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I^eicnensu uncl geine ^susencljsii^eiek 2m südöstlichen Teile der Sächsischen Oberlausitz, dicht an der tschechoslowakischen Grenze, liegt in einem breiten Tale der Jndnstrieort Reichenau, zum Unterschiede von anderen gleichnamigen Orken R e i ch e n a u i. Sa. genannt (posta lische (Bezeichnung). Der Ort als ein Stück Grenzland der südlichsten Lausitz rüstet sich anläßlich ihrer tausendjährigen Zugehörigkeit zum Deutschen Reiche in der Woche vom 4 5.— 23. Juli d. I. zu einer groß angelegten Tausendjahr feier für die südöstlichste Oberlausitz. Die festliche Veran staltung ist nicht etwa damit begründet, daß der Ork auf ein tausendjähriges (Bestehen zurückblicken kann. Der Name Rei chenau wird urkundlich zuerst im Jahre 4262 erwähnt, aber es sind bekanntlich 4000 Jahre vergangen, seitdem man von einer ersten staatsrechtlichen Verbindung der Oberlausitz mit dem Deutschen Reiche sprechen kann. Das Jahr 933 ist, wie die heimatliche Geschichtsforschung bestätigt, das erste Jahr nach der Unterwerfung der Ntilzener, der alten (Bewohner der Lausitz und ihrer Zugehörigkeit zum Reiche. Diese Tausend jahrfeier wird eine eindrucksvolle Kundgebung für Vaterlands- und Heimatpflege, für deutsches Volkstum und Lausitzer Eigenart. * Über den Ursprung und die E n t st e h u n g des Ortes Reichenau läßt sich nichts (Bestimmtes und Gründ liches angeben, da nähere geschichtliche Angaben sehlen. Ur kundlich fand er im 42. und 43. Jahrhundert Erwähnung als Richinove, andere spätere Formen: Richenow, Reychnaw, Richinawe, Richenaw, Reichenow, Reychenawe, Rechnei. Die Besiedelung des Gebietes erfolgte durch deutsche (Bauern, was mau jetzt noch an der Anlage der Bauerngehöfte erkennen kann. Vor ungefähr 2000 Jahren bewohnten Germanen ganz vereinzelt und wohl nur vorübergehend das sumpfige Wald gebiet der engeren Heimat. Das bezeugen die verschiedenen Urnenfunde in der Umgebung und auf dem nahen Wachberge bei Nkarkersdorf. Frühzeitig rückten von Osten her die Nkil- zener ein, ein Stamm der slavischcn Sorben (Sichclträger) oder Wenden. Sie waren Ackerbauer und Viehzüchter uno in Gewerben (Töpferei, Leinenweberei, Schmiederei) erfahren. Die von ihnen angelegten Dörfer ivaren Rundlinge, bei denen die niedrigen Holz- und Lehmhütten rund um einen Anger mit einem Teiche lagen. (Bis in die Nkitte des vorigen Jahrhunderts besaß Reichenau eine rein bäuerliche Bevölkerung. Neben den Besitzern von Gütern ivaren Gärtner und Rütner die Eigentümer von kleinen Grundstücken. Als eine weitere Vermehrung der Bewohner Reichenaus durch die Häusler ge schah, sah mau sich genötigt, zu Gewerben zu greifen, unter denen die Leineweberei, die bereits in der zweiten Hälfte des 46. Jahrhunderts hier Eingang gefunden hatte, am stärksten vertreten Ivar. Im Laufe der Zeit wurde diese Beschäftigung eine Hanpterwerbsquelle für die Bewohner Reichenaus. Von besonderer Bedeutung für den Handel mit Leinewand ist die Familie Krusche gewesen: Gottfried 4727—4783, sein Sohn Gottfried 4749—4848 und dessen Sohn Benjamin 4796—4832. Im Jahre 4750 legte Johann Josef Ruprecht eine Färberei und eine Ntangel an und im Jahre 4 786 rich tete Christian Friedrich Simon (aus Ebersbach) eine Lein wandbleiche mit (Walke ein. Ntit dem Ausgange des 48. Jahr hunderts war die Blütezeit der Leineweberei in Reichenau vor über. Um 4798 fand die Verarbeitung der Baumwolle (zu Kattun und Nankin) in Reichenau Eingang. Um das Jahr 4845 wurde durch die Einführung der Halbwollweberei, bei der Schaf- und Baumwolle zu Orleans verarbeitet wurden, die Herstellung von rohen Kattunen verdrängt. Die ersten Unternehmer in der Erzeugung dieser neuen Stoffe waren Johann David Preibisch (4785—4850) und sein Sohn Carl August Preibisch (4849—4877), der im Jahre 4856 den ersten mechanischen (Webstuhl nach Reichenau brachte und bald mit Hilfe der Dampfkraft eine mechanische Weberei ein richtete, worauf in kurzer Zeit andere Fabriken entstanden, durch deren Einrichtung Reichenau bald zu einem angesehenen Jndnstrieorte umgestaltet wurde. Der Entwicklung der Indu strie, die in den 80 er Jahren des vorigen Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreichte, verdankt Reichenau seine Ausdehnung und sein Emporblühen. Durch die wirtschaftlichen Auswir kungen der letzten Jahre hat der gewerbe- und industriefleißige Ort leider einen sehr merklichen Rückgang in den Fabrik betrieben zu verzeichnen. In Reichenau sind geboren worden: Johann Gottfried Schicht (4753—4823), Kirchen-Komponist und Kantor an der Thomaskirche in Leipzig (Gedenktafel an dem Hause Nr. 252), Ernst Friedrich Apelt (4842—4859), gestorben in Bad Oppelsdorf, Dr. phil., Professor in Jena, Gründer des Bades Oppelsdorf, (Wilhelm Friedrich, geboren 4863, gestorben 4928, Mundartschriftsteller. Der Chronist und Familienforscher Ludwig Engelmann wurdej 4863 in Bernstadt geboren, gestorben 4934 in Reichenau. Die beiden früheren selbständigen politischen Gemeinden Reichenau klöster lichen und Zittauer Anteils wurden im Jahre 4904 zu einer Gemeinde vereinigt. Über die Tausendjahrfeier ist aus der An zeige (4. Seite) Näheres zu ersehen. 40 Jahre lang hat sich nunmehr das Waldtheater als ein Hort echter heimatlicher Volksspielkunst mit Wind und Wet ter herumgeschlagen und ehrenvoll behauptet. Es ist zu einer wahren Erholungsstätte geworden und hat Tausenden als Ouelle der Erbauung und Befreiung von drückendem Joch des Alltags gedient. Fast aus dem Nichts heraus und dank der opferwilligen Arbeit von Nsitgliedern der Heimatspielschar „Thalia"-Reichenau ist hier ein Theater im Freien entstanden,