Volltext Seite (XML)
scheinen sich aber diese beiden Brüder mit dem Kloster aus gesöhnt zu haben, indem sie ihm das halbe Patronatsrecht über Bernstadt unentgeltlich überließen und dafür nur ausbedungen, in der Kirche zu Marienstern bei ihren Ahnen begraben zu werden. So besaß das Kloster mit Hilfe der Herren von Kamenz das gesamte Patronatsrecht über die Kirche zu Bernstadt. Inzwischen hatten die Gebrüder Bernhard V. und Otto in den wenigen Jahren seit ihrer Mündigkeit die schulden frei übernommenen Güter verpfändet, verlehnt oder ver kauft, so daß ihnen von dem großen väterlichen Erbe nichts mehr übrig blieb, als halb Bernstadt mit dem dasigen Hofe, jedenfalls ihrem Wohnsitze, und dem gegen Friedersdorf gelegenen „Großen Nonnenwalde" (im Gegensatz zum „Kleinen Nonnenwalde" bei Dittersbach), sowie die teil weise unter ihrer Herrschaft stehenden, aber fast sämtlich verlehnten Dörfer wie Schönau, Berzdorf, Ober- und Nieder-Kiesdorf, Dittersbach und Paulsdorf samt der Obergerichtsbarkeit über alle diese Güter. Aber auch diesen ihren letzten Grundbesitz konnten sie Schulden halber nicht länger halten und boten ihn daher ihrem Onkel zum Kaufe für das Kloster Marienstern an. Er wollte anfänglich nicht darauf eingehen, um nicht seine Neffen des letzten väter lichen Erbes zu berauben. Als er sich aber überzeugte, daß sich ihre Bedrängnisse nur noch steigern würden, so wurde der Kauf am 23. April 1288 zu Breslau abgeschlossen, wo durch die erwähnten Ortschaften und die Obergerichtsbar keit über die ganze Pflege für 700 Mark Silber Bautzner Gewichts in den unumschränkten Besitz des Klosters über gingen. Einige Jahre darauf setzten sich die beiden Brüder von Kamenz mit Gewalt wieder in den Besitz der vom Kloster erworbenen Güter. Doch kam es zu einem Ver gleich zuerst in Lauban und später in Bautzen am 30. No vember 1290, wonach die Brüder von neuem auf die Bern städter Besitzungen verzichteten und Bernhard III. seinen Neffen noch eine Nachzahlung von 60 Mark zu leisten ver sprach. (Schluß folgt.) Ehrentag der Lausitzer BolkWelkmst 25 Fahre ßeimallvleWarMalta, Reichenau Von Herbert Henkner, Bautzen Die Mundartspielschar „Thalia", Reichenau, beging am 10. April 1932 ihr 25 jähriges Bestehen. Und wenn in unse rer Zeit je ein Jubeltag gerechtfertigt erscheint, so bestimmt dieser. Er ist zugleich ein Ehrentag für unsere gesamte Lausitzer Volksspiclkunst, die gerade in der schwersten Zeit mit bewundernswerter Tatkraft daran festgehalten hat und noch daran festhält, den Heimatgedanken immer wieder aufs Neue lebendig zu gestalten. Mit besonderer Freude darf sogar festgestellt werden, daß die Volksspielkunst in der Lausitz weitere Kreise erfaßt und neuen Boden gewon nen hat. Zu diesem schönen Erfolg zu einem beträchtlichen Teile beigetragen zu haben, darf die „Thalia", Reichenau, ohne Zweifel für sich in Anspruch nehmen. Wenn sie auch nicht die älteste Volkssvielschar der Lausitz ist, so ist sie aber bestimmt diejenige, die bahnbrechend gewirkt und heimat liche Kunst weit über ihren Wirkungsort hinausgetragcn hat. Unter diesem Gesichtspunkt ist es angebracht, zum Jubeltagc einmal Rückschau zu halten. Das Theaterspiel wurde, wie auch in anderen Orten, schon vor Gründung der „Thalia" in Reichenau gepflegt nnd die Freiw. Feuerwehren von Ober- nnd Nieöer-Neiche- nau brachten bereits Mundartstücke zur Aufführung. Zu Weihnachten 1906 reifte jedoch gelegentlich einer Auffüh rung des „Radfahrer-Vereins 1886" der Plan, eine drama tische Vereinigung zu gründen. Und am 10. April 1907 er folgte diese unter dem Namen „Thalia" im Reichenaucr Schützenhause. Unter dem 1. Vorsitze des Kaufmanns Oskar Ehrentraut schlossen sich 19 Darsteller zusammen. Den 2. Vorsitz übernahm der Mundartdichter Wilhelm Fried rich. Die Geschäftsführung übernahm der jetzige Vor sitzende Julius Palme, der sich vor allem als Spielleiter große Verdienste erworben hat. Kassenwart wurde Rein hard Linke, der bis heutigen Tags das Amt verwaltet. Volksbildend und volkserzieherisch wollte die „Thalia" wirken und ihre Reinerträge der Wohltätigkeit zukommen lassen. Ihr Hanptgebiet wurde die Pflege des Mundart spiels. Ans diesem Gebiete hat sie es zu hohen Leistungen gebracht. Das Glück war ihr dabei hold und schenkte ihr in Wilhelm Friedrich einen Mundartdichter von führender Bedeutung in der Lausitz. Dazu kam noch eine ausgezeich nete Auswahl an Darstellern. War nun die Tätigkeit der „Thalia" vor und während des Krieges lediglich auf Reichenau beschränkt, so sollte es in der Nachkriegszeit der „Thalia" beschieöen sein, ihre Kunst weit durch die Lande zu trage». Von Bedeutung war hierbei das im Sommer 1921 in Oybin vom Hochwald-Lausche-Gau veranstaltete Heimatfest mit einem Trachtenfestzug. Die „Thalia" führte im Rah men dieses Festes Wilhelm Friedrichs Schwank „Anno 66" auf. Von der ausgezeichneten Darstellung war der Zittauer Intendant Klötzel so begeistert, daß er die „Thalia" zu Gastspielen im Oybiner Waldtheater und auch im Zittauer Staöttheater gewann. In Zittau wirkte die „Thalia" auch auf Einladung des „Heimatdank" im Stadttheater. Weiter ging die Fahrt, als 1921 der Bürgermeister Klimpel in Sohlaud a.d. Spree (jetzt Oberbürgermeister von Freital) Sie „Thalia" einlud, auf der prächtigen Soh- länder Waldbühne Friedrichs „Franzosenzeit" zu spielen. Und schließlich wurde auch die Aufmerksamkeit eines Bautzener Freundes Wilhelm Friedrichs auf die Kunst der „Thalia" gelenkt, als er zur 60. Geburtstagsfeier des Dich ters, am Vorabend des 3. April 1923 der Aufführung des „Strohkranzes" beiwohnte. Schon am 23. Juni boten die „Oberlausiber Hcimattage" des Bühnenvolksbundes in Bautzen Gelegenheit, die „Thalia" im Bautzener Stadt theater den „Strohkranz" zweimal aufführen zu lassen. Am Festabend selbst wurde der Schwank „'s Gescheeche" insze niert und die alten Lausitzer Volkstänze geboten. Aus allen Teilen Sachsens wohnten Teilnehmer dieser großen Heimatfahrt den Aufführungen bei. So war es auch am 9. und 10. Mai 1925, als 400 Abgeordnete der GDA.- Sachsentagung in Bautzen der Aufführung von W. Fried richs „Onser Gründornschtgiong" durch die „Thalia" bei wohnten. Der Btthnenvolksbund brachte die „Thalia" noch zweimal nach Bautzen. 1923 mit dem „Engelkreuzer" aus der Waldbtthne im Bismarckhain bei Bautzen und am 10. Februar 1924 mit „Hennerch-Lobels-Feuer" im Stadt theater zu Bautzen. In den Jahren 1927/28 lenkte sich die Aufmerksamkeit des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz auf die „Tha lia" nnd verpflichtete sie zu Gastspielen in Dresden, Mei ßen, Zittau, Bautzen, Leipzig und Löbau. Einen weiteren großen Erfolg erzielte die „Thalia" in der internationalen Hygiene-Ausstellung in Dresden, wo sie in der Abteilung für Landwirtschaft am 7. Septbr. 1930 auf Einladung des Dichters Max Zeibig, dem 2. Vorsitzenden des Landesvereins Sachsen für ländliche Wohlfahrt- und Heimatpflegc, Rudolf Gärtners „Nbr- lausitzr Huckst" vor einer tausendkövfigen Besucherschaft in Gegenwart von Innenminister Richter und Hofrat Scyffert anfführte. Die Aufführungen auf den Waldbühnen in Oybin, Sohland und Bautzen batten den Wunsch reifen lassen, auch in Reichenau eine solche Bühne zu schaffen. Dem weit gehenden Entgegenkommen des Grundbesitzers Max Her wig war es zu danken, daß es 1923 schon zur Ausführung dieses Planes kam. Am 22. Juni 1923 wurde die herrliche, idyllische Waldbühne im Tschanwalde geweiht und Wit Wil-