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overllttlsiver Heimat-Zeitlina Monatsreitsütvifl süv Heimatfovskttung und Helmmpftege Mitteilungsblatt des Derbandcü „Lusatia" der Humboldt-, Fortbildungs- und Gebirgsoereine der gesamten Obcrlausitz. — Hauptschrlftleitung Otto Marx, Reichenau, Sa. unter Mitwirkung zahlreicher bewährter Heimatschriftsteller.— Manuskripten ist Rückporto beizufügen, da sonst Anspruch auf Rücksendung nicht besteht. — Jeder unberechtigte Nachdruck aus der „Oberlaufitzer Heimatzeitung" wird strafrechtlich verfolgt. — Schriftleitung und Geschäftsstelle ist Reichenau, Sa., Fernsprech-Anschluß Reichenau Nr. 300. Druck und Verlag: Alwin Marx, Buchdruckerei und Zeitungsoerlag, G. m. b. H., Reichenau, Sa. — Erfüllungsort und Gerichtsstand für Bezieher und Inserenten ist Reichenau in Sachsen. — Postscheck-Konto: Amt Leipzig Nummer 27 534 Bankverbindung: Gewerbebank und Girokaste Reichenau (Sachsen), Konto Nummer 1005 Bezugspreis: Einzclheft—.50 RM., vierteljährlich t.50 RM. — Anzeigenpreis für die Millimcterhöhe und 45 mm Breite L Pfg. Nummer 11. nooemver 1933 14. Jahrgang öiscliolswe^sef Töpferei Die Töpfer haben eine große Überlieferung. (Wenn min fie nach ihrer Abstammung fragt, so nennen ste mit Stolz als ihren Ahnherrn keinen Geringeren als den lieben Gott, da er mit seiner Hand den ersten (Menschen formte. Sie drücken das mit dem alten schönen Spruch aus: „Der liebe Gott, der Erde Schöpfer, war auch zugleich der erste Töpfer." Den Sinn des Wortes Hand-Werk erlebt man kaum irgend wo so überzeugend, so eindringlich, wie in der „Dreherei", wo auf schwingender Scheibe geheimnisvoll nnd wunderbar der schmiegsame Ton, dem leisesten Befehle der formenden Hmd Antwort gebend, in phantastischen Formen zuerst, dann immer klarer zum Werk sich rundet. Wenn ein Mensch in fei len Gedanken ganz zerflattert und zerfahren ist, oder wenn einer vor lauter Gescheitheit zu zerplatzen droht, dann stelle man ihn vor dieses Wunder des Form-Werdens. Da steht er gleich sam am Anfang aller Dinge, und gleich wird er bescheiden und still, ja, bald findest du ihn ganz versunken in das lautlose Spiel zwischen Kraft und Stoff. Wer die Bischofswerdaer Töpferei ins Herz geschlossen hat, der hat zu tun, daß er alles unterbringt; denn es gibt trotz der tiefen Wunden, die der Krieg auch dem Töpfergewerbe geschlagen hat, immerhin noch neun Töpfereien in unserer Stadt, eine Ofentöpferei mit eingerechnet. Was gehört dazu nicht alles! Da ist das Hauptgebäude mit Dreherei, Trocken räumen, (Malerei, den Öfen, den Versandböden, den Lagern bis hoch unters Dach, mit den mechanischen (Werkstätten, den langen neuen und den kurzen alten Esten und schließlich den (Wöhnräumen für die (Meisterfamilie. Und dann find da die Nebengebäude; die Lagerräume für die verschiedenen Tone und Lehmarten und Erden; denn Ton und Tonlehm und Lehm ist ein Unterschied. (Was in der Eiszeit der Gletscher zermahlte und zerrieb, was die Schmelzwäster zusammenschlämmten, der Sturm der Steppenzeiten über das Land wehte und in tiefen Lagern anhänfte, das alles harrt nun hier im Schuppen, nach Dichte und Fertigkeit und Forbe schön sortiert, seiner Auf erstehung durch Töpfers Hand. Da ist z. B. Ton aus Prie- titz, aber auch aus dem (Westerwald; zum Gießen wird (Meiß ner und zum Binden Bunzlauer Ton bezogen, zum Färben roter Ton aus der Chemnitzer Gegend. Das Material zur Glasur kommt aus den Gegenden von Karlsbad, Pilsen, (Mei ßen. So ist Bischofswerda durch seine Töpferei mit der Ferne schon beim Einkauf verbunden. Dann find dann noch die Räume für die Sunpferei, für (Maschinen zum Schneiden und W il- zen des Tons und zum Lagern. Auf dem Hofe triffst Du noch den Bruchhaufen, und wenn gut Wetter ist, auf langen Brettern die Reihen von rohen Gefäßen, die hier an der Luft trocknen sollen. Manches von Sitte und Brauch hat sich noch bewährt im Töpfereigewerbe. Darum scheints dem Fremden, wenn er in das Haus tritt, als käme er in eine fremde (Welt. Schon von der Straße aus sah er hinter niedrigen Fenstern die Reihe der Dreher fitzen. (Vielleicht wirken diese Reihen, denen man in der Töpferei immer wieder begegnet, mit an dem eigentüm lichen Reiz, den ein solcher Betrieb auf empfängliche Gemüter ausübt: in Reihen fitzen die Dreher, die Malerinnen, stehen die Gefäße auf den Trocken- und Tragbrettern, im Ofen auf dem Lager hoch übereinander, in Reihen endlich begleiten die getupften oder gemalten oder gedrückten Ornamente die Form des geschmückten Gesäßes. Die Reihe ist ein uraltes ästhe tisches (Motiv — hier beherrscht fie das Bild. Ein Dreher sitzt draußen, aus Ton geformt, in einem Glashäuschen über der Haustüre, ein altes, schlichtes Hand werkszeichen. Drinnen, am Fenster entlang, in niederer (Werkstatt, seine lebenden Genosten, als echte Tonmänncr weiß wie ihre trockene (Ware. Sie bewegen sich zwischen Roh ren nnd eben gefertigten Töpfen, Schüsseln, Flaschen, (Basen. Auf den Balken über ihren Häuptern reihen sich die voll besetzten Bretter, nnd im (Winkel liegt der werkfertige Ton. (Vielfältig ist die Beschäftigung: der dreht und jener henkelt, per eine hebt vorsichtig den eben gedrehten Topf von der Scheibe, der andere walkt mit kräftigen Armen und stößt dm Ton, wie der Bäcker seinen Teig. Sonst gibts nicht viel Werkzeug: ein paar Hölzer für Maß und Rundung, den Draht zum Abschneiden. Die geschickten Hände und die nack ten Füße sind die wichtigsten Werkzeuge — außer natürlich