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stlihle verjagten, samt seinem Helfershelfer, dem Stadtschreiber Pflug. Aber ist es bester geworden? Hat der Rat seine Ver sprechungen gehalten? T8ie mir die unlängst abgesetzken Rats mitglieder — abgesetzt, weil sie redlich waren — beweisend versicherten, so werden unsre schweren Abgaben als ein leicht und mühelos erworbenes Habe von den Räten unter sich ge teilt. Dabei streben sie dahin, unsre vom Kaiser und Reiche verbürgte !Wahlgerechtsame uns zu entreißen. Ja sie haben sie uns schon entrissen! Denn die neu aufgenommenen Rats mitglieder, sind sie mit unsrer Zustimmung gewählt worden? Noch mehr! Hat man uns nur einmal um unser Gutachten befragt? Können wir dies dulden?" „Nein, nimmermehr!" riefen alle. „Kann ein solcher Rat noch länger unserer Stadt vorstehen?" „Nein, er muß abgesetzt werden!" schrie Brie- busch. „Und ist das euer aller Meinung?" „Ja. Hinweg mit den Betrügern! Nieder mit den Blutsaugern! Verjagt die Spitzbuben!" tönte es wild durcheinander. „Ruhe!" gebot Preuselwitz und fuhr, als es wieder still geworden war, fort: „Also, rasch zum Werke! Morgen umzingeln wir bewaffnet das Rathaus und setzen die Räte ab." Lautes Beisallrufen bestätigte die Annahme des Vorschlages. — Es war eine Stunde vor Mutternacht, als die Manner auseinander gingen. II. Im Garten Während Preuselwitz mit seinen Genossen eifrig rat schlagte, waren im anstoßenden Garten drei Personen eben falls in einem gar lebhaften Gespräche begriffen. Der Mond, welcher recht zuvorkommend die Plaudernden mit seinem Voll scheine beleuchtet, sorgt, daß wir sie genau betrachten können. iWic sehen in einer anmutigen Laube einen jungen Mcknn gegenüber einem lieblichen Mädchen sitzen, während am Ein gänge, gleichsam als Hüterin, eine alte Frau von gutmütigem Aussehen Platz genommen hat. Der Mann ist, dem Anscheine nach zu urteilen, höchstens 25 Jahre alt. Sein Gesicht, etwas gebräunt und durch reich lichen Bartwuchs geziert, zeigt edle Züge. Der prachtvoll ge stickte Sammetwams, die goldne Kette, das breite Schwert mit kostbarem Griffe, dies alles deutet auf vornehmen Stand. Und in der Tat, der Jüngling ist niemand anders als Hans von Münsterberg, der Sohn Bolkos von Münsterberg, Land vogtes der Oberlausitz. Das Mädchen aber, eine kaum 18 jäh rige Jungfrau mit engelmildem Angesicht, von üppig wallen den Locken umrahmt — es ist Anna, des reichen Tuchmachers Preuselwitz einzige Tochter. Seit wenig Neonaten erst aus dem Kloster zurückgekehrt, in welchem ste erzogen worden war, ist sie doch schon ein Gegen stand der Aufmerksamkeit für alle jungen Männer Budissins. Auch des Landvogts ältester Sohn hat das Mädchen gesehen und — lieb gewonnen. Hansens Stand, Rang und edles !Wesen minderten nach und nach die Strenge der alten Mag dalena. Sie hütete ihren Schatz, die schöne Anna, vor dem Munsterberg zu lässig, und so stahl stch in ihr unerfahrenes Herz das Bild des schönen Ritters. Die alte Nkagdalena, eine langjährige Dienerin im Hause des Preuselwitz, und seit dem Tode von dessen Ehefrau eine treue Haushälterin, gestattete dem junge» Münsterberg heim lich Zutritt in des Znnstherrn Haus im festen Glauben, nie mand habe von den Besuchen des Ritters irgendeine Ahnung. Der schlaue Preuselwitz indes hatte dies gar bald ausgespürt, allein klug, schwieg der planschmiedende Vater. Er wollte aus diesem Verhältnis Vorteil ziehen. Jetzt schien ihm die Zeit der Ernte gekommen. Der Landvogt war verreist und sein Sohn Hans führte einstweilen das Regiment. Gelang es, die Liebe des jungen Mmnsterberg zu Anna so zu benutzen, daß er, gegenüber den ausrührischen Umtrieben des Preuselwitz, ein Auge zudrückle, so war viel errungen. Vereitelte aber Hans diese Hoffnung, war er pslichtgetreu, hatte dann Preuselwitz nicht einen gar bedeutenden Grund gegen den vorgeblichen Verführer seiner Tochter und seine Partei, zu welcher auch der Rat gerechnet werden konnte, rebellisch auszutreten? Der Tuchmacher wollte sich heute des jungen .Münsterberg versichern und fürchtete da bei weiter nichts, als daß der Betreffende diesen Abend etwa von seinem gewöhnlichen Stelldichein ausgeblieben sein möchte. Leise schlich Preuselwitz nach jenem Platze, den er längst schon als den Lieblingsaufenthalt des Kleeblattes kannte. Wirklich, hier saßen die Gewünschten. Einen Augenblick betrachtete sie Preuselwitz. Es war kein übles Bild, welches sich ihm bot; doch hier galt es nicht zu schauen. Im nächsten Augenblick stand der Lauscher vor der Laube. Ntagdalena schrie laut auf, Hans erhob sich. „!Waö suchen Sie bei meiner Tochter?" ries der Vater, sich entrüstet stellend. „Nichts, was ich nicht vor Gott und den Heiligen verantworten könnte," entgegnete Munsterberg. „Scheint Ihnen das so erlaubt, mit einem un erfahrenen Mädchen ohne Wissen des Vaters die Abende zu verbringen?" „Meister Preuselwitz — —" „Nichts! Die Ehre meiner Tochter ist verletzt, und das läßt kein rechtlicher Bürger so hingehen." „Bin ich nicht des Landvogts Sohn?" „Ilm so schlimmer, nur desto klarer liegt es am Tage, daß ihren: Handeln ernstere Absichten fehlen!" „Ich hoffe, daß sie besser von mir werden denken lernen. Wären Sie nicht der Vater Annas, wahrhaftig nicht unbestraft hätten Sie mich beleidigt!" „So geben Sie mir Beweise von der Aufrichtig keit Ihrer Gesinnungen!" „Genügt mein Wort nicht?" „Nein! — Doch hören Sie, ich mache Ihnen einen Vorschlag." „Welchen?" „Wissen Sie, was heute in meinem Hause be schlossen worden ist?" „Ja!" „Wie, Sie wissen?" „Jawohl!" „Durch wen?" „Diese Frage zu beantworten, werde ich mich wohl hüten." „Ha! durch Ntagdalencst — Oder wie — Anna?" „Bei der heiligen Jungsrau, nein!" „Nun gut! Stehr es so, so brauche ich Ihnen die Sache nicht erst mil- zuteilcn. Darum rasch zur entscheidenden Frage! !Werden Sie mir entgegenhandeln?" „Ich werde tun, was dem Sohne und Vertreter des Landvogtes ziemt." „Werden Sie Ihre Waf fen gegen die Zünfte kehren? Bedenken Sie, wer Führer der selben ist! „Schlimm, daß sich der Vater meiner Anna dazu hergibt!" „Wae? Sie werden gegen mich die Hand ausheben?" „Ich werde meine Pflicht tun." „Ha, und ich werde meiner Vater pflicht genügen. — Doch besinnen Sie sich! Wrnn Sie mir entgegentreten, so ist meine Tochter für Sie verloren. Schweigen Sie aber, so lege ich Ihnen kein Hindernis in den WPg. Also: Pflicht oder Liebe?" „Anna, du weißt, daß ich dich liebe," wendete sich der junge Nlann zu dem betrübten Nkädchen, und zum Beweise dafür wähle ich die Pflicht. Schande über den Mcknn, der eine schlechte Tat als Kauf preis für seine Braut zahlt!" „Gut, Sie haben Ihr Urteil selbst gesprochen, verlassen Sie also augenblicklich mein Besitz tum. Ich fürchte nichts, meine Partei erhält den Sieg!" „Gebe Gott, daß es ein gerechter Sieg sei!" sagte Hans von Münsterberg und schied nach raschem Lebewohl von Anna und flüchtigem Gruße gegen den Znnstherrn. Preuselwitz aber ging mißmutig ins Haus zurück und überließ seine Tochter ihren: Schmerze und die Magdalena der Furcht. (Forssetzlmg follg^