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20 GberlausitzerHe!matze!tung Nr. 2 Der Stadtrat hatte mit dieser Neugründung die Ab sicht gehabt, unabhängig von der ersten Siedelung am Jonsberg hier ein neues, vollständig selbständiges Dorf anzulegen. Deshalb erhielt sie durch Ausstattung des Wehleschen Grundstückes „mit dem Privilegio eines Freyen Ztttauischen Bierschankes, samt Schlachten und Backen" die Anlage zu dem späteren Gerichtskretscham. Ferner stellte der Stadtrat die Neujonsdorfer unter ein vom Altjons- dvrfer verschiedenes Steuerverhältnis und befahl ihnen, ihre Kirmes 14 Tage vor der Altjonsdorfer zu feiern. Be sagte Absicht des Staötrates wurde jedoch vereitelt. Bei der langsamen Entwickelung Neujonsdorfs vor 1700 lohnte sich der Gasthausbetrieb im Wehleschen Grundstücke nicht und ging unter dein Nachfolger Birnbaum vollständig ein. Demzufolge mußten die Neujonsdorfer ihre Bierzüge bei Hochzeiten und Kinötaufen nach dem Altjonsdorfer Erb- krctscham verlegen. Als aber Neujonsöorf nach genannten^ Jahre schneller wuchs — 1607 zahlte es 15, 1718 schon 40 Häuser — und den Neujonsdorfern die langen Bierzüge bis ins Borderdvrf durch den Busch „auf der Heide" lästig wurden, begehrten sie wieder nach ihrem eignen „privile gierten" Vierschank. Der Altjonsdorfer Richter George Rudolph erkannte die Gefahr, die damit ihm und seinem Geschäfte drohte. Er richtete zunächst einen Bierschank in Neujonsöorf neben der Niedermühle (jetzt Nr. 2) ein, „den er an Friedrich Kuntzen" verpachtete. An den Stadtrat aber richtete er ein Gesuch, mehrere Baustellen „näher an Alt- jonsdors" anweisen lassen zu wollen. Am 10. Juni 1718 er schien der ttnterverwalter von Jonsdorf Dr. Joachim Günther „in des Zittauer Nathes Namen" und bereinte 20 Baustellen, von denen Rudolph eine ans der Dammwiesc an der Lichtewalöer Straße kaufte, sofort bebaute und mit dem Neujonsdorfer Bierschank unter obengenanntem Pach ter belegte. Diese Neujonsdorfer Schenke, Dammschcnke ge heißen, ist seitdem gemeinsam mit dem Altjonsdorfer Ge richtskretscham ununterbrochen im Besitze der Jonsdorfer Erbrichter geblieben bis l872. So entstand eine neue An siedelung in Neujonsdorf: die Häuser an der Lehne zwi schen Schwarzwassertal und Lichtewalöer Straße. Der kluge Richter hatte seinen Zweck erreicht: Die Neujons- dorser hielten ihre Bierzügc in ihrer „Dammschenke" und vergaßen darüber ihr Privilegium, eine selbständige Ge meinde zu bilden. Er selbst aber machte dabei sein Ge schäft: er verkaufte sein Zittauisch Bier nun auch in Neu jonsdorf, vereinte beide Dörfer zu einer Gemeinde und vergrößerte und stärkte dadurch seine Machtbefugnis und Stellung. Entstehung der Heide: Einen Grund dafür, das in den „alten Haynen" angelegte neue Dorf zn einer selb ständigen Gemeinde zu machen und von einer Vereinigung desselben mit Jonsdorf abzusehen, bildete, wie schon er wähnt, der dichte Busch, der zwischen beiden Siedelungen lag, die Heide. Diese natürliche Scheidewand fiel bald nach der Zeit,«in welcher der Altjonsdorfer Richter Rudolph durch seine weitschauende Gemeindepolitik eine Verschmel zung beider Dörfer zu einer Gemeinde angebahnt hatte. 1731 wurde der Wald auf der „Heide" geschlagen, und schon im nächsten Jahre gab der Stadtrat einen großen Teil dieser zwischen den beiden kleinen Qnertälern gelegenen, nach W. und N geneigten Hochfläche zur Besiedelung frei, ließ aber ans Gründen der Erfahrung und Nützlichkeit ss. u. Huttigwiese) vorerst einen Vebanungsplan für diese neueste Siedelung anfstellen. Den Auftrag hierzu erteilte er dem damals zufällig in Zittan weilenden berühmten churfürstlich-süchsischen Feldmesser Zürner aus Dresden. Dieser teilte das fast quadratische Gelände in vier Streifen zu je acht Baustellen, jede 150 Ellen lang und 50 Ellen breit. In die Mitte legte er die Hauptstraße von 16 Ellen, zn beiden Seiten und quer hindurch je einen Weg von 8 Ellen Breite. Noch in demselben Jahre erbaute der Weber Andreas Birnbaum hier das erste Haus (jetzt 118, Land haus „Erich"). So entstand in den Jahren 1732 bis Ende des 18.Jahrhunderts nach und nach der Ortsteil die „Heide" mit „Großer" und „Kleiner Seite", das verbindende Glied zwischen Alt- und Neujonsöorf. Er wird mit seinen 34 Grundstücken zu Neujonsdorf gezählt. Entstehung des Ortstciles Huttigwiese (Station „Bad Jonsdorf"). Kurz vor Besiedelung der „Heide" hatte das Vorderdorf ein Anhängsel bekommen, die sogen. Huttigwiese. Schöppenbuch 7 berichtet auf S. 16 in einer Niederschrift vom 30. Mai 1705 vön der Beilegung eines nachbarlichen Wegstreites „im Förderdorfe" durch einen „Vergleich der 10 Anlieger in denen Gerichten zu Johnsdorf", daß der strittige Weg „schon 1725 von den ersten Vier neuen Anbauern, zum gehen und zum fahren bedungen worden". Die Gründung dieses Orts teiles fällt demnach in das Jahr 1725 oder kurz vorher. Auch in späteren Jahren sind hier Auseinandersetzungen zwischen Nachbarn in Weg- und Grenzangelcgenheiten vor gekommen. Sie hatten ihren Grund fast immer in der ganz unregelmäßigen Anlage dieses Ortsteiles, bei der man versäumt hatte, vor Beginn derselben einen regelrechten Bebauungsplan aufstellen zu lassen. Die Folgen der will kürlichen, planlosen Vereinung und Bebauung der ersten Grundstücke machten sich später unangenehm bemerkbar. Diese schlossen und engten sich sehr ost gegenseitig auf allen vier Seiten ein, von Haus zu Haus und zur Verbindung mit dem Hauptverkehrswege mußten unnötig viel Fuß steige und Nebenwege angelegt werden, deren Instandhal tung besonders in schneereichen Wintern noch heute An lieger und Gemeinde belastet, und Grund und Boden ging auch verloren. Doch „dnrch Schaden wird man klug". Etwa ein Jahrzehnt später, bei Besiedelung der Heide (s. oben) machte man sich diese Erfahrung zu nutze. In Neujonsdorf entstanden im letzten Viertel deö 18. und ersten des 10. Jahrhunderts zwei neue kleinere Ortsteile durch Bebauung der Flurstücke „Bärgassc" und „Brand". Bon der Heide führt ein Fahrweg nach dem Walde unter den Mühlsteinbrnchen, der vor dem Neujonsdorfer „Kurhaus zur Gondelfahrt" in die Lichtewalöer Straße ein mündet. Von 1776 bis 1704 (Schppnbch. VI) wurden an und nahe diesem vom Zitt. Stadtrat durch den Inspektor von Jonsdorf Scabinns Hering 31 Banstellen zur Bebauung „innerhalb eines Jahres" vereint und „verreicht". Da aber einige der Ankäufer die Grundstücke bebauten, andere die selben bebaut oder unbebaut ohne Vorwissen des Stadtrats weiter verkauften, ließ dieser im Jahre 1800 sämtliche 31 Käufe dnrch den damaligen Inspektor von Jonsdorf Sena tor Gottfried Benjamin Weibisch „revidieren" und neue „Rekognitionsscheine" für die nunmehrigen Besitzer aus stellen (Schöppenbuch 7, S. 100—237). Nach diesen waren die ersten Ankäufer bez. Anbauer der Bärgasse auf der linken Seite (nach dem Walde zu gesehen) Gottlieb Wehle (jetzt Herm. Kunze 140), Johann Gottfried Rudolph (Pae<h 151), Johann Michael Wehle (Adolf Bnttig 152), Gottlob Krnsche (Gustav Giinzel 153),' auf der rechten Seite: Chri stian Friedrich Birnbaum (Max Wehle 154), Gottfried Kunze (Schorsch 155), Christian Knobloch (Elstner 156), Gottfried Wieöemuth (Reinhard Knobloch 157). Benannt ist dieser neue Ortsteil nach dem nächstlie genden ums Jahr 1560 erschlossenen Mühlsteinbrnche „Bär loch", zu dem von der „Heide" aus der kürzeste Weg dnrch die „Bärgasse" führte. (Näheres über diesen Flurnamen s. OHZ., Jahrg. 1020, Nr. 17.) Der Flurname Brand (Herd eines Walöbrandes) für den darauf entstandenen Ortsteil, ist im Bolksmnnde nicht mehr gebräuchlich. Da er unmittelbar an den „Kamm", das von der Dammwiese bis an den Wald reichende be baute Stück der Lichtewalöer Straße nach Osten zu an schließt, fällt er mit unter die allgemeine Bezeichnung „auf dem Kamme". Nach dem Urteile des damaligen