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Rechenschaft ablegen von seiner Tätigkeit und dem Volke zeigen, wie der Mensch aus eigener Kraft durch redlichen Willen etwas zu schaffen vermag, wie aber auch aus seinem Lebenswege „eine weise, höhere Leitung sich ahnen lasse". „Die Befürchtung, daß bei Krankheit oder Ableben das Werk unvollendet bleiben würde", trieb ihn zur Eile. Die ausführliche handschriftliche Lebensbeschreibung in 22 Bän den wurde Eigentum seiner Nachkommen; aus ihr fertigte er mehrere Auszüge an. Von ihnen wurde ein Exemplar von 18 Bänden der Dresdner Königlichen öffentlichen Bibliothek, der heutigen Staatsbibliothek, übergeben und zwei Exemplare, in sehr gedrängter Kürze abgefaßt, be finden sich in Görlitz und Löbau. Von der großen, ihres Umfangs wegen zum Drucke nicht geeigneten Sammlung machte er dann selbst noch einen Auszug, der seinem Wunsche gemäß erst nach seinem Tode erschien. Er wurde — zum Besten der Preuskerstiftung — herausgegeben von H. Ernst Stötzner zu Leipzig 1873 unter dem Titel „Lebens bild eines Volksbildungsfreundes. Selbstbiographte von Karl Preusker, 1786 bis 1871". Viele Handschriften von Preusker befinden sich außer dem noch heute in Großenhain. Preusker litt in seinen letzten Lebensjahren an einem Fußübel und an zunehmender Schwäche der Augen, die ihn zwang, das Lesen und Schreiben bei Licht gänzlich zu meiden; auch suchten ihn oft wiederkehrende Schwindel anfälle und Brustbeklemmungen heim. Er verfolgte mit großer Teilnahme die Ereignisse von 1868 und 1870/71. Hatten die Vorgänge des Jahres 1866 ihn in seiner Ab neigung, die er gegen Preußen seit der Teilung Sachsens 1818 hegte, nur noch bestärkt, so führten die Taten der ge einten Deutschen 1870/71, die er mit großer Begeisterung verfolgte und die Wiedcraufrichtung des Deutschen Reichs in seinen politischen Anschauungen einen vollständigen Um schwung herbei. Da gestand er ein, daß der Krieg von 1866 „das einzige Mittel war, Deutschland vor größerem Verfall zu retten". Am 15. April 1871 ging er heim. Karl Preusker war ein Mensch, der selbstlos und treu jederzeit ein warmes Herz für seine Mitmenschen hatte, ein Mensch, dem ein eiserner Wille eigen war, ein Mensch, der frei von allem Eigennutze seine wissenschaft lichen Studien der Allgemeinheit widmete, ein Mensch, der, was wir leider in unseren Tagen oft vermissen, ein Cha rakter war. So wird sein Andenken als das eines „Volks freundes im wahrsten und edelsten Sinne des Wortes" fortleben und sein gemeinnütziges Wirken und Schaffen wird noch in den spätesten Tagen reiche Früchte zeitigen. (Benutzt wurden Preuskers eigene Lebensbeschreibungen.) D r. Paul Arras. Sa, unser WMaKisimmn! Eine Betrachtung über unsere Kinderstube Kein anderes Fest wirft seine Schatten so weit vor aus, wie Weihnachten, und vor keinem anderen gibt es so viele reizende Heimlichkeiten. Sonst zwischen Eltern und Kindern, Brüdern und Schwestern nicht gern gesehen, sind in dieser schönen Zeit die Heimlichkeiten nicht nur erlaubt, sondern sogar geboten und bilden einen großen Teil der Vorfreude, die das liebe Fest verlängern und die Span nung erhöhen hilft. Diese Vorfreude, gemischt mit d-n heimlich betriebene» Vorbereitungen, deren Endziele erst unter dem strahlenden Tannenbaum als Höhepunkt des Festes offenbar werden, möchte wohl niemand entbehren, und vor allen Dingen möchte man sie den Kindern als einen schönen Teil des Weihnachtsfestes solange wie mög- lich erhalten. Die Zeit, in der alle solche schönen Heimlich keiten, wie: „Der Weihnachtsmann wirds bringen!", „Das Christkind kommt!", aus dem Lebe« der Heranwachsenden schwinden, kommt schnell genug heran und gar mancher Mensch überwindet den Schritt von Weihnachtspoesie zur Weihnachtswahrheit, der Freude am Geben, nur schwer. Schließlich behält die Weihnachtswahrheit ja den Sie»; aber als köstliche Erinnerung an die „Weihnachtsabende daheim", die besonders den Deutschen so viel gelten, bleiben jene kleinen Weihnachtspoesien der Kinderstube, als mau das Christkind oder den Weihnachtsmann erwartete oder auch beide vereint. Man spricht dem Märchen vom Weihnachtsmann und vom Christkind vielfach seine Berechtigung ab, und doch kann es eine Mutter kaum über oni gewinnen, ihren Kin dern den Glauben an diese liebgeworbenen, seit Generatio nen durch Erzählungen vererbten Gestalten zu nehmen. In diesem Hause ist der Weihnachtsmann beliebter und heimischer, in jenem das Christkind. Und wenn im Weihnachtsmann der Nikolaus als Kinderfreund oder, noch weiter in graue Vorzeit zurückgreifend, der allmächtig- segnenöe Gott Wotan selbst gedacht wird, so haben die naiven Anschauungen damaliger Zeit in ganz bestimmter Weise das Bild beeinflußt, das der Kinderwelt vom „Weihnachtsmann" entworfen wird. Ein echter Weihnachtsmann ist ohne Bart undenkbar; aber er ist trotz seines Alters rüstig, ein ewig Junger. Zum Schutz gegen die Kälte trägt er einen warmen Pelz, tüchtige Stiefel und eine Kappe; aber frisch schreitet er aus, um zu allen guten Kindern zu kommen. Auf dem Rücken der Sack steckt voll allerlei schöner erwünschter Sachen; Süßigkeiten sind in den Taschen verborgen, und die strafende Rute darf nur ein klein wenig aus der einen Tasche schauen. Weg und Steg kennt er genau; kein Schnee ist zu tief und kein Berg zu hoch, kein Wald zu dicht und kein Häus chen zu klein — allüberall, wo Menschen wohnen, die Weih- uachtssorgen und Weihnachtsfreuden kennen, trotz vielleicht karger Gaben, kommt der Weihnachtsmann. Sehr geweckie Kinder erkennen bald im verkleideten Weihnachtsmann den Onkel oder Großvater; Pelz, Stock, Mütze und Stiefel sind ihnen bekannt und mit der Gestalt der Wirklichkeit zer fließt die Poesie, die man nm den gedachten Weihnachts mann zaubert. Und die Fragen nach dem Weihnachts mann, die Briefe an den Weihnachtsmann, wie rührend naiv nnd anmutig, wie ganz der Kinderseele angemessen, die, noch nicht ganz heimisch in der Welt, sich oft eine eigene Welt zaubert und sich darin wohlftthlt. Unsere Kinder, auch die Kinder der Jetztzeit, ja gerade diese, brauchen derartige poetische Gestalten, die ihnen helfen, sich in der Welt, in die sie hineingewachsen und deren rauhere Wege sie gehen lernen sollen, zurechtfinden. Die Aufklärung, daß Vater- und Mutterliebe das Weih nachtsfest bereiten, kommt schließlich ganz von selbst. Der Weihnachtsmann und der Glaube an sein Kommen schwin det, und es bleibt kein Bedauern darüber zurück, wohl aber eine tröstliche Erinnerung an das Fest, die ihr Licht noch auf fernere, vielleicht trüb verlebte Weihnachten werfen kann. Die christliche Lehre hat das vom Himmelreich zur Erde schwebende Christkind neben den Weihnachtsmann ge stellt, oft auch beide vereint. Trotz ihrer ganz verschiedenen Erscheinung sind sie herzlich vertraut miteinander. Wenn der Weihnachtsmann mühsam und schwerbeladen, sich auf einen derben Stock stützend, durch Schnee und Eis und Feld nnd Wald stapft, so fliegt das Christkind unhörbar leicht beschwingt über die nächtliche Erde. Auch ihm bleibt nicht die kleinste Hütte, nicht die ärmste Kammer ver borgen. So sagt der fröhliche, freundliche Kinderglaube, und wer möchte Kindern den Glauben nehmen an helfende, spendende Menschengüte? Zum Weihnachtsiest gehört die Poesie, die das von der kleinen Welt mit fieberhafter Ungeduld ersehnte herrliche