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50 OberlaufltzsrHelmatzsitung Är. 4 großen Verdienste um die Verbandssache die Ehrenmit gliedschaft verliehen. Der Vorstand sprach die Hoff nung aus, daß der Genannte ihm auch ferner seine reiche Erfahrung nicht entziehen werde. Der Geehrte dankte mit bewegten Worten und erteilte die erbetene Zusicherung. Es erfolgte dann die Verteilung eines Werüeblattes zu gunsten des Verbandes, wozu der Vorsitzende kurze Er läuterungen gab. Es soll namentlich den noch fernstehenden zielverwandten Vereinigungen und den Behörden der Lausitz zugestellt werden. Nach einer kurzen Erholungspause trug Herr Kittel den Haushaltplan für 1932 vor. Der erheblich erweiterte Aufgabenkreis des Verbandes bedingt trotz beträchtlicher Einsparungen einen Fehlbetrag von 400 Mark. Da die Frage an die Versammlung, in welcher Weise dieser Be trag ausgebracht werden solle, unbeantwortet blieb, wurde auf Vorstandsantrag die Erhöhung der unverhältnismäßig geringen Kopfsteuer von 10 Pf. auf IS Pf. einstimmig be schlossen. Auch die Stimmberechtigten, die gegen diese Maß nahme zunächst verständliche Bedenken Hatten, konnten sich nach den geschickten Darlegungen des Schatzmeisters der zwingenden Notwendigkeit nicht verschließen. Sehr ergiebig war die Aussprache über das Kapitel „Jugendgruppen') hierzu gab namentlich Herr Kretschmer (Neukirch) wert volle Anregungen. Es wurde als wünschenswert bezeich net, daß sich der Verband mit noch größerem Nachdruck der Jugendpflege befleißigt. Über die Werbearbeit sprach im Anschluß an das ausgegebene Blatt Herr Köhler (Groß schönau). Ein besonders gutes Propagandamittel sei die Bergünstigungsliste, die eine ganze Menge wertvoller Er weiterungen aufzuweisen hat. Auch hierzu gab Dr. Lampe beachtliche Anregungen. Der Reichsverband der Gebirgs- und Wandervereine, der einen Drahtgruß gesandt hatte, veranstaltet im September eine große Tagung im Saar gebiet. Mit lebhafter Genugtuung nahm die Versammlung zur Kenntnis, daß Dr. Heinke sich bereit erklärte, bei dieser Gelegenheit die Lusatia ohne Inanspruchnahme der Verbandskasse zu vertreten. Von den zahlreichen An gelegenheiten minderer Bedeutung, die zur Erörterung kamen, ist zu berichten, daß die Frage der Haftpflichtver sicherung für die Vereine nicht zur Ruhe kommen will. Da die Verhältnisse im einzelnen sehr verschiedenartig liegen und im übrigen wegen der Kostenfrage hat sich die einheit liche Regelung der Angelegenheit von Verbands wegen als undurchführbar erwiesen,' gleichwohl soll festgestellt werden, für welche Vereine diese Frage von Belang ist, und die Vermittelung des Verbandes in Anspruch genommen werden. Bezüglich der für 1932 geplanten Veranstaltungen sind keine Änderungen eingetreten. Die Wanderversammlung findet am 8. Mai von 14 Uhr ab auf! dem Bieleboh statt. Die geschäftliche Herbsttagung ist für den S. Novbr. in Herrnhut vorgesehen. Außerdem kommen im Wir kungsbereich der Lusatia einige Gedenktage in Betracht, an denen 5er Verband nicht vorübergehen kann. Die Be ratungen wickelten sich erfreulich glatt und reibungslos ab. Reichard. Ser Kampf um die KirchvMe Dr. G. Taute, Dresden Wie lebhaft in früherer Zeit das Interesse des Volkes an Kirche und kirchlichen Dingen war, das zeigt ein Vor gang, der sich vor mehr als ISO Jahren in dem Dorfe Kittlitz bei Löbau abspielte. Dort war in der Mitte des 18. Jahrhunderts eine neue Kirche gebaut worden. Sie hatte viel Geld gekostet, so daß es zuletzt nicht mehr zum Turme zureichte. Da kam man auf den Gedanken, die Kirchenstünde, die bisher den verschiedenen eingepfarrten Gemeinden ohne Gebühr zu geteilt gewesen waren, an einzelne Personen zu vermieten, um mit dem Erlös den Turm zu bauen. Die Gemeinden wurden davon in Kenntnis gesetzt und befragt, ob sie die bisherigen Stände behalten wollten oder nicht. Im letzte ren Falle würden sie vermietet. Diese Drohung wurde auch wirklich in einzelnen Fällen durchgeführt. Das er zeugte aber böses Blut und hatte unvorhergesehene Fol gen. Es kam zu so ernsthaften Vorfällen, daß schließlich eine Untersuchung angestellt wurde. Da berichtete am 26. April 1771 ein gewisser Findeisen aus Gorbitz, er habe sich am vorigen Sonntage auf seinen Platz nahe der Orgel gesetzt. Da sei beim Anfänge des deutschen Gottesdienstes (Kittlitz liegt in der wendisch deutschen Sprachgrenze und hat doppelsprachigen Gottes dienst) der Förster aus Lautitz gekommen und habe recht wütend zu ihm gesagt, er solle sich aus dem Stande sogleich packen. Als Finöeisen sich geweigert und sich auf sein 13 jähriges Besitzrecht berufen, habe ihn der Förster un vermutet gepackt und ihn mit Hilfe einiger anderen Män ner mit Gewalt von seinem Platze verdrängt und noch einige andere, die auf derselben Bank gesessen hatten. Findeisen habe dann Stock und Mütze genommen und sich wieder auf seinen alten Platz gesetzt, die anderen aber seien gewichen. Daraus habe der Förster zwei Knechte aus Lautitz an die beiden Ecken der Bank setzen und Wache halten lassen, „solange, bis soviel Leute gekommen, daß die Bank von ihnen besetzt würde". Das geschah während des Gottesdienstes. Doch war das nur der Anfang. Die Reibungen nahmen von Sonn tag zu Sonntag zu und nahmen so bedrohliche Formen an, daß nach einiger Zeit die beiden Kirchväter vor dem Gerichtshaltex erschienen und meldeten: Vor vier Wochen hätten die Lautitzer, die Bellwitzer und die Kleinraömeritzer die angeschriebenen Namen auf den vermieteten Ständen mit Ölfarbe überstrichen. Dann hätten sie diese Plätze wieder eingenommen, ohne jemand anderes in dis Bänke zu lassen. Dann hätten die Bell witzer — selbst während des Gottesdienstes und der Pre digt — die Messer herausgezogen und die von ihnen selbst am Sonntag vorher über die angeschriebencn Namen ge strichene Ölfarbe wieder weggeschabt und zugleich aber auch die angeschriebenen Namen selbst ausgekratzt und einen von diesen Namen ganz ausgeschnitten. In den Lautitzer Bänken hätte ein einziger Mann dieses Zer störungswerk allein ausgeführt, indem er von einer Stelle zur anderen gegangen sei. Die abgeschabte Ölfarbe und die Holzspäne hätten sie von den Emporen in die Kirche hinunter und den Leuten auf die Köpfe geblasen. Nach solchem Unfug mußte ernstlich eingeschritten wer den. Es galt, die Unbilden zu den Akten zu bringen. Das ergab folgendes Bild: Der Großgärtner Strehle aus Mauschwitz zeigte an: als er vor kurzem in die Kirche gekommen sei und seinen Platz eingenommen habe, da sei der Bauer Weber aus Nechen in die Lautitzer Stände gekommen und habe ihm befohlen, von seinem Stande zu weichen. Als er sich ge weigert, sei Weber mit Gewalt auf ihn eingeörungen, habe sich an die Säule gestemmt und ihn von da aus geschubbt und stark gedrückt, daß er kaum Atem gekriegt. Als er ihn doch nicht wegdrüngen konnte, habe er, Weber, sich auf Strehles Knie gesetzt und sei solange sitzen geblieben, als die wendische Predigt gedauert habe. Auch während der Predigt habe Weber zu drängen angefangen und allerhand Schimpfreden geführt. Ähnlich sagten andere aus. Das Kunststück des auf die Knie-Setzens war überhaupt sehr beliebt. Man kann sich denken, welche Andacht die beiden Beteiligten hatten. Der Besessene Hütte sich der unan genehmen Belastung ja entziehen können, indem er weg gerückt wäre. Dadurch hätte er aber seinem Bedrücker das Besitzrecht überlassen. Das wollte er natürlich auch nicht,