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SderwAr Echvllrn-MeinmW Von Werner Ändert, Leipzig Auf meinem Arbeitstische liegt ein großes Stück Kling stein vom Oderwitzer Spitzberge. Ich nahm es mit in die Großstadt. Biele Kilometer weit getrennt von seiner ein stigen Lagerstätte ist es mir im Hasten des Alltags einer anderen Welt ein Teil meiner Vergangenheit. Immer wieder gemahnt es mich an die trefflichen Menschen, Män ner, Frauen und Kinder, deren Schicksalgemeinschast ich einst mit ganzem Herzen angehörte. Bilder der Landschaft, sounendurchflutet, uebeldurchwogt, schnceüberladen, werden wach. Der Häuser Perlenkette, aufgereiht längs am Laufe des Landwassers, die Windmühlen, diese Zeugen vergan gener Tage, und gar die Fanale der Gegenwart, Fabriken, Neubauten, Turnhalle und Zentralschule — sie alle formen sich zu einer Einheit. Es ist ein unvergänglicher Kranz, der mich mit dem Spitzberg und seinem Dorfe bis in die Ferne verbindet. Schier ehrfürchtig klein werde ich dann, wenn ich den Klingsteinbrocken in die Hand nehme. Ein Stein wie alle Steine. Und doch wie alle Steine nicht tot und nicht stumm. Vieles vermag er zu erzählen. Schollengeheimnisse offen bart er. Freilich ist seine Sprache nicht jedem Menschen verständlich. Das Rüstzeug einer umfangreichen Wissen schaft, der Geologie oder Erdgeschichte gehört zur Lösung seiner Rätselworte. Nur wenige wirkliche Deuter gibt es. Ein tüchtiger Forscher ist Professor D r. Rein hold Ncinisch. Er stammt aus Oberoderwitz. Viele seiner wissenschaftlichen Arbeiten haben in dem Kreise der Fachleute seinem Namen einen guten Klang verliehen. Sein letztes Werk gilt der Heimat. Im Auftrage des säch sischen Staates hat er die geologische Spezialkarte der Sek tion Zittau-Nord im Maßstabe 1:25 Ollst neu bearbeitet. Die erste Aufnahme dieses Kartenblattes erschien 18S5 von Th. Siegelt unter der Bezeichnung Sektion Zittau-Ober oderwitz. Seit Jahren war diese Karte im Buchhandel ver griffen. Auch haben sich die wissenschaftlichen Anschauungen in den verflossenen Jahrzehnten wesentlich geändert. Die Neuaufnahme, die Professor Reinisch in den Jahren 1925— 1929 vornahm, hat deshalb dem Kartenbild ein völlig neues Gewand gegeben. Wenn man beide Aufnahmen mit einander vergleicht, werden die zahlreichen Veränderungen auffällig. Auf dem Kartenblatt ist das Gebiet zwischen Zittau- Großschönau — Spitzkunnersdorfs—Eibau—Großhennersdorf geologisch dargestellt. Wie im gesamten sttdlausitzer Hügel lande, bildet auch hier der Granit das Kerngerüst der Landschaft. Zwar tritt im Nordwesten der mittclkör- nige Lausitzer Biotitgranit zutage. In älteren geologischen Werken führt dieser Einglimmergranit die Be zeichnung „Granit" sz. B. verlassener Granitsteinbruch am Grundwasser nördlich von Oberoderwitz und in den Groß hennersdorfer Bergen). Die Südosthälfte des Gebietes wird von dem früher als Rumburger Granit bezeichneten grobkörnigen Jsergebirgsgneis unterlagert. Durch die Untersuchungen G. Bergs „Diel Gesteine des Jsergebirges und seines nördlichen Vorlandes, Jahrbuch der Preußischen Geologischen Landesanstalt für 1922" und H. Stenzels „Tektonik des Lausitzer Granitmassivs, Ab handlungen der Preußischen Geologischen Lanöesanstalt, Neue Folge 1924, Heft 90, 8" ist nun endlich mit der Be zeichnung Numburger Granit gebrochen worden. Wie der LausUer Birtitgranit ist auch der Jsergebirgsgneis nur selten günstig aufgeschlossen sz. B. im Bahneinschnitt nord östlich vom Bahnhof Hainewalde und an den Mandan- Hängen von Hainewalde bis Großschönau). Dieser Jser gebirgsgneis ist das älteste in der Gegend auftretendc Gestein. Wie die Menschheitsgeschichte teilt man die Erd geschichte in vier große Abschnitte ein: in Urzeit, Alter tum, Mittelalter und Neuzeit. Die gewaltigen, nicht mehr mit kurzem Menschenmaß zeitlich erfaßbaren geologischen Zeiträume werden wieder in Unterabteilungen zerlegt, die besondere Namen führen. Jsergebirgsgneis und Lausitzer Biotitgranit sind Kin der des Altertums der Erde. Noch heute künden Gesteins aufbau und Lagerungsverhältnisse, daß beide Gesteine aus feurigflüssigem Magma im Innern der Erde entstanden sind. Gebirgsdruck preßte dem älteren, in der sogen. Vor kulmzeit entstandenen Jsergebirgsgneis den flaserigen Ge steinscharakter auf. Wahrscheinlich gehört der Jsergebirgs gneis in die Zeit der kaledonischen Gebirgsbildung. Der jüngere Lausitzer Biotitgranit drang erst in der Zeit zwischen Oberkarbon und Rotliegendem in die Sediment decke ein. Hellere Granitgänge sAplite und Pegmatit), ! z. B. am Eisberg bei Großhennersdorf, und dunklere Diabase jLamprophyre), z.B. am rechten Mandauufer bei Hainewalde, durchziehen die beiden Altgesteine. Im Kartengebiet wird das Grundgebirge gleichfalls von meh reren Quarzgängen begleitet, z. B. südwestlich von Spitzkunnersdorf „Weißer Stein" und am Hainewalder Schlosse. Sie gehören der pneumatolytisch Phase des mag matisch-tektonisch Zyklus an. Diese Quarzgänge verdanken ihre Entstehung jüngeren Zerbrechungen. Meistens ist das Grundgebirge von den noch jüngeren Schichten des Tertiärs, Diluviums und Allu viums verhüllt. Diese jüngsten geologischen Ablagerungen gehören bereits der Neuzeit der Erdgeschichte an. Das Tertiär war für das Oderwitzer Tal ein Zeitalter aus gedehnter Schollenrevolutionen. Erdbeben erschütterten das Land, Lausitzer Hauptverwerfung und Erzgebirgsabbruch wirkten sich auch hier aus. Glutflüssige Lava drang aus Spalten und Rissen und überdeckte den alten Grund gebirgskern mit Decken und Quellkuppen. Hoch in die Luft geschleuderte Aschemassen verdüsterten die Sonne und unterbrachen den Feuerfluß aus Erdenschoß. Als Asche regen fielen sie nieder. Schicht häufte sich auf Schicht. Das mitgeführte Wasser verkittete die Tonteilchen zu Tuff. Neue Ergüsse dunkler Basaltlava folgten. Mehrfach wüteten die unbändigen Erdgewalten. Nach kurzer Zeit der Ruhe dröhnte und brüllte die Erde wieder. Erneut barst die Scholle. Unter dem Broden einer gärenden Urwelt stiegen graugrüne Klingstein lavaströme empor. Der ältere Basalt und der jüngere Klingstein wurden aus Feuersgluten geboren. Unten in den Becken, im Zittauer und Oderwitzer, die nur durch die Basalte von Scheibe und Niederoderwitz getrennt sind, ver sinken grünende Baumriesen einer wärmeren Zeit im Sumpf, vermorschen nicht, sondern werden zu Kohle. Bäche tragen zerschundenes Astwerk in die Kessel und begraben die Baumleichen mit Schlamm und Sand. Zu Tuff erhärtete Vulkanasche ist oft zu finden. Da diese Aschenlagen ringförmig die Vulkanberge in verschie dener Höhenlage umziehen und außerdem in ihren Be standteilen wechseln, zeugen sie von mehreren Eruptions phasen, z.B. am Oderwitzer Spitzberg in 410—420 ui Höhe sNorstostabhang). Bei der neuen Brunnengrabung für die Oberoderwitzer Wasserleitung konnten nach dem Bohrprosil ebenfalls zweimal Tuffe durchstoßen werden, bei 9,20 in Tiefe (etwa 399 ru) und bei 20,80 in Tiefe setwa 328 rn Höhe). In den Großhennersdorfer Bergen, die auch iu mehreren Eruptionsintervallen entstanden, sind Tufflagen in 330, 340, 360, 380 und 400 in Höhe aufgeschlossen. Der Basalt des Oderwitzer Spitzberges gehört zur Decke von Oberoderwitz — Spitzkunnersdorf — Hainewalde, die einen Teil des tertiären Zyklus des Böhmischen Mittel gebirges bildet. Nach I. Hazard „Über die petrographische Unterscheidung von Decken- und Sticlbasalten in der Ober lausitz" ist bei Basalten der Hornblendegehalt ein sicheres Kennzeichen für Ausbruchskanäle. Diese Hornblendebasalte