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ZOO Os)er!ausitzer !-seimatreitur>g IZr. 12 eigen Spitze ähnlich. Aber die Kinder fühlten nichts von Schmutz und Nasse. Für sie war er ihr lieber, süßer, schnee weißer Bussn, und wäre er aus einem Teersasse gekrochen. Sie wollten jubelnd über ihn hcrsallen. Doch da hatte ihm die Mutter schon ein Tuch übergeworsen und rieb ihm wenigstens den ärgsten Schmutz herunter. Er jaulte und winselte und stürzte, endlich sreigelassen, aus Hansi zu, der lachend und wei nend sein rosiges Gesichtchen in dem feuchten, schlammigen Felle vergrub. Zu dem Paare knieten die Zwillinge. Jedes der Kinder war glücklich, ein Stück des schmutzigen Hundesells für sich zu haben, an das es seine sreudegerötete Wange schmie gen konnte. „Er ist also in der Stadt davongelausen," sagte der Vater und atmete auf, von einem Albdrücke befreit. „Wie lange mag er umhergeirrt sein, bis er sich gesunden hat?" flüsterte die Miutter mitleidig und holte eine Schale lauer Milch, die Bussy gierig bis auf den letzten Tropfen schlürfte. Dann aber kroch er in seinen Korb und schlief — und schlief. Die Kinder saßen davor und strahlten vor Heller Weihnachtssreude. Als sich auch der Vater zu ihnen gesellte und, wie um Ver zeihung bittend, das Fell des Heimgesundenen streichelte, flü sterte Hansi geheimnisvoll den Zwillingen zu: „Bussy da bleibt, ich Papa nich wegdeben." ^in geheimnisvolles Kkiegekgksh in clek l-susih ^uk clen Lpuren LiNTk groken Vergsngenkeit Im Gebiet der sächsischen Oberlausitz wandeln wir, wohin wir gehen, auf den Spuren einer großen Vergangenheit. Allent halben stoßen wir auf hehre Erinnerungen, die ihre Fäden knüpfen zu den großen Ereignissen der deutschen Geschichte mw zu den Ntännern, die Träger und Vollbringer dieses Ge schehens waren. Deutsches Wachsen und Werden, die Wechsel- sälle des deutschen Schicksals sind zu einem guten Teile mit dem Lausitzer Grenzgebiet verbunden, und es ist reizvoll und lehrreich zugleich, diesen Spuren einmal nachzugehen und sich in besinnlicher Rückschau „in den Geist der Zeiten" zu ver setzen. Wir sehen da hussitische Horden von Böhmen her über die Grenze fluten, sehen Wallensteinsche Heere durch die Fluren der Lausitz ziehen und folgen Philipp Mblanchthvn beim Be suche seines Bautzener Schwiegersohnes Caspar Peucker, dem nachmals berühmten Leibarzt des Fürsten von Anhalt. Voll Ehrfurcht betrachten wir die alte lWeide zwischen Rodewitz und Wmrschen, die einst dem „Alten Fritz" nach dem Überfall von Hochkirch, das in diesem Jahre die 475. Wiederkehr seines großen Erinnernngstages beging, den Dreispitz vom Kopse riß. Zahlreich sind besonders die Erinnerungen an die große Zeit der deutschen Befreiungskriege. Im „Haus der Jahres zeiten" in Bautzen — so benannt, weil es vier Treppen, 42 Schornsteine, 52 Zimmer und 365 Fenster hat — wohnten einst König Friedrich DZilhelm III. von Preußen und Kaiser Alexander von Rußland. Der „Alte Fritz" nahm mehrfach in Bautzen Ouartier, und auch Napoleon übernachtete wieder holt in dem genannten Bürgerhaus. Lützows Reiter jagten durch die Stadt. Der junge Theodor Körner betätigte sich hier als Quartiermacher für die deutschen Freiheitskämpfer. York, Gneisenan und Kleist, dazu die russischen Feldherren Wittgen stein, Gortschakofs und Mnleradowitsch bereiteten hier den Schlag gegen den großen Korsen vor. Napoleon selbst saß im Schloßgarken von Großwelka am ^Wachtfeuer und tras die letzten Anordnungen zu der zweitägigen Schlacht bei Bautzen am 20. und 24. Mui 4943, die der Auftakt zu der großen Völkerschlacht bei Leipzig und damit zum Untergang des fran zösischen Eroberers werden sollte. In seinen Mmsestunden aber saß er bei der geistreichen Gräfin v. Kielmannsegg, der Schloß herrin von Schmochtitz, die eine seiner glühendsten Verehre rinnen war. Furchtbar prallten die feindlichen Heere aufeinander. Na poleon verfügte über rund 465 000 Mann, denen nur 97 000 INann der Verbündeten gegenüberstanden. 36 000 Tote und Verwundete bedeckten am Abend des 24. Mm das Schlacht feld. Manch stilles Kriegergrab gibt noch heute Kunde von dem furchtbaren Ringen. Besonders erbittert wurde um vie Kreckwitzer Höhen nordöstlich von Bautzen gekämpft. Diele hielt Blücher besetzt, während Napoleon, der hier selbst ein griff, sie zum Ausgangspunkt seines Hauptstoßes machen wollte. Und die Gräber, die sich hier befinden, bergen Freund und Feind. „Nur das Leben haßt — der Tod versöhnt" steht ans dem Bautzener Kriegerdenkmal von 4843. Diesen Gräbern, den Gräbern von Kreckwitz, galt der Besuch eines französischen Herzogs, der im Sommer 4837 nach hier gekommen war, um nach der letzten Ruhestätte seines gefallenen Bruders zu for schen. Ein junger Einwohner von Kreckwitz, der spätere Ober lehrer Scholze in Bautzen, lief ihm dabei in die Hände. Diesen fragte er nach Einzelheiten des Kampfes nnd dabei geschah es auch, daß er ihm näheren Aufschluß über die geheimnisvollen Zusammenhänge seiner Nachforschungen gab. „Sehen Sie hier diese Stelle, wo wir jetzt stehen," sagte der Herzog, „hier bin ich mit meiner Reiterabteilung dahin gestürmt, und dort, wo der Abhang beginnt, ritt mein Bru der. 2Dir winkten uns hier den letzten Gruß zu, denn ich habe ihn dann nicht mehr gesehen. Ich bin von Frankreich hierher gereist, nm zu versuchen, das Grab meines Bruders zu ent decken oder eine Nachricht über sein Schicksal zu erhalten. tNcin Bruder hat nämlich in seinem Testament, das erst 20 Jahre nach Friedensschluss geöffnet werden durfte, bestimmt, rass die Gemeinde, in deren Bereich sich sein Grab befindet, die Summe von einer Million Franken erhält mit der Ver pflichtung, ihm ein Grabmal zu setzen und dasselbe in gutem Zustande zu erhalten. Sollte sein Gkab nicht bekannt sein, so erhält derjenige, der es entdeckt oder Nachricht geben kann, wo der Herzog begraben liegt, die Hälfte dieser Summe und die betr. Gemeinde nur die andere Hälfte." Der Fremde bedauerte, daß er bisher noch nichts habe entdecken können und erklärte dem jungen Miann weiter: „Wienn Sie in dieser Gegend bleiben und erfahren sollten, daß man in einem Kriegcrgrabc ein Skelett gefunden habe mit zwei silbernen Rippen und zwei Finger von Silber an der linken Hand, so mögen Sic wissen, daß man das Grab meines Bruders entdeckt hat." Der Bruder war in einer Schlacht in Italien verwundet worden und hatte sich seine beschädigten Glieder aus diese Weise ersetzen lassen. Der Fremde gab dem jungen Manne seine