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Während nun die Abtissin des Klosters St.Marienth.il als Kollaturherrschaft und auch der Rat von Zittau diesem Vorhaben zustimmten und die klösterlichen Untertanen von Reichenau sich sogar erboten, die Orgel auf ihre Kosten bauen zu lassen, erklärten die Bewohner des Zittauer An teils und hauptsächlich die Lichtenberger sich dagegen, weil sie ihre Kirchenstände nicht hergeben wollten. Infolge dieses Widerstandes und auch wegen des in diesen Jahren wütenden Krieges verzögerte sich die Sache bis zum Jahre 1765, wo die alte Orgel ihren Dienst fast gänzlich einstellte. Die klösterlichen Untertanen nahmen deshalb den alten Plan wieder auf und waren auch zu ihrem früheren Anerbieten wieder bereit. Dagegen ver harrten die Lichtenberger bei ihrem Widerstande, so das; die Sache schließlich vor das Oberamt in Budissin kam. Da aber auch die Verhandlungen dieser Behörde ohne Erfolg blieben, ordnete dieselbe eine Kommission ab, die an Ort und Stelle die Sache untersuchen und friedlich schlichten sollte. Es war dies der fünfte Versuch. Die Kommission bestand aus neun Personen, nämlich aus zwei Deputierten des Oberamts, aus drei Vertretern des Klosters sKlostervogt, Sekretär und Aktuar) und zwei Abgesandten des Rates von Zittau, ferner aus dem Bau schreiber und dem Orgelbauer Schmal. Erschienen waren ferner alle Gerichts-Ältesten, die Bauern und Gemeinde- Ältesten, die Häusler und alle stimmfähigen Personen aus Reichenau und Lichtenberg. Von den klösterlichen Unter tanen waren ohne Ausnahme alle versammelt. Die Kommission arbeitete drei Tage, vom 15. bis 17.Dezember. Die Arbeit begann mit der Teilnahme am sonntäglichen Frühgottesdienste, „allwo eine ansehnliche Ktrchfahrt zu sehen und die Kirche mit Zuhörern ungefüllt gewesen, daß, wenn diese ihre Stimmen stark erhoben, die alte Orgel fast gar nicht zu hören gewesen". Es galt nun, drei Fragen zu erörtern: 1. ob eine neue Orgel nötig sei,- 2. an welchem Orte sie gebaut werden solle,- 3. wie die verloren gehenden Plätze ersetzt werden sollten. Die Frage 1 wurde von allen, auch von den Lichten bergern, bejaht, über die 2. und 3. war keine Einstimmig keit zu erzielen. Die Lichtenberger wiesen jeden Entschädt- gungsvorschlag zurück, bald war der vorgeschlagene Ersatz zu zugig, bald waren die Bänke zu eng, bald war es ihnen unangenehm, daß sich unter den ihnen angcbotenen Stän den anch solche der klösterlichen Untertanen befanden, wo durch sie in ihrer Geschlossenheit getrennt werden sollten. Kurzum, sie erklärten, daß ihre Plätze die besten in der ganzen Kirche seien, was ihnen auch zugestanden werden mußte, und sie nur einem Machtspruch weichen würden, da sie es anders nicht vor ihren' Kindern und Nachkommen verantworten könnten. Die Gegner legten ihnen diesen Widerstand als Halsstarrigkeit ans und hielten ihnen vor, daß sie nichts zur Ehre Gottes und zur Zierde der Kirche beitragen wollten. So waren die dreitägigen Verhandlungen völlig frucht los gewesen, und deshalb entschied das Oberamt, daß die Orgel auf dem ausgewählten Platze gebaut werden sollte und die Lichtenberger sich zu fügen hätten. Dagegen sollten die klösterlichen Untertanen sofort 1200 Taler zum Bau erlegen und auch gehalten sein, nötigenfalls ftir den Rest aufzukommen, ohne daß die Lichtenberger und die Rats- Untertanen etwas beizutragen hätten. So war die schwierige Sache zwar entschieden, aber sie sollte für Reichenau und Lichtenberg doch noch einen bitte ren Nachgeschmack haben. Denn die durch die Kommission entstandenen Kosten mußten von den beiden Gemeinden zu gleichen Teilen getragen werden, und diese betrugen nicht weniger als 130 Taler 11 Neugroschen 3 Pfennige. Wie war es aber zu dieser unverhältnismäßig hohen Summe gekommen? Obgleich die Kommission erst am !5. Dezember ihre Tätigkeit ausgenommen hatte, so be- - ginnt doch die Rechnung schon mit dem 4. Dezember, da an diesem Tage in Zittau ein Koch und zwei Gehilfen bestellt wurden. Die Verpflegung während der Tagung geschah nun in der Weise, daß im Pfarrhause eine Tafel für die Herren der Kommission ohne den Orgelbauer aufgestellt war. An dieser speisten mittags und abends an den drei Tagen 14 Personen, nämlich außer den Kommissionsmit gliedern noch drei Offiziere, die wahrscheinlich in Beglei tung des Klostervogts gekommen waren, und die beiden Reichenauer Geistlichen. Gleichzeitig war im Kretscham ein Tisch für die Bedienten und Kutscher. An diesem aßen auch der Orgelbauer, sowie der „Landbereuter" aus Bautzen und je sechs Kutscher und Bediente. Außerdem war auf der Pfarre noch ein Nebentisch für den Koch und seine beiden Gehilfen, für zwei Aufwärter und fünf Mägde. Das Haupttraktement fand am Montag statt. Zu demselben waren euch 15 Gerichtspersonen, die beiden „Schulbedien ten", die beiden Kirchväter und ein Baumeister geladen. Im ganzen waren cs 37 Personen. „Es sind zum Haupt traktement auch die Lichtenberger geladen worden, haben auch zu kommen versprochen, sind aber nicht Sageblieben." Am Dienstag abend sind die Überbleibsel von 20 Personen (darunter der Landbereuter, die beiden Schulbedientcn und die Kirchväter) vollends verzehrt worden. „Es sind hierzu auch die Lichtenberger wiederum invitieret (eingeladen) worden, sind aber nicht gekommen, sondern sie haben vor mittags nach gehaltener Kommission mit Butter und Brot und etlichen Bonteillen Branntwein voll Genüge von Dies Bedienten und Kutschern Gerichten und anderen Küchen und Aufwärtern die Akten: „Item, da zu dieser Zeit große so sind mehrteils 4 bis 5 Zimmer geheizt Tage an 2 Orten gekocht, gebraten und ge- wozu allerdings viel Holz erfordert wor- zusammen 179 Personen. waren die Hauptkostgänger. Dazu kam noch, „was zum Frühstück oder sonst außer der Zeit an Brot, Butter, Branntwein und Bier ist gegeben worden. Ja, da ist nicht ein Bote oder, wer sonst was zu tun gehabt, ohne ein Stückchen Brot und ein Glas Branntwein erhalten zu haben, abgegangen.^ Und da die Kommission gerade mitten im Winter tagte, war natürlich auch Brennmaterial nötig. Darüber sagen Kälte gewesen, und überdies 3 backen worden, den." Da man vier Klaftern verbraucht hat, ist anzunchmen, daß man nicht gefroren hat. Auch sonst ließ man sich nichts abgehen. Es wurden verspeist an Fischen: Forellen, Karpfen, Bricken und Sar dellen, an Fleisch: Kapaunen, Fasanen, Hasen, 55 Pfund Rindfleisch, ein ganzes Kalb, Schweinefleisch und Wurst. Getrunken wurden 16 Bouteillen schwerer Rheinwein, vier Tonnen Bier aus Zittau, Reibersdorf und dem Kloster, sowie für 5 Taler Branntwein. Außerdem wurden ver- 32 Personen, 55 40 52 uns gehabt." Bei den unterschiedlichen Mahlzeiten sind gespeist worden: von der hohen Kommission an an an braucht: 24 Seidel Butter für 3 Taler 17 Ngr. 7 Pf. 2 Schock Eier „ 1 „ - „ — „ 2 Ziegenkäse „ „ 1 ,, — „ 1 Torte zu backen „ „ 2 „ 6 „ 72 Forellen „ „ /, — „ 8^ Scheffel Hafer „ 8 „ 12 „ — „ 5 Zentner Heu „ 3 „ 8 „ — ,, Tabak und Pfeifen „ - „ 4 „ — „ Bei solchem Verbrauch erscheint die obige Summe noch mäßig, aber den Lichtenbergern, auf die 65 Taler entfielen, war sic viel zu hoch. Sie boten 20 Taler, was aber nicht angenommen wurde. Vielmehr mußten sie auf Befehl des Oberamtes anch noch die entstandenen Extrakosten tragen. Zwar appellierten sie an den Landcshcrrn, den damaligen Prinzregenten Franz Xaver, aber umsonst. Am 22. Dezbr.