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etwas Geschlossenes zu bieten. Der notgedrungen bereits erfolgte Abmarsch zahlreicher Vereine zu Tale brachte den Gedanken nahe, ebenfalls dahin zu folgen. Dem standen aber wiederum d'ie Absichten jener Vereine gegenüber, die ihren Wanderplan und dementsprechende Vorbereitungen für einen Abmarsch nach der Tagung über Cunewalde ein gestellt hatten. Der Verbandsvorsitzende entschloß sich daher, die Wanderversammlung selbst am Berge zu eröffnen, hier soweit iurchzuführen, als es die Verhältnisse gestatten und den Vereinen, die keinen Platz fanden, ein Zusammen treffen im Schützenhause in Beiersdorf, das mit dem Kret scham eine Wirtschaftseinheit bildet, vorzuschlagen. Bet ge nügender Saalbesetzung im Schützenhause würde dann das Wesentliche vom Berggipfel wiederholt werden. So ge schah es denn nun auch. Am freien Platze vor dem Turm begrüßte der Ortsvereinsvorsitzenüe Marei (Beiersdorf) den Verband und die Behörden. Ihm schloß sich der Bür germeister von Beiersdorf mit warmen Worten an. Nach einem Musikstück folgte dann das Heimatspiel „Wullt Ihr an Turm mir halfm bann?" von Gustav Bayn (Lawalde), das zufolge der offensichtlichen Begabung der Mitwirken den und nicht zuletzt wegen feiner heimatlichen Fassung den vollen Beifall der Hörerschaft fand. Der Männergesang verein Beiersdorf mit seinem gemischten Chor erfreute die Anwesenden mit geschulten wirkungsvollen Leistungen, und der Bläserchor des Evang. Jungmännervereins legte Proben seines Könnens ab. Wett über 400 Personen hatten, sich inzwischen im Schützenhaussaal in Beiersdorf einge funden, als der Verbandsvorsitzende dort eintraf. Ein tele phonischer Anruf verständigte den Bläserchor und die frei willige Sptelschar des Gebirgsvereins, daß man ihrer harre. Die Zwischenzeit füllte der Verbandskassenwart aus, indem er als geschäftliche Mitteilung die Nachricht vermittelte, daß die Verbandsvereine das nun fertige Wanderkartenheft der Oberlausitz samt Anschlußgebieten vom Verbände direkt zu einem Vorzugspreise erhalten werden. Ferner brachte er zwei selbsterlebte Geschichten zum Vortrage, die den Wert des Verbands- bezw. Reichs verbandsabzeichens als Erkennungszeichen sinnesverwandter Menschen zum Ausdrucke brachte. Um 4 Uhr nachmittags, nach einem Musikstücke, eröffnete nun der Verbandsvor sitzende auch diesen Teil der Tagung. Dem Danke an die Begrüßungsworte des gastgebenden Vereins sowie des Bürgermeisters von Beiersdorf folgte die Begrüßung der Vereine sowie der beiden Ehrenmitglieder des Verbandes, die hier noch zugegen waren, der Herren May (Hörnitz) und Werner (Oberoderwitz), die beide wohl bisher fast jeder Tagung beigewohnt hatten. Der Dank für alle Dar bietungen fehlte selbstverständlich nicht. Anknüpfend an den wiedererwachenden Frühling, den der Redner als sinn volles Zusammenwirken aller Naturkräfte betrachtete, spann er seine Gedanken hinüber zu dem Gemeinsamkeits- Mühle des Deutschen, das sich besonders in dieser Not zeit zeige und bereits in Fichte, dessen 170. Geburtstag wir am 17. Mai feierten, einen begeisterten Schmied gefunden habe. Noch immer habe die Schöpfung den Menschen neuen Mut und Kraft gegeben. Aus Sandkörnern sind im geo logischen Geschehen Felsen und aus diesen Gebirge gewor den, aufgebaut auf der Grundmasse des Granites. Auch Goethe bildet mit seinen geologischen Betrachtungen ein Bild heraus, das ganz vorzüglich auf die Lausitz paßt. Den Granit vergleicht Redner mit der Liebe und Treue zur Heimat, auf welchem Boden die Heimatvereine ent standen sind, sich zum Felsen der Lusatia zusammen geschlossen haben und im Reichsverbande zum Gebirge an gewachsen sind. Die Hetmatscholle ist der Boden, auf dem ter Wiederaufstieg gedeihe und nichts könne uns fester binden als die Worte unseres Landsmannes Fichte: Du sollst an Deutschlands Zukunft glauben, An deines Volkes Auferstehen. Laß diesen Glauben dir nicht rauben Trotz allem, allem was geschehen. Und handeln sollst du so. Als hing von dir und deinem Tun Das Schicksal ab des ganzen Volkes Und die Verantwortung wär dein. Der reiche Beifall der Anwesenden bewies, daß sie sich den Gedankengängen des Vortragenden voll und ganz an schlossen. Es folgte dann die namentliche Feststellung der anwesenden Vereine, die eine Beteiligung von 450 Per sonen in 30 Heimatvereinen ergab. Das Ehrenmitglied Werner sprach dann über die Gründung des Lusatia-Ver- bandeS, die ausgebaut worden sei aus den Erfahrungen und Anregungen Roßmäßlers und sich heute wiederum als ein recht notwendiger und glücklicher Gedanke erwiesen habe. Er forderte zur weiteren Treue dem Verbände gegen über auf. Dann wurde das Festspiel vom Turmbau wieder holt und fand auch hier den ungeteilten Beifall. Der Schargesang „Meine Lausitz" von O. Lade (Beiersdorf) wurde durch die Anwesenheit des Verfassers besonders ge würzt. Der Vorsitzende dankte nochmals der freiwilligen Spielschar des Gebirgsvereins, der Spielleitung und den Veranstaltern. Mit dem 6-Uhr-Zuge verließ dann nach dem offiziellen Schluß der größte Teil der Versammlungs teilnehmer Beiersdorf, froh, daß die Wanderversammlung denn doch so abgehalten werden konnte, Saß jedermann auf seine Rechnung kam. Bruno Reichard t Ein in der Oberlausitz und darüber hinaus wegen sei ner schriftstellerischen Tätigkeit bekannter Mitbürger, Tele- graphendirektor i. R. Bruno Reichard in Zittau, ist am 8. Mai plötzlich gestorben. Er hatte noch beabsich tigt, an der Frühjahrsversammlung des Verbandes „Lusa tia" teilzunehmen. Auf der Fahrt nach dort befiel ihn jedoch ein Unwohlsein, das ihn zur Umkehr veranlaßte. Ein Herz schlag machte bald nach Eintreffen in seiner Wohnung sei nem Leben ein plötzliches Ende. Durch seine Tätigkeit als journalistischer Mitarbeiter an Zeitungen und Zeitschriften ist der Verstorbene in der Lausitz besonders bekannt ge worden, ganz besonders war es ihm jederzeit eine Herzens sache, für die Pflege des Heimatgedankens in der Lausitz einzutreten. Bruno Reichard wurde am 7. Juli 1869 in Dresden-N. als Sohn des Buchhalters Hugo Reichard ge boren und trat mit 20 Jahren in den Postdienst. Als im Jahre 1908 am Zittauer Telegraphenamt neu die Stelle eines eigenen Direktors neben der des Postdtrektors ge schaffen wurde, wurde Reichard auf diesen Posten berufen, nachdem er vorzugsweise in verschiedenen Orten der Tele graphie und dem Fernsprechwesen seine ganze Kraft ge widmet hatte. Schon in Dresden hatte er neben seiner Be rufstätigkeit ein volles Maß Beschäftigung, teils schrift stellerischer Art, teils in Vereinen vorwiegend gemein nütziger Art,' ehrenamtlich leitete er mehrere Sommer das Naturtheater des Vereins „Volkswohl" in Dresden, das auch das Vorbild wurde für das von ihm angeregte Oybi ner Walötheater. Sein Dresdner Spielplan bestand aus schließlich aus eigenen dramatischen Schöpfungen, von denen die meisten starken Anklang fanden. Auch in Zittau setzte er seine schriftstellerische Arbeit fort. Als seinerzeit Redak teur Ferdinand Hesse in Zittau daran ging, in Oybin ein Waldtheater zu gründen, fand diese Idee gerade in Bruno Reichard einen ihrer eifrigsten Förderer, vor allem dann, als er für verschiedene lausttzer Zeitungen als Theater referent tätig sein konnte. Für das Oybiner Waldtheater entstanden das dreiaktige Drama „Pater Hilarius" und das Schauspiel in vier Akten „Sonnenkinder" u. v. a. Als Mit arbeiter in gemeinnützigen Vereinen entfaltete Reichard eine rege Tätigkeit. Er war ein begeisterter Heimat- und Naturfreund. Am 1. April 1924 wurde sein als Telegraphen direktor in Zittau innegehabtes Amt wieder eingezogen und