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Oss ölutgenclit I^önig ^/enreis in ösuhen (Fortsetzung und Schluß) „Das kümmert mich nicht/' sagte der Kriegsmann, „wcr- oet es wohl sehen!" Damit ging der Soldat, kalt grüßend, davon. Nicht ohne Bangen erbrach Sigmund den Bries, las halblaut vor sich hin: „Nteister Preuselwitz! Um Eurer Tochter willen gebe ich Euch den Rat, noch diese Nacht aus der Stadt zu fliehen. Die Wache des Lauentores hat den Befehl erhalten, einem Nkann heut um Mitternacht die kleine Pforte zu öffnen. Mbrgen kommt Kaiser Wenzel und deshalb bangt mir für Euch. Hans von Mmnsterberg." Als Prenselwitz den Brief wieder zusammengelegt hatte, sprach Anna: „Sieh, lieber Vater, wie gut der Hans ist! Mache dich aber auch nun gleich bereit." Die Tränen rannen dem Mudchen über die Wangen, als sie der baldigen Tren nung vom Vater gedachte. Dieser aber lachte bitter vor sich hin und entgegnete: „Ich sehe wohl, wie gut der Hans ist. Doch ich werde mein Wohl und Wehe nicht von der Gnade eines Feindes abhängig machen. Und wer bürgt mir obendrein dafür, daß hinter dem guten Rate nicht ein verräterischer Plan lauert?" „Aber Vater, des Landvogtö Sohn meints gewiß ehrlich, sonst würde er dir nicht so etwas schreiben." „Ei, wie du den Unschuldigen verteidigen kannst! Der Landvogt würde sich gewiß darüber freuen, wenn er es er führe. Geh, verschwende deine Liebe nur an die Verderber deines Vaters! Wenn morgen mich Wenzel zum Tode ver dammt, so danke ich dies Urteil auch zum Teile deinem ge liebten Hans." „O, was sprichst du," schluchzte Anna, „Wenzel dich zum Tode verdammen? O Vater, flieh!" „Ich kann und darf nicht! MUne Freunde sollen nicht sagen: So lange der Prenselwitz ohne Furcht sein durfte, ca trotzte er; nachdem er aber so Viele verführt, da entfloh er feige der Gefahr. Nein, lieber tot, als so geschändet!" „Ach Vater, du bist schrecklich!" „O Geduld, das Schreckliche wird erst kommen. Aber halt! Der Brief kann uns doch noch nützen. Er macht Vas Gerücht von der Ankunft Wenzels zur Wahrheit. Nun läßt sich auch von unserer Seite etwas tun. Ich werde zu meinen Freunden gehen und mit diesen mehrere aus der Mitte wäh len, welche zum Empfang des Kaisers abgesandt werden bol len. Auf den ersten Eindruck kommt viel au. Und ehe es zum Äußersten geht, da können wir schon noch etwas versuchen." Preuselwitz ging nun, um dem Briebusch, Langhempel und den anderen die Ankunft des Kaisers als gewiß anzuzeigen und mit den Genannten über den Empfang des gefürchteten Wenzel zu beraten. VI. Der echte Bürger m ei st er Am Morgen des 30. September 1409 stand am Tore Budisfins eine im Amtsstaate glänzende Zahl von Bürgern. Es galt dem Empfange des Kaisers BLenzels. Die Gesichter der Abgesandten aber verrieten wenig Freude über das Nahen ihres Fürsten, vielmehr spiegelte sich in aller Antlitz eine bange Besorgnis ab. Nur wenig Neugierige lagerten auf der Landstraße, es herrschte eine unheimliche Stille, wie sie fast stets einem drohenden Ereignis vorher zugehen pflegt. Endlich wirbelten in der Ferne Staubwolken auf. „Der Kaiser!" lief es durch die Reihen und aller Züge verdüstern sich noch mehr. Bald konnte man einzelne Reiter unterscheiden und nach wenigen Minuten war der Zug an den Toren angelangt. Voran ritten ungefähr 20 Armbrustschützen. Dann folgte unmittelbar der Kaiser, umgeben vom Grafen Hiuko Lavaz von der Duba, Hermann von Uhna und dem königlichen Geheimschreiber. Sophia, die Gemahlin Wenzels, folgte nun im Zuge. Ihr zur Rechten ritt ein Edelfräulein, zur Linken ein Page. Hinter her lief ein ungeheurer Hund, das war des Kaisers gefürchteter Saufänger, von dem inan grausige Dinge erzählte. In einiger Entfernung ritt der Nachtrab, bestehend aus einigen Lanzen knechten und einem höchst unheimlich aussehenden Ilkann, um geben von drei eben so unheimlichen Gesellen. Beim Anblicke dieser letzten vier hörte man hie und da die leisen Rufe: „O weh, der Gevatter! *) Gott sei uns gnädig!" Als Wenzel von Ferne die Abgesandten sah, befahl er seinem Geheimschreiber, das rebellische Gesindel auseinander gehen zu heißen, er möge nichts von ihnen wissen. Da sprengte der Landvogt nebst Gefolge dem Kaiser ent gegen. Wrnzel frug ihn sogleich, ob er nach seinem Willen getan habe. „Ja, mein gnädiger Kaiser," lautete die Antwort, „der rechtmäßige und der Rebellenrat sind versammelt." „Nun also schnell!" herrschte Wenzel, und im vollen Jagen ging es durch die Stadt nach dem Rathause. Am Ein gang stieg Menzel ab und eilte mit seinen Leuten in den Sitzungssaal. Hier waren Fritz Flicker, der Bürgermeister der Empörer, Sigmund Peter Preuselwitz, Nikolaus Tanz, Kaspar Lang hempel, der vorjährige Bürgermeister und noch 86 Ratsherren und Aufrührer beisammen. Ihnen gegenüber standen Dietrich Scheuster und sämtliche Mitglieder des abgesetzten Rates. Der Kaiser erschien. Er setzte sich auf den Stuhl des Bürgermeisters. Zu seiner Rechten nahmen sein Geheim schreiber und Hermann von Ilhna, zu seiner Linken Bolko, Hans und Nikolaus von Mmnsterberg Platz. Gegen den Hintergrund hin saß die Kaiserin und ihr zur Seite stano Lavaz von der Duba. In einer Ecke lehnte der Fleischermeister Lukas, im Gespräch begriffen mit dem Schloßhanptmann der Ortenburg und dem ehem. Stadtschreiber Wilhelm Pflug. Am Eingänge aber stand, das Ganze mit teuflischen Blicken überschauend, — der Gevatter. Jetzt trat tiefe Stille ein. iWenzel erhob sich und rief mit gewaltiger Stimme: „Hier fitze ich, der echte Bürgermeister! W^er etwas zu klagen hat, der tue es!" Zagend standen die Rebellen, mit Siegerblicken schritten nun vor als Kläger: Hermann von Uhna und Dietrich Scheuf- ler, die vertriebenen Bürgermeister, TMlhelm Pflug, der Stadtschreiber, und der Landvogt mit seinen beiden Söhnen. Nachdem sie der König angehört hatte, wendete er sich spst- tend an Fritz Flicker: „Nun, Herr Bürgermeister, was sagt Ihr dazu? Nicht ') Wenzel pflegte den Scharfrichter, welchen er immer zur Seite hatte, seinen Gevatter zu nennen.