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kerl er hat es auch bei den Schüler gemacht dort solt ihr schon mit abbrennen". An der gleichen Faltung, wie an der Tinte erkennen wir, daß alle drei Briefe von einer Hand stammen. Der zweite Drohbrief wurde im Hausflur zum „Stübel" des Verdermannschen Hauses gefunden ldie Häuser haben oft einen besonderen Eingang zur Wohnung, zum „Stübel" der Hausleute, früher Inwohner genannt). Vielleicht waren die Inwohner dieses Hauses Böhmen. Der dritte Brief lag auf dem Fenster neben der Tür des Ortsrichter Gäb- lerschen Hauses. Dieser, an den die Drohungen auch mit gerichtet sind, hält von nun an mit seinen Söhnen Nachtwachen. Trotz dem findet man bei ihm in der Nacht vom 20. zum 21. Juni wieder einen Drohbrief, der unter dem Scheunentor hin eingesteckt worden war. Sein Äußeres ist ziemlich ver schieden von den ersten drei. Obwohl er wie jene gefaltet ist, hat ihn der Schreiber diesmal mit Schusterpech ver siegelt. Die Adresse ist außen ausgeschrieben. Man erkennt auch deutlich, daß die beiden Seitenteile nachträglich be schrieben wurden. Er wirkt besonders geheimnisvoll und kann schwieriger entziffert werden, da alles in großen Buchstaben ohne Lücke geschrieben ist, Komma und Punkt wie auch in den anderen Drohbriefen gänzlich fehlen. Eine Probe: An RichTEN und SchWARZBach JHRLJEBENGAENTNERJCHLAE GEEJCHNOCHWASFORWENJHR DASWOLTMACHENWENJHNZ3TALEN MJRGAEBETSOSOLDJEGANZE GESCHJCHTEAUSSEJN/// Erst durch diesen Drohbrief wird den Einwohnern be kannt, daß sie auch die vier vorhergehenden Tage nicht in Ruhe verleben sollten. Sein Inhalt lautet: „Ihr lieben Gärtner, ich lege Euch noch was vor. Wenn ihr das wollt machen, wenn ihr 3 Taler mir gebet, so soll die ganze Ge schichte aus sein, und wenn es nicht wird wie ich will, so wird in acht Tagen was großes vorgehn. Geht nur zum Windschmied und fragt ihn ob ein Reisiggebündel vor den Scheuntvren liegt und seht nein, was drin steckt und bei Kliemts Karl auf dem Hüttdach, dort sollte der Kretscham weg. Und die 3 Taler, die legt auf Richters Haussenster, wo auch ein Brief lag. Dort werde ich sie mir abholen, in dieser Woche in der Nacht. Ich hab ihn sehn laufen, sonst kommt es auf mich Christlieb Gäbler hat die Hofscheune angezünüet." — Seitenteil rechts: „Wenn ihr die 3 Taler nicht gebt, so siehts in acht Tagen in Hennersdorf traurig aus." — Seitenteil links: „Wer mich ablauert, den er schieße ich mit der Pistole." Obwohl der Besitzer der Windschmiede leugnet, etwas gefunden zu haben, da er seine Familie nicht beunruhigen will, so beruhen die Angaben doch auf Tatsachen,' denn nach einem Jahre gesteht er ein, daß er die verkohlten Zündhölzer und den Zunder weggeräumt, das Reisig an seinen Platz gebracht habe. Noch eine dritte Brandstiftung wurde in der letzten Woche des Juni an dem Gute des Bauers Posselt versucht. Das Feuer wurde zeitig bemerkt und konnte gelöscht werden. Aber schon am 29. Juni stand die Hofscheune und am 9. Juli das Anwesen des Gärtners AK.Brückner in Hellen Flammen. Während man sich bei den Aufräumungsarbeiten noch von den Schrecknissen der beiden letzten Feuer unterhielt, durcheilte am 12. Juli die Kunde von einem Brandbriefe an den Häusler Ulbrich das Dorf. Ulbrichs Weberbursche, mit Namen Schäfer, hat ihn in einem Strauche hängend, mit einem schwarzen Strähn zusammengebunden, gefunden. Ein vergilbtes Blatt, 18X22 oru groß, ist auf beiden Seiten beschrieben. Schon der An fang macht uns mit dem Inhalt des Brieses bekannt: „Der gottlieb Olrich der eingal über den armen Menschen her ist und sbricht mit euch armen Menschen hats Keine Noth ihr Türtunr (dürft nur) was thun . . . ." Da Brandstiftungen und Drohbrieswersen derartig überhand nahmen, sah sich die Justizkanzlei endlich ge zwungen, schärfere Maßnahmen zu ergreifen. Eine Kom mission, aus dem Kanzleidirektor, einem Aktuar, dem Kanzleidiener, dem Ortsrichter von Dornhennersdorf und dem Gendarm bestehend, begab sich an Ort und Stelle, um die Untersuchungen durchzuführcn. Arme Ortseinwohner, die sich im Dorfe unbeliebt gemacht hatten, wurden ver hört bezw. abgeführt, darunter eine ganze Familie: Vater, Mutter, Sohn und Tochter. Wer rote Farbe besaß, kam in Verdacht, weil bei zwei Drohbriefen das Feuer mit roter Farbe gemalt war. Auch wer im Zeichnen „einiges Ge schick erlangt hatte", mußte brennende Häuser malen, die dann mit den Zeichnungen auf den Brandbriefen verglichen wurden. Mehrere verdächtige Bewohner mußten nach Dik tat ein Stück der Drohbriefe nachschreiben, um die Hand schriften vergleichen zu können; denn der Lehrer Neumann hatte den Schreiber als einen seiner Schüler erkannt, der nicht vor 1838 das Schreiben erlernt haben konnte, was er an der Form des „ch" nachwies. Der Lehrer muß auch die Schulvorschriften ehemaliger Schüler an die Kanzlei ab liefern. Von anderen Verdächtigten verlangt man, um sie nicht stutzig zu machen, Schuldscheine selbst über geringe Beträge. Abermals begibt sich die Kommission nach Dorn hennersdorf. Das Jahr vergeht über die Verhandlungen, man läßt die Verhafteten frei, nichts ist erreicht. Die Un kosten betragen rund SO Taler. Da brennen in der Nacht vom 4. zum S. Januar 1858 die Anwesen des Gärtners Blumrich im angrenzenden Oberweigsdorf, am 9. Januar das Haus des Webers Kummer in Dornhennersdorf und in der Nacht vom 25. zum 26. Januar drei Anwesen, nämlich des Bauers Riedel, des Ehr. Gottlieb Gähler und des Chr. Gottfried Gäbler, alle in Dornhennersdorf, nieder. Aufregung! — Verhöre! — Tag um Tag verstreicht. — Kein Ergebnis. Am 18. April ertönt abermals Feueralarm. In Ober- weigsdorf wird das Gut des Bauers Weickelt von dem rasenden Elemente verzehrt. Erschöpft durch die Lösch arbeiten während der Nacht gehen die gehetzten Bewohner an ihre Arbeit, suchen sie für ihre aufgepeitschten Nerven am folgenden Abend Ruhe. Kaum haben sie über den Sor gen und der Angst vor der Zukunft Schlaf gefunden, so verkündet das Wächterhorn ein neues Feuer. „Beim Männig-Bauer!" Nach vier Tagen bereits werden sie von neuem beun ruhigt. Am 23. April wurden vormittags, fast zu gleicher Zeit, drei neue Brandbriefe gefunden, in Abständen von 200 zu 200 Schritt auf dem Fußgängerwege oder im Straßengraben. Neue Besitzer werden bedroht: der Eifler- Bauer, Weise, Brendler und Richter-Bauer. Auf dem ersten lesen wir: „Mordbrenner Brif an den Eifler Bauer in Hohennersüorfd." Das brennende Wohngebäude und der Teufel sind nebst der Jahreszahl 1855 darauf gemalt. Bei dem zweiten Zettel, wie auch beim dritten, nimmt der Schreiber Bezug auf die Zeichnung des ersten und fügt im Text hinzu: „ soll Brennen in Teufel Namen hin." Außerdem sind auf der einen Seite des Brandbriefes die drei Bauern, auf der anderen die Gebäude nebeneinander ausgezeichnet. Andere Leute werden verdächtigt, festgenommen. Der Finder des einen Zettels kommt deshalb als Urheber in Frage, weil er als sechsjähriger Junge ein Haus ange zündet hat. Ein anderer Bursche wird fast sechs Wochen eingesperrt, weil er mit verdächtigen Leuten Umgang pflegte und einmal der Kommission, die in der nächsten Zeit viermal in Dornhennersdorf weilte, ausgewichen war. Die Kreisöirektion in Bautzen ordnet einen Regie rungsrat ab, der nicht nur in Reibersdorf die Akten ein sehen, sondern auch an Ort und Stelle „Recherchen" an-.