worden. Auch das gewaltige Geschehen des (Weltkrieges hat die Bedeutung dieser denkwürdigen Tage nicht zu beeinträchti gen vermocht. (Mancher stille Besucher hat sinnend auf diesem historischen Boden gestanden, und zu den deutschen Besuchern gesellten sich solche des Auslandes. In dieser Beziehung hat sich das prophetische Wort des französischen Herzogs von 4 837 erfüllt, der damals zu dem jungen Scholze sagte: „Wenn Sie alt werden, und sei es 80 oder 400 Jahre, Sie werden immer wieder französische Offiziere in bürgerlicher Kleidung in dieser Gegend treffen, denn cs gibt keine bessere Schule für Soldaten, als das Studium der Schlacht bei Bautzen." Dieses Studium mag durch die neuere Kriegstechnik gegen standslos geworden sein. Nicht müßig ist es für uns, den Er innerungen an jene große Zeit nachzugehen, nach den Stätten dieses denkwürdigen Geschehens zu pilgern und aus der deutschen Notzeit von damals Lehren für eine nicht minder bedrängte Gegenwart zu ziehen. G. S. um c!ie Von Dr. G. Taute, Dresden (Wie lebhaft in früherer Zeit das Interesse des Volkes an Kirche und kirchlichen Dingen Ivar, das zeigt ein Vorgang, der sich vor mehr als 450 Jahren in dem Dorfe Kittlitz bei Löbau abspielte '). Dort war in der Matte des 48. Jahrhunderts eine neue Kirche gebaut worden. Sie hatte viel Geld gekostet, so daß es zuletzt nicht mehr zum Turme zureichte. Da kam man auf den Gedanken, die Kirchenstände, die bisher den verschiedenen ein- gepfarrten Gemeinden ohne Gebühr zugeteilt gewesen waren, an einzelne Personen zu vermieten, um mit dem Erlös den Turm zu bauen. Die Gemeinden wurden davon in Kenntnis gesetzt und befragt, ob sie die bisherigen Stände behalten woll ten oder nicht. Im letzteren Falle würden sie vermietet. Diese Drohung wurde auch wirklich in einzelnen Fällen durchgeführt. Das erzeugte aber böses Blut und hatte unvorhergesehene Folgen. Es kam zu so ernsthaften Vorfällen, daß schließlich eine Untersuchung angestellt wurde. Da berichtete am 26. April 4774 ein gewisser Findeisen aus Gorbitz, er habe sich am vorigen Sonntage auf seinen Platz nahe der Orgel gesetzt. Da sei beim Anfänge des deut schen Gottesdienstes (Kittlitz liegt in der wendisch-deutschen Sprachgrenze und hat doppelsprachigen Gottesdienst) der Förster ans Lautitz gekommen und habe recht wütend zu ihm gesagt, er solle sich ans dem Stande sogleich packen. Als Findeisen sich geweigert und sich auf sein 43 jähriges Besitzrecht berufen, habe ihn der Förster unvermutet gepackt und ihn mit Hilfe einiger anderer (Männer mit Gewalt von seinem Platze ver drängt und mit ihm noch einige andere, die auf derselben Bank gesessen hatten. Findeisen habe dann Stock und Mutze ge nommen und sich wieder auf seinen alten Platz gesetzt, die anderen aber seien gewichen. Darauf habe der Förster zwei Knechte aus Lautitz an die beiden Ecken der Bank setzen und Wache halten lassen, „solange, bis soviel Leute gekommen, daß die Bank von ihnen besetzt wurde." ') Nene« Lausitz. Nlaqapn, 44 Bö., Zahcq. lt!6L. Das geschah während des Gottesdienstes. Doch war das mir der Anfang. Die Reibungen nahmen von Sonntag zu Sonntag zu und nahmen so bedrohliche Formen an, daß nach einiger Zeit die beiden Kirchväter vor dem Gerichtshalter er schienen und meldeten: Vor vier (Wochen hätten die Lautitzer, die Bellwitzer unv die Kleinradmeritzer die angeschriebenen Namen auf den ver mieteten Ständen mit Ölfarbe überstrichen. Dann hätten sie diese Plätze wieder eingenommen, ohne jemand anders in die Bänke zu lassen. Dann hätten die Bellwitzer — selbst wäh rend des Gottesdienstes und der Predigt — die (Messer heraus gezogen und die von ihnen selbst am Sonntag vorher über die angeschriebenen Namen gestrichene Ölfarbe wieder weggeschabt und zugleich aber auch die angeschriebenen Namen selbst aus- gckratzt und einen von diesen Namen ganz ausgeschnitten. In den Lautitzer Bänken hätte ein einziger 'Mann dieses Zer störungswerk allein anSgcführt, indem er von einer Stelle zur anderen gegangen sei. Die abgeschabte Ölfarbe und die Holz späne hätten sie von den Emporen in die Kirche hinunter und den Leuten auf die Köpfe geblasen. Nach solchem Unfug mußte ernstlich eingeschritten werden. Es galt, die Unbilden zu den Akten zu bringen. Das ergab folgendes Bild: Der Großgärtncr Strchle aus Munschwitz zeigte an: als er vor kurzem in die Kirche gekommen sei und seinen Platz eingenommen habe, da sei der Bauer «Weber aus Nechen in die Lautitzer Stände gekommen und habe ihm befohlen, von seinem Stande zu weichen. Als er sich geweigert, sei Weber mit Gewalt auf ihn eingedrungen, habe sich an die Säule ge stemmt und ihn von da aus geschubbt und stark gedrückt, daß er kaum Atem gekriegt. Als er ihn doch nicht wegdrängen konnte, habe er, Wieder, sich ans Strehles Knie gesetzt und solange sitzen geblieben, als die wendische Predigt gedauert habe. Auch ivährend der Predigt habe Weber zu drängen angcfan-