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Verivilterungsrindc. — Silberdisteln, große Busche von Schlehen und Besenginster verleihen dem Felsen ein mrle- risches Pflanzenkleid wechselnder Farben. Es war ein schönes Zeichen von Opfersinn und Heimat liebe, den Großen Stein im Jahre 4929 als Naturdenkmal zu erhalten. TJo aus eigener Kraft in schwerer Zeit so be deutende Geldmittel aufgebracht wurden, war es recht und billig, daß auch der Landesverein Sächsischer Heimatschatz eine namhafte Summe beisteuerte. Er hat sich damit den Dank' nicht bloß der betreffenden Gemeinde und der Natur freunde gesichert, sondern den der ganzen Lausitz und des »n- grenzenden Deutschböhmen. Südlich vom Großen Stein — die Straße von Soitz- kunersdorf nach Großschönau kreuzend — zieht ein mächtiges Onarzriff hin. Es ist dies ein Teil des sogen. Lausitz.'r Pfahles, der sich 20 Kilometer von Hainewalde nordwestlich bis Gchluckenan verfolgen läßt. Hier liegt auch die nach Vein Ränbcrhauptmann Karasek benannte Höhle. Auf vcn Karten ist sic als Mäißer oder Roter Stein eingetragen (Höhe 48.5 Meter) und offenbar durch Verwitterung des Ouarzes entstanden. Einige lose Blöcke sind vermutlich heransaewälzt worden, nm eine Vertiefung zu schaffen, die, wenn die Bäume ibre Äste darüber ausbrciten, wohl als Unterschlupf gedimt haben kann. D r. H e i n k e. ^ie 5 cla^eim emst w«^ Mäine Vviege stand in einem TLeberhausc in der Oösr- lansitz. Nicht weit von Zittau liegt mein Heimatdorf. Die Oberlansitz kennt die ganze Wält, ob auch meine Wiege? Die ivar gelb und rot und weiß und blau und trug an vcr Vorderseite inmitten eines fein gemalten Eichenkranzes die Jahreszahl 4778. Bei der Geburt meines Bruders hatte sie der Großvater neu eingestrichen, mit mir wurde nicht erst so viel „Summs" gemacht. 4778, das besagt, daß Uralte, Nknttcr und Kind, sowie alles, was seit annodazumal in un serer Familie als „Männsen" auf die Wält gekommen war, sich darin hatte einlnllen lassen. Bcruhigungsmirtel rückwärts bis ins dritte und vierte Glied war sie aewesen. Bei mir hätte sie versagt, behauptete meine Nkutter. Sv läßt si.hs erklären, daß unser Spulmädel mich einmal so tüchtig ein gewiegt hat, daß sie mich dabei auswiegten. Von dem Tage aber an und der Stunde sei ich ein anderer Mensch geworven. Bin zwar selber dabei gewesen, wie's passiert ist, beschworen könnte ich's aber heute nicht mehr. Ein Lichtbild von meinem Väterhanse machen zu lasten und es hier zwischen die Zeilen zu fügen, hätte keinen großen Zweck, sehen ja alle einander ähnlich, die Häuser in unserem Dorfe, wie ein Hühnerei ci- uem Entenei. Von meinem Heimatorte ist auch nicht viel Rühmens zu machen. Nicht einmal auf der Landkarte in un serer Schule stand er, wie ich später zu meinem größten Leid wesen habe feststellen mästen. Und als ich einmal — uh mochte so zehn bis zwölf Jahre alt sein — dem Nkängcl ab geholfen und in der Pause mit meinem Bleistifte in die kl-ine Lücke zwischen O. und S. und Gr. und L. ein Sp. gezwängt hatte, da wurde ich verkannt und auch noch verhauen. Das so ein gewöhnlicher Landkartenmaler ,, a dr Roasche" auch ein mal ein Dorf verpesten kann, kann doch passieren. 2Denn aber der König nicht einmal im Kopfe hat, wie seine Dörfer heißen, und soll sic doch regieren, da hört sich her nachenö alles ans. Unser Dorf kannte er nicht. König Jo hann war einmal neugierig, was wohl seine Oberlausitzw Untertanen an der böhmischen Grenze immer so angeben. Kommt auch bei uns durch. An der Oberschenkc hatten wir uns aufgestellt: Der Mälitärvcrein, die Schützen, die „gan zen" Schulkinder, die beiden Schulmeister, der Pfarrer und der „Gnädige Herr", natürlich auch viel Volks. Schon lenkt der TFagen ein. Der Kutscher hält. Am 2Lagenfenstcr zeigt sich ein bleiches Gesicht: Dr Kiench! — Nkit tiefem Bück ling tritt der Gnädge Herr herzu. — Nach dem Namen des Dorfes habe der König ihn gefragt, hat er dem Pastor er zählt. „Doas heeßt jedoch, su woaS gitt ibr de Hultschnure!" hatte „dr ale Jedoch" am Sonntage darauf zu meinem Groß vater gesagt. Und da wunderten sich die Leute bei uns Ver- heeme, daß wir keine Eisenbahn kriegten. Da waren 4860 die Preußen andere Kerle. Die hatten freilich unseren Ort mit auf ihren Landkarten stehen. Drum sind sic wohl auch „alle ' durch unsere« Ort gezogen, hinzu ziemlich still, heimzu mit Ouerpfcifenmusik und Trommelschlag und fröhlichen Ssldi tenliedern, die Helme mit Eichcnzweigen geschmückt. Sogar die Franzosen hatten sich 4842 hergefundcn; an den Hofe scheunen haben wir Jungen tausendmal gelesen, wer alles da- gewesen war damals. Die ganzen Wände waren bekritzelt von den vielen, vielen französischen Namen. So ganz unbekannt war also meine Heimat nicht, wenn sie auch „abseits vom Wege" lag. Der Postbote kam ja auch schon zu meiner Zeit jeden Tag ins Dorf, eine große Tasche um. „'s mächt cnnr ack wöstn, woas'r egoal fort do drönne hätte", sagte einmal der Mnller-Schncidcr, wie er ihn auf dem Wege nausschloßen sah. Steuern und Abgä: n waren auch abzuliefcrn, „groade gnnng". Und als 64, 66 und 70 der König Soldaten brauchte, da schickte er auch in unser Dorf. Die Verbindung mit der zwei Stunden ent fernten Stadt hielt der „Schtoadtbote" aufrecht, der ONon- tag, Mittwoch und Sonnabend mit seinem Planwägelchen raus- und reinleierte. !Was für Augen werden aber die ver ehrten Leser machen, wenn sic erfahren, daß VUeö-Eiselts- Leberecht jeden Mäntag morgen „vu dr Schtoadt weg bis uff Draön naus machte". Blumenkohl schaffte er auf seiner „Noawr" den vornehmen Leuten hin. Sonnabend mittag war er wieder da. Am Sonntage kamen dann die guten Freunde, getreuen Nachbarn und dergleichen, die wissen wollten, „woas die Woche ibr a Drasn woar viergang" und „woas do iS eegntlich fer Leite wären, die de erpreß Blumenkohl aus der Schtoadt kriegen mißten". Ob man mir auch glauben wird, wenn ich erzähle, daß der „lange Lange" .vom Wiesentale auf seiner „Roawr neun undneuuzigmal Hosenzeug zur Leipziger ONeste gebracht hat? Hundertmal hatte er sich's vorgenvmmen gehabt, hat'ö aber nicht ganz dermachen können. „Die kenn' micch alle, a Leiprg, die hier« micch su garne riäden, und die kumm alle minnandr zu Groabe, wenn'ch sellte schtarbn", hatte er zu meinem V - ter gesagt, der ihn in seiner letzten Krankheit besuchte. Wer's dazu hatte, las 's „Gicrschdorfr Blatl", Vs an jedem lMittwoch und Sonnabend das allerncuste brachte. Mein Vater hielt es auch mit, zusammen nut dem Müller- Schneider. Dann holte sich's der Vogel-Schuster „a brinkel ä und auch Hansjörgels Gottlob wollte dann und wann einmal „neigucken". „Jech las dr nischt raus", beruhigte er den Muller-Schneider, wenn der vom Abonnementsprcise anfi ig. Der Großvater hatte sein „Dampfschiff", das jeden Monat einmal erschien. Darin standen nicht nur alle Neuigkeiten, sondern vor allem „die Wunder der Technik". Damit will ich die politische Geographie über mci ien Heimatsork beschließen. Von den mathematischen einstweilen nur das, daß ein Weber wöchentlich V? bis 4 Taler verdiente, d. h. wenn er nicht ans die Wärfte warten mußte. L. Köhler.