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K^8töU88t:e!!^Z ifl ^f'O^c^Öl^ZU Im Nahmen der Veranstaltungen zur Tausendjahrfeier und gleichzeitig als einen Beitrag zur Feier des „Tages der ceutschen Kunst" veranstaltete der rührige Verein „Saxonia" in Großschönau am 22-/23. Oktober eine kleine, aber einheit liche und einen ernsten Willen zur heimatlichen Kunstpflegc bezeugende Ausstellung von Werken Oberlaufitzer Künstler. Zn großzügiger und verständnisvoller (Weise hatte die Schul leitung die Flure und zwei geräumige, Helle Klassenzimmer zur Verfügung gestellt: es gelang, diese Näume in schlichter Form mit geringen Mitteln dem ungewohnten Zwecke dienstbar zu mache». Vor einem recht zahlreichen Publikum konnte dann am Sonntag die Ausstellung eröffnet werden. Nach einigen ein führenden (Worten des Schulleiters, der des Erwachens unseres Volkes gedachte, erhielt Dr. Herbert Hoffmann, der Leiter des graphischen Kabinetts der oberlausitzifchen Gesellschaft der Wissenschaften in Görlitz, das Wort und führte u. a. folgen des aus: Großschönau habe in der Kunstgeschichte unserer Hei- matlandschaft einen guten Nus; immer wieder sind Künstler ron Rang und Können ans Großschönau hervorgegangen, n beute sehen wir die südliche Oberlausitz zum (Malerwinkel Sachsens werden. (Während im Norden der Oberlausttz die künstlerische Kultur eine im wesentlichen städtische und bürger liche ist, sehen wir im Zittauer Land eine so enge Beziehung rwischeu Kunst und Bauerntum, wie sie sonst im deutschen Lasten nicht eben häufig zu beobachten ist. Das mag zunächst in der leichteren und der (Welk zugewandten Eigenart des NkeuschmschloaeS dieses südlicheren Landesteiles seinen Grund finden: die nabe Grenze und der damit verbundene erweiterte Gesichtskreis mögen hier nntsprechen, wohl auch die Eiuwan deruug protestantischer (deutscher) nordböhmischer Exulanten. Während jedenfalls der Görlitzer zum mnftilcbcn Sinnieren, zu unsinnlicher Gedanklichkeit neigt, hat der Südlausitzer eine eingewurzelte Freude an der sicbtbaren Form, ein sinnlicheres Verhältnis zu den Dingen der sichtbaren Welt. Dazu kommt die abwechslungsreichere, gleichsam plastisch zu empfindende Ge- l iraslandschaft, und endlich, aus allen diesen Voraussetzungen entstanden. ei» bodenständiges Gewerbe und Kunstgewerbe am dem Lande. Nirgends sieht man in den deutschen Teile» der Oberlausttz reichere Trachte» erhalten, nirgends zeigen die .Malereien auf alten Bauernmöbeln solche Phantasie und nir gends endlich sehen wir schönere und stattlichere Fachwerkbant'n als hier, und besonders eben in Großschönau. Die Damast weberei, die seit über 200 Zähren hier zu Hause ist. verlangt von jedem Handwerker sormscbassende Begabung. Und eben aus diesem Handwerk find die besten künstlerischen Kräfte di: ler Orte hervorgegangen. So erleben wir hier unmittelbar die Verbindung von Kunst und Handwerk in beinahe idealer Weise: eine sahrhundertlanae ans Blut und Handwerk her- vorqegangene künstlerische Überlieferung. Daß Kunst aber noch mehr sein mnß als meisterliches Handwerk und Schmuck des Daseins, zeigt »ns in einem großen Symbol die Feier des ..Tages der deutschen Kunst" in einem Augenblick, in dem die seit langer Zeit wichtiastc Entscheidung über die Geschicke unse res Volkes gefallen find. Wien» gegenüber diesem mächtig» Geschehen die Kunst ibrc Bedeutung für unser Volk behält und diese Bedeutung sogar zu steigern vermag, dann deshalb, weil wir Deutschen die Kunst als die Deuterin unseres Dt- stins, unseres Wesens, als Mittel der Sinngebung überhaupt c nsehen. Aber nicht nur im Hinblick auf den Znhalt soll das Kunstwerk erlebt werden: die Ausdrucksmittel der (Malerei find Linie und Farbe. Die materielle Not der Künstler ist groß; daß ein gegenseitiges Verstehen möglich ist, zeigt Groß schönau, seinen reichen Überlieferungen getreu, in wahrhaft vorbildlicher (Weise. An die Rede schloß sich ein Rundgang durch die Ausstel lung an, die etwa ein halbes Hundert (Werke von neun (Mit gliedern der „Arbeitsgemeinschaft OberlaufitzerKünstler" um faßt. Da diese neun Künstler, die sich hier unter der Führung des in Großschönau wohnenden Malers Karl Hentschel zu sammengefunden haben, sich menschlich und künstlerisch ver bunden fühlen (ohne daß sie sich etwa einem gleichen Programm verschworen hätten), zeichnete sich die Ausstellung durch eine besondere Einheit der Stimmung aus, die, verglichen mit man chcr jahrmarktähnlichen Anhäufung von Kunstwerken, wie wir fie immer, wieder erleben müßen, wohltuend wirkt. Wie die Maler sämtlich unserer Heimat entstammen, zeigen auch ihre Bilder fast durchweg heimatliche Motive. Das Niveau ist in jeder Hinsicht hoch, einem flachen Publikumsgeschmack ist nir gends auch nur in der Andeutung entsprochen worden: diese Ausstellung konnte den Anspruch auf wirkliche und allgemeine Beachtung erheben. Daß sich konzessionsloses starkes Künstler lnm und wahre Volkstümlichkeit nicht auszuschließen brauchen, zeigte gerade diese Ausstellung und das Echo, das sie unter den Besuchern aller Schichten fand, auf das überzeugendste. Von Hentschel selbst sahen wir eine Reihe von Bildern ans Großschönau, die alle seinen empfindlichen Farbensinn, sei neu Sinn für flächige Wirkungen und rhythmisch geordneten Bildbau belegt: ein überlegener Könner. Hans Lillig (Zittau- entwickelt sich zu immer stärkerer Helligkeit, seine Bilder aus dem Zsergebirge sind voll lyrischer Stimmung, die sich in einigen Aquarellen bis zu großartigster Bewegtheit steigert, beides ohne die Grenze» des rein (Malerischen zu überschreiten. Eine malerische Begabung von ursprünglicher Kraft und feiner Kultur ist Eduard Tammer, seine „Pilze" find ein wahres Kabinettstück überlegener (Malerei, und der „Sturm" und eine Landschaft sind voll düsterer Großartigkeit. Ihm ähnlich strebt Georg Neugebauer zu vollster Ausdruckskraft der Farbe, sein winterliches Landschaftsbild ist gut ausgewogen und sein Bild nis des (Malers Tammer unvergeßlich in seiner zupackend.'n Energie. Paul Sinkwitz faßt eine viclteilige Landschaft behüt sam zu bildhafter (Wirkung zusammen und versteht es, in seiner „Ziegelei" ausgesprochenes Rot, Blau und Gelb zu sainnicnzuzwingen: bestes gibt er in seinen Holzschnitten: sei es, daß er den Weber in seiner Stube uns zeigt, oder ein schla sendes Kindchen, dessen Zartheit durch die matte Schwärze d'S Druckes unterstrichen wird. (Marianne Britzes reiche, tonige Farbigkeit offenbart sich in den dunkclglühenden Blumenstill leben überzeugender als in dem nicht völlig ausgewogen» Bautzener Stadtbild. Ein frisches Bild voll volkstümlichen Humors ist Arno Hentschels (Görlitz) Vm Löwenzahn": in seinen .Holzstichen zeichnet er eine ümrißlinie mit feinstem Gc fühl für unwägbare Schwingungen. (Mar Langer hat die innigsten Beziehungen zum unmittelbar Volksseelenhaften. Dis zeigen seine „Blumen", die stilistisch unschwer auf richtige Bauernmalereien zurückzuführen find, und das zeigen seine Figurenbilder, die vielleicht zuerst befremden mögen, in denen cr aber aus der Tiefe des volksverbundenen Gemüts auf seine (Weise von Gnomen und Wnrzelmännern dichtet; die Gefahr des Literarischen ist gegeben, aber noch find auch diese Bilder vor allem (Malerei. Endlich nennen wir Donat, einen Bayer, der fich in Großschönau niederläßt, mit flächigen Bildern von zurückhaltender Farbigkeit. Dr. H. Hoffmann, Görlitz.