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HP. y O^erlausitzer Pleimstreitung S15 Der Bursche ärgert sich, der die Maie nicht erwischt hat und daß sein Mädchen nicht Tanzkönigin ist. Ins Gasthaus marschierend, die Maie in der Hand, jauchzt der Bursch aus starken Schultern. Und die ÜÜusikanten spielen, erwecken Freude mit schönen Märschen. Jauchzt, springt, freut euch über eure Jugend, nehmt Gaben der Liebe aus der Hand des Mädchens. Einst kommt der Schnee, die Rosen der Drangen verblühn; die Rose der Unschuld. blüht ewig. Es ist ein Fest der Jugend, aber auch die Alten nehmen gern daran teil. Freude vereint alle. Die grünen Maien und die Volkslieder stimmen die Herzen des ganzen Dorfes gleich. Die Dorfgcmeinschaft kennt nicht eine festlose Hälfte des Jahres. Gerade auch in der Zeit der angestrengten Arbeit auf dem Felde sehnt man sich nach Pausen, die mit froher Gesellig keit Erholung gewähren. Die !Walpurgiö- und Johannisfeiecn überläßt man der Jugend, erst die neue deutsche Volksbewe gung ruft zur allgemeinen Teilnahme an den Bräuchen und bringt ihre sinnbildliche Bedeutung zum Bewußtsein. Hans Brussig erzählt vom OolialMsfeuei': Wochenlang vor dem Sonnenwendtage, dem Johannis tage, rennen die Herren Jungs im Dorfe herum und erfechten anörangierte Besen, meist sindö nur „Basnsturzl", alte Teer tonnen oder Pechtonnen aus der Brauerei müssen auch ange schafft werden, Astholz und Reisig. Ans den Tonnen und dem Holz werden an weit sichtbaren Punkten regelrechte Scheiter haufen aufgebaut, an der 2Dest- und Ostseite des Hutberges, hinter der Ziegelscheune, über dem Guststeinbruche, am Finken hübel; dort sollen die „Gohannsseuer" brennen am „Gohonns- obd", dem Abend vor dem Johannistage, also am Abend des 23. Jnni. Unter großem Hallo ziehen in der Dämmerung Jungs und Madels zu ihrem Feuerstoß aus, später kommen auch die Alten nach; zugucken müssen sie doch und wieder jung werden dabei. Sobald das Abenddunkel eintritt, flammen die Feuer hoch auf. Wenn die Flamme recht hoch zum Himmel emporschlägt, so ist das ein gutes Zeichen! Jetzt heißt's aber, die Besen in die Glut halten! Das ist ja am feinsten, wenn Teertonnen init brennen. Dort den Besen hineingetauchk und anbrennen lasten, das ist das Wahre! In feurigen Kreisen werden Flammenbesen geschwungen. Das soll die Hexen ver treiben, ist aber sicher eine uralte Erinnerung an das Sonnen rad, obwohl zu meiner Zeit keine Sonnwendreden beim Go- hannsfeuer geschwungen wurden! Dafür wurden aber durch hernmschwirrende Teertropfen um so mehr Löcher in Jacke, Hose oder Haut gebrannt. Zn dem Zwecke war ja schon das älteste Zeug angezogen worden, das einen Puff vertrug und das die Mutter einmal nicht mehr stopfte oder wiebelte, nur die Haut konnte nicht verschäbigt werden, die wuchs aber von selber wieder zu. Eine prachtvolle Sache, der Lausitzer Johannisabend. Die weiche, warme Sommernacht mit ihren tausend Düften und Johanniswürmeln, und von jeder Höhe das Aufzucken der Flammen bis zum Gipfel der Lausche hinauf, und um die Flammenbündel herum die vielen, vielen tanzenden Sternchen! Heimatlicher Sommernachtstraum, der doch fröhliche T8irk- lichkeit war! Es kommt das Das war und ist noch eine Feier der ganzen Dorfgemeinde, nicht nur der Bauern. Und es hat ja auch die ganze Gemeinde Ursache zum Danke! Über den Türen prangen Blumen- oder Ährenkränze, das Gotteshaus schmückt sich in sinnig-schöner Weise, auch der Friedhof wird zum blühenden Garten. Otto Schöne berichtet: Auf den zahlreich vorhandenen Rittergütern unserer Lausitz war und ist es Sitte, dem Dominial-Gesinde und den Arbeitern seitens der Herrschaft nach glücklich geborgener Ernte ein Erntefest oder ein Erntebier im Kretscham zu geben, wobei auch getanzt wird. Der herrschaftliche Beamte, der Vogt und der Vormäher haben die ersten Tänze, und alle freuen sich, daß nun die schwere Zeit, in welcher der Land mann buchstäblich im Schweiße seines Angesichts sein Brok essen muß, vorüber ist. In jenen Tagen geht man ost früh morgens nüchtern aufs Feld, nimmt nur einen kleinen „ÜÜaul- sperrbifsen" und einen Trunk mit und kann öfters zur Mahl zeit vor Müdigkeit und Überanstrengung nichts genießen.