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kennen lernte, nahm auch Unterricht und erweiterte da durch seine Kenntnisse in der Naturkunde, im Franzö sischen und Englischen. Als ihm jedoch in dieser Stellung manches nicht zusagte, auch feine Eltern ihn dringend baten, wieder ins Geschäft einzutreten, so kehrte er Ende September 1811 nach Löbau zurück. Vorher unternahm er noch eine dreimonatliche Fußwanderung durch Westfalen, Niedersachsen, Holstein, Mecklenburg etc. Er weilte noch in der Heimat in den ersten Wochen und Monaten der Freiheitskriege. Da schildert er in sei ner Lebensbeschreibung u. a. den Eindruck, den das erste Erscheinen der Kosaken im März 1813 auf ihn machte. Er berichtet: „Bei der Ankunft der Kosaken eilten zahlreiche Enthu siasten ihnen als ersehnten Rettern Deutschlands entgegen: doch der Freudenschwindel ließ bald nach, da die Kosaken nach der ersten Begrüßung ihren Verehrern gewöhnlich die Stiefeln auszvgen und ihnen dafür ihre zerrissenen überließen. Diese rohen Kinder der Natur, unsauber und ärmlich gekleidet, meist nur mit einer langen, lanzen artigen Stange bewaffnet und den Kantschu in der Hand, suchten den Feind fortwährend bald hier, bald da zu be unruhigen, und waren, sobald sie ernstliche Gegenwehr fanden, auf ihren kleinen flüchtigen Pferden im Nu wie der verschwunden. Sie waren übrigens gutmütig, obschon sie gern Mitnahmen, was sie sahen, und leicht durch Be friedigung ihrer einfachen Lteblingsgenüsfe zufrieöen- zustellen waren, zumal durch Kapusta (Sauerkraut), das sie gern durch Beifügung von hineingesteckten Talglichtern schmackhafter zu machen suchten, und durch Wottka (Brannt wein), den sie möglichst stark zu genießen vermochten, und wenn dieser mangelte, selbst etwas verdünntes Scheide wasser nicht verschmähten. Ihr erstes Wort bei ihrer An kunft war daher stets nur „Wottka"." Die dritte Tätigkeit Karl Preuskers im elterlichen Hause endigte damit, daß er bald nach der Schlacht bei Leipzig sich in Bautzen zum Eintritte in die neugebildete Brigade freiwilliger Sachsen meldete. Er wurde angenom men und nach einiger Zeit Brigadesekretär des Generals von Tettenborn in Bautzen und nach dessen Verabschie dung 1814 Regimentsquartiermeister beim 5. Landwehr- Regiment im Offiziersrange für Rechnungs- und Kassen wesen. In dieser Stellung machte er im Frühlinge 1814 den Marsch an den Rhein und den Rückmarsch nach ge schlossenem Frieden mit. Dann wechselte er, inzwischen zum 2. Landwehr-Negimente versetzt, wiederholt seine Garnisonen. In diesem Jahre brachte er auch einige Zeit in der Gürlitzer Garnison zu. Da benutzte er seine Frei zeit, sich mit den reichen literarischen Schätzen der Ob:r- lausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften bekannt zu machen. Er wurde Ende des Jahres 1815 dem zweiten Schützen-Bataillon des sächsischen Okkupationsheeres in der Festung Le Quesnoy zugewiesen. Auch hier war er be strebt, sich, wo er nur konnte, weiter zu bilden. Er besuchte in seiner Freizeit Bibliotheken, Sammlungen usw., da kam er mit hervorragenden Gelehrten, z. B. Alexander von Humboldt, in Berührung. Bei einem Urlaub war er in Paris, dann in Dünkirchen und Calais, in Belgien, Flan dern, in den Städten der nächsten Umgebung seiner Garni son. Über Straßburg und Würzburg kehrte er im Früh ling 1817 in die Heimat zurück. In Bayreuth lernte er Jean Paul kennen. Seine Erlebnisse und Beobachtungen aus dieser Zeit schilderte er anschaulich in mehreren Auf sätzen, die er verschiedenen Zeitschriften einsandte. Mit ihnen trat er zum ersten Male als Schriftsteller auf. Er begrüßte es "mit Freuden, daß seine nächste Garni son Leipzig wurde,- denn jetzt konnte er, der schon Einund dreißigjährige, Vorlesungen an der Universität hören. Mit großem Eifer und Fleiße besuchte er besonders staats wissenschaftliche und gemeinnützige Kollegien. Dabei ver nachlässigte er keineswegs seine Geschäfte, studierte viel mehr alle Schriften über Kriegswissenschaften, die er er langen konnte, gründlich, schrieb auch wieder einige kleine Artikel, so eine später, 1825, anonym erschienene Bro schüre: „Über die Literatur der Militärökonomie". Die Überanstrengung zog ihm ein Brust- und Leberleiden zu, von dem er sich nur langsam erholte. Im September 1821 wurde er mit seinem Bataillon nach Döbeln versetzt. Hier gründete er sich den eigenen Herd. Er heiratete im Januar 1822 die jüngste Tochter des Bürgermeisters und Kauf manns Löwe, mit der er in einer 30 jährigen glücklichen Ehe lebte. Er hatte sich schon lange darum bemüht, eine Zivil anstellung zu erlangen. Diese erhielt er 1824. Da wurde er zunächst Adjunkt und bald, am Beginn des Jahres 1826, wirklicher Ncntamtmann in Großenhain. Dieser Stellung und Stadt blieb er treu, obwohl ihm dreimal höhere Stellungen angcboten wurden,- hier konnte er bei Ser Muße, die ihm sein Beruf ließ, sich seinen wissenschaft lichen Neigungen ungehindert widmen. Neben dem Stu dium staatswissenschaftlicher Disziplinen trat dauernd die Erforschung der vaterländischen Geschichte und Altertümer in den Vordergrund. Er veranstaltete selbst häufig Aus grabungen und regte durch ausgesandte gedruckte Auf forderungen weitere Kreise an, mitzuarbeiten. Seine „An träge zur vaterländischen Altertumskunde", Band I, Leip zig 1825, und seine „Oberlausitzischen Altertümer", die die Oberlansitzische Gesellschaft der Wissenschaften 1828 ver öffentlichte, sind die ersten schönen Früchte dieser Studien. Im nächsten Jahre, 1829, verfaßte er aus Anlaß der gol denen Jubelfeier der genannten Gesellschaft, deren Ehren mitglied er seit 1817 war, die kleine Festschrift: „Über Mittel und Zweck der deutschen Altertumsforschung", Leip zig 1829. In ihr weist er hin auf die Wichtigkeit der Alter tumskunde für Geschichte und besonders Kulturgeschichte, gibt ein vollständiges Verzeichnis aller Quellen, aus denen solche Forschung zu schöpfen habe, und betont die Not wendigkeit der Gründung eines „allgemeinen Korrespon denzblattes oder Journals für vaterländische Geschichts- nnd Altcrtumsfunde", ein Wunsch, der auch durch Grün dung zweier Zeitschriften dieser Art in Erfüllung ging. Für diese Schrift verlieh ihm die oben erwähnte Gesell schaft eine silberne Medaille. Noch eine Arbeit Preuskers aus jener Zeit ist hier zu nennen, seine Vorarbeiten zu einer „Geschichte der Oberlausitz in früherer Zeit" in Ver bindung mit einer Gaugeograpyie und Gaukarte, sowie Erläuterungen zu Namen oberlausitzer Ortschaften, Flüsse, Berge usw. Als Handschrift wird diese Arbeit in der Lö bauer Ratsbiblivthek aufbewahrt,- sie ist ein beredtes Zeug nis seines Bienenfleißes. Hierdurch wurde sein Ruf auf diesem Gebiete so fest begründet, daß ihn eine stattliche Zahl von Altertumsveretnen als Mitglied aufnahm, und daß der spätere König Johann von Sachsen ihn eigens in Großenhain besuchte, um seine Sammlungen zu besichtigen. Preuskers Hauptwerk: „Blicke in die vaterländische Vor zeit: Sitten, Sagen, Bauwerke und Geräte, zur Erläute rung des öffentlichen und häuslichen Volkslebens im heid nischen Altertum und christlichen Mittelalter der sächsischen und angrenzenden Lande" erschien in drei Bünden mit 500 Abbildungen 1841 bis 1843. Das Werk gewann einen nicht zu unterschätzenden Einfluß,- cs wurde und wird auch heute noch viel gelesen und benutzt, wohl der beste Be weis für seine Tüchtigkeit. Für Großenhain erwarb sich Prensker dadurch ein Verdienst, daß er das seit dem Stadtbraude verloren gegangene, ursprüngliche Stadt- nmppen herbeischaffte und der Stadt auch ein Kunstwerk aus dem 15. Jahrhunderte, einen in der alten Katharinen kirche stehenden Fliigelaltar, erhalten konnte. Außerordentlich segensreich wirkte Prensker auch für gemeinnützige Zwecke. Zuerst gründete er die Stadtbiblio thek in Großenhain trotz vieler entgegcnstehenden Schwie rigkeiten. Es gelang ihm, durch Sammlungen und Er-