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§6 -Nr.ö Gbevlausitzer Hslmatzsrtung Unterkunft für die reichhaltigen Sammlungen des 1881 gegründeten Ebersbacher Humboldtvereins. Am 1. September 1912 konnte die Weihe des neuen Werkes vollzogen werden. Fast 20 Jahre krönt nun schon die Humboldtbaude in ihrer heimatlichen Bauart mit ihren anheimelnden Räumen den Staötberg von Ebers bach, den Schlechteberg. Gar mancher müde Wanderer fand gastliche Ausnahme. Schlichte Schönheit, Zweckmäßigkeit, geschmackvolle einfach gehaltene Möbel, gut zusammen gestellte ruhige Farben verleihen dem Innern ein anhei melndes Gepräge. Ganz besonders das Lausitzstübel ist eine Sehenswür digkeit. In diesem 1913 eingeweihten Zimmer vereinigen sich um drei schwere Tische 21 Stühle, deren Lehnen vom verstorbenen „Schulzebauer" mit Bildern Lausitzer Land schaft, Geschichte und verdienten Persönlichkeiten geschmückt sind. Viel Mühe und Arbeit hat es sich der Gutsbesitzer Julius Schulze, der nur ein Laie war, kosten lassen, na turgetreue Abbilder in Tiefbrandmalerei und Holzschnitze rei zu schaffen. Ein solches eigenartiges Ehrenstübchen der Lausitz gibt es nur einmal. Hier kann der Wanderer in mitten urwüchsiger bodenständiger Heimatkunst sein Bünd nis mit der Natur erneuern und frische Kräfte sammeln zu weiterer Wanderfahrt. Auch das Obegeschoß birgt noch mancherlei Geheim nisse. Natur und Kultur Ebersbachs haben einen reichen Ausdruck gefunden. In vier Zimmern kann man das Ab bild des oberen Spreetales, ja sogar das der ganzen Lausitz schauen. Heimatliche Tierwelt, heimatliche Gesteine, hei matliche Kunst und heimatliche Geschichtswahrzeichen ver einigen sich zu einem geschlossenen Bilde. Werden und Ver gehen der Landschaft mit ihrer Menschen-, Tier- und Pflanzenwelt sind hier anschaulich dargestellt. Besonders reichhaltig sind die naturwissenschaftlichen Sammlungen, z:B. Zoologie, Sammlung OMar Barthel und Oskar Rudolph. Von internationaler Bedeutung ist die geolo gische Abteilung, begründet von Ortsrichter August Weise, forgeführt von Hermann Ändert. Nicht nur, daß sich hier die umfangreichste und vollständigste Sammlung Lausitzer Gesteine befindet, die leider wegen Platzmangel nur zum geringen Teile ausgestellt werden kann, nein, für den Fachmann unersetzlich ist die große Zahl ausgestellter Ori ginale von Fossilien. Gar manches große deutsche Museum beneidet Ebersbach um diese wissenschaftlichen Werte. Schon oft standen hier vor dem Glas berühmte Fachgelehrte, die von fern gekommen waren, nur um diese versteinerten Tiere zu sehen. Eine neuaufgestellte, durch Leihgaben er gänzte vorgeschichtliche Sammlung läßt die Entwickelung des Menschengeschlechts vorüberziehen. Kulturdokumente erzählen vom alten Ebersbach. Die Weberstube weckt Er innerungen an die Zeiten, wo in jedem Hause der Web stuhl klapperte und der Weber sang: A Kotterschdurf, a Hennerschdurf, Do wörken sä Koattun Un wenn dä Muttr dä Soabbe kvacht, Do wörkt dr grüße Sühn, Un wenn ör grüße Sühn nä wörkt, Do wörd o kee Koattun. Brotmarken und Inflationsgeld machen die Leiöenszeit der jüngsten Vergangenheit lebendig. Groß ist der Schatz, den das Museum birgt. Alles aufzuzählen, würde ermüden. Komme selbst und du wirst staunen, was auf diesem klei nen Eröenfleck zusammengetragen worden ist. Ein malerisch angelegter Alpengarten vor dem Ge bäude vermag ebenfalls das Auge manches Besuchers zu fesseln. Auf den Steingruppen des Nordostabhanges blüht eine große Schar leuchtender Hochgebirgsblumen Tirols, Kärntens und sogar Amerikas, des Kaukasus, Zentral- und Ostastens. Es ist hier gelungen, dem Enzian, Edel weiß und Almenrausch eine Heimat zu bieten. Die Blu menpracht erstirbt im ganzen Sommerhalbjahr nie. Sie leuchtet im Frühjahr, flammt im Sommer und im Herbst in glühenden Farben. Jederzeit bietet die Anlage ein interessantes Bild, das jeden Naturfreund entzücken muß. Wenige Schritte unter dieser Heimatstätte erhebt der im Winter 1913 eingeweihte Hochbehälter der Ebersbacher Wasserleitung seine weiße Kuppel. Wie eine kleine Ka pelle fügt sich das so lebenswichtige Werk der Technik dem Naturbilde ein. Sorglos kann sich der Wanderer den vom Humboldt- verein gutmarkierten Wegen anvertrauen. Am Bahnhof Ebersbach zeigt eine Tafel die Entfernungen und Weg zeichen an. Der mit gelbem Strich auf weißem Unter gründe bezeichnete Weg durchläuft Bahnhofsstraße, Reichs straße, Lutherstraße und Moltkestraße. Vom Stadtteil Neustadt führt er in die friedliche Stille des Waldes. In einer halben Stunde ist der 2^ Kilometer lange Weg ge mütlich zurückgelegt. Ganz besonders wird der Aufstieg durch den neu angelegten Promenadenweg erleichtert. Auch vom Kottmar führt ein wohlbezeichneter Weg mit dem gleichen Farbzeichen (gelber Streifen im weißen Feldes über Walddorf, Bahnhof Neugersdorf, geschicht liche Spreequelle, Felsenmühle zur Humboldtbaude. Von der Haltestelle Waldecke bei Rumburg strebt über Georgswalde, Stadtteil Spreedorf das rote Dreieckszeichen zum gleichen Ziele. Überdies zweigen in Ebersbach-Neustadt an der Straßenkreuzung Lutherstraße—König-Albert-Straße zwei beliebte Anstiegswege von der weiß-geb-weißen Haupt markierung ab. Der rote Punkt wendet sich zum Ehren hain mit dem Kriegerehrenmal und erreicht am aufgelas senen Basaltsteinbuch wieder die Hauptmarkierung. Den schönsten Anstieg bietet die grüne Punktmarkierung. Dieser erst im letzten Herbste fertiggestelltse Wanderpsiad ersetzt einen Aussichtsturm. Er führt zu den besten Aussichts plätzen des Berges. Fast jede Biegung des einstündigen waldigen Weges bietet ein neues überraschendes Bild. Das obere Spreetal, die Berge Noröböhmens, Zittauer Ge birge, Riesen- und Jsergebirge, Löbauer Bergland kann hier das Auge schauen. Alles rundet sich zu einem Ganzen. In weite Fernen schweift der Geist und trinkt sich satt an der herrlichen Natur an der Stelle, wo sich Vergangenheit und Gegenwart liebevoll die Hand zum Bunde reichen. Darum, o Wanderer, komme, schaue, lerne die Schön heiten des Schlechteberges mit seiner Humboldtbaude ken nen! Du wirst wiederkehren und fühlen, daß der Deutsch böhme Fleischer recht hat, wenn er so vom Schlechteberge singt: Dort, wo das Norödeutschböhmerland an Sachsen sich sschmiegt, Wo deutsch die Männer, deutsch die Frau'n, ein Berges- sgipfel liegt. Er winkt in weiter Ferne den Tälern und den Höhn, Drum zieh zu ihm ich gerne, die Welt mir anzusehn. Hoch oben steht ein schmuckes Haus, am Walde hingelehnt, Dort saß ich froh so manchen Tag, hab ost mich hingesehnt. Wie rings die Auen grüßen, der tiefe, dunkle Tann, Das Tal zu meinen Füßen mir frohen Wandersmann. Sei mir gegrüßt, ob nah, ob fern, du reizend Gotteswerk, Mit deiner Baude schmuck und fein, du schöner Schlechteberg. Umkränzt von grünen Bäumen, es kann nicht anders sein. So recht zum süßen Träumen bist du ein Edelstein!