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frühere Rat ward seines Amtes für verlustig erklärt und durch lauter Anführer ersetzt oder doch wenigstens durch Leute, die es mit der Partei des Preuselwitz hielten. Unterdessen war Hans von Munsterberg auch nicht untätig. Er besaß augen blicklich nur 30 Bewaffnete; aber furchtlos rückte er mit 20 der entschlossensten dem Markte zu. Hier aber vermochte er nicht, der mehr als zehnfachen Übermacht Stand zu halten. Er zog sich zurück, fest entschlossen, die Ortenburg so lange als möglich zu halten. Hansens Hoffnungen stützten sich aus seinen Bruder Nikolaus. Dieser war nämlich auf Antreiben des Hans entflohen, um auswärts zur Bekämpfung der Bürgererhebung anfznfvrdern. Die Ortenburg wurde so gut als möglich in Verteidigungszustand gesetzt, während draußen die Rebellen sich zur Belagerung anschickten. IV. Der Entsatz Nikolaus von Miinsterberg war glücklich nach Löbau entkommen. Sogleich hatte er einen Landtag zusammen berufen, auf welchem er die treuen Lausitzer gegen die über mütigen Budissiner um Hilfe bat. Der Sohn des Landvogtes sand Gehör und es wurde ihm eine Zahl Bewaffneter zur Verfügung gestellt. Leider war das Häuflein noch zu klein. Aber siehe! Unerwartete Hilfe sand sich bald. Der Markgraf Jost von Mahren stand mit bedeutender Mmnuscbast an der Grenze, und die Ritter und Reisigen zeig ten nicht übel Lust, einmal die verhaßten Städter zu züchtigen. ^Wenzels Bruder stieß also zum Mmnsterberg. Und noch ein wackerer Kämpe vermehrte die Zahl derer, welche gegen Budissin zogen. Es war Hans von Kottwitz, der Sagancr Hauptmann, welcher mit seinen Lanzenknechten ein gar ge waltiges Ansehen genoß. Von diesen Rüstungen erfuhren allerdings die Budissiner wenig, denn die Telegraphen waren damals noch nicht im Schwange; doch so ganz trauten die Bürger nicht, denn sie stellten wenigstens fleißig aus den Wällen Wmchen aus. Indessen wurde die Ortenburg stark bedrängt. Hans von Mmnsterberg stieg des Tages wohl zehn mal aus den Turm, aber von nirgendsher wollte Wmssen- schein blinken. Eines Morgens aber wurden die Städter sehr unsanft ans dein Schlafe gestört. Wildes Geschrei wälzte sich durch die Straßen. Nikolaus war mit seinen Leuten in die Stadt gedrungen, nachdem er die saumseligen ^Wachen überrumpelt hatte. Die Ausrührer eilten wohl bald herbei und hielten wacker Stand, denn damals war ein rechter Bürger auch ein guter Soldat, aber alles war zu schnell gekommen, um eine regelrechte Verteidigung zu ermöglichen. Kaum hatte die Besatzung der Ortenburg ihren Vorteil wahrgenommen, als sie auch schon einen Ausfall wagte. Die Belagerer empfingen sie aber übel. Briebusch, der heute die Berennung leitete, feuerte seine Leute tapfer an und wenig hätte gefehlt, so wären hinter den sich flüchtenden Reisigen die Bürger in das Schloß gedrungen. Plötzlich aber erhob sich im Rücken der Siegestrunkenen neuer Lärm. „Na, was gibts?" rief Briebusch dem atemlos herbei stürzenden Langhempel entgegen. „Beim Stahlharnische des Erzengel Michael! lins gehts schlecht! Die Fleischer!" antwortete der Plattner. „Wms, das Lumpenvolk? Nun gut, sie mögen kommen!" Und wirklich! Bald erschienen die Fleischer, geführt von Lukas, nm gegen die rebellischen Mitbürger zu kämpfen. „lWart, dn Fleischklmnpcn!" brüllte Briebusch dem Lukas m. setzt habe ich dich einmal!" Und mit einem Satze erreichte der Schmied den Fleischer und ließ seine Axt im gewaltigen Bogen aus den riesigen Metzger niederfallen. Dieser aber hielt mit nerviger Faust die furchtbar nieder wuchtende Waffe auf und sagte gelassen: „Briebusch, ergicb dich! 2Vir sind Bürger und sollen also einander schonen." Einen Augenblick besann sich der Schmied. Sein Häuflein war zu schwach, um den Fleischern zu widerstehen; und außer dem drohte ihnen von der Ortenburg her Gefahr. „Gut, Lukas," sagte Briebusch endlich, „kämpfen will ich nicht, aber von Ergeben ist keine Rede, sondern ich ziehe mit meinen Leuten ab." „Mir auch recht!" — entgegnete Lukas. Mißmutig eilte Briebusch mit den Seinen nach dem Markte. Von dort flohen schon Einzelne und riefen den Her beiziehenden zu, es sei alles verloren, die Übermacht erdrücke sie. Bald lösten sich die Haufen der Ausrührer in völlige Flucht aus. Hinter den Flüchtigen drein stürzte der Saganer Hauptmann mit seinen Leuten. Briebusch führte mit seiner Streitaxt einen wohlabgemes senen Hieb nach der Stirn des Pferdes, aus dem Kottwitz saß. In tausend Stücke zersplitterte die Stirnwehr des Tieres und hoch ausscheute, vor Schmerz laut wiehernd, das übel zugerichtete Pferd. Blitzschnell sprang der Hauptmann vom Pferde und führte einen Vergeltungshieb gegen den Schmied, welcher indes ge schickt auswich. Im nächsten Augenblick aber führte Lang hempel einen Streich nach des Kottwitz Kopfe. Doch — klirr! und das Schwert sprang an dem guten Stahlhelme des Haupt manns entzwei. „Hei, ÜÜeister Langhempel," lachte Kottwitz, „hast heute deine eigne Arbeit geprüft. Schau, ist der Helm nicht von dir?" „Wms?" ries Langhempel, „Ihr seids, Herr Hauptmann?" „Nun freilich! Aber ohne die treffliche Arbeit aus deiner Werkstatt wäre ich vielleicht mit zerschmettertem Schädel zu den Vätern heimgegangen. Indessen, Meister Waffenschmied, was sehe ich Euch für Dummheiten machen? Nehmt auch Ihr Teil an dein Aufruhre? Flink, ergebt Euch und kommt alle zur Vernunft, sonst möchten meine Jungen noch gar schlecht wirtschaften!" Langhempel wechselte noch heimlich einige TLorte mit dem Hauptmann, und bald darauf flatterte die weiße Fahne aus dem Markte. Die Ritter und Reisigen stellten vollendens Ord nung und Ruhe wieder her und überließen das ^Weitere dem Kaiser. Der aber schien die Sache nicht so ernst zu nehnun. Daher begnügte sich der mittlerweile zurückgekehrte Statt halter Bolko von üüünsterberg damit, den Innungen einige Vorrechte zu nehmen, im übrigen aber weder Rat noch Bürger zu bestrafen. Aber die abgesetzten Patrizier, an ihrer Spitze die che- maligen Bürgermeister Hermann von Uhna und Diet ich Scheusler, lagen dem iWenzel fort und fort in den Ohren; jedoch der Kaiser rührte sich nicht. V. T8 a r n u n g Drei Jahre waren vergangen. Wir treffen am Abende des 29. September 1409 im Hause des Tuchmachers Preusel witz nicht jenes rege Leben, welches gewöhnlich nach dein Feierabende dort zu herrschen pflegte. Schon seit ziemlich einem Jahre hüteten sich viele Mrister, beim Preuselwitz zu verkehren. Nicht etwa, als ob der Tuch macher irgend in ihrer Achtung gesunken wäre, nein, die Furcht hatte sich vieler Gemüter bemächtigt, denn zuweilen