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sichte unter schützendem Dach, da prasselt der Regen gegen die Scheiben und mischt sein Lied mit dem Heulen des Sturmes. Doch wir haben Glück. Schon nach einer Stunde wandern wir unter kurzen Sonnenblicken über die Heu fuderbaude den Jserkammhäusern zu. Tief unten liegt Bad Fltnsberg im Sonnenschein, und Hochwald, Lausche und Landeskrone grüßen in matten Pastellfarben zu uns herüber. Von den Jserkammhäusern verliert sich unser Weg wieder abwärts in ticfgrüne Fichtenwälder, bis Großiser, das Worpswede der Lausitzer Maler, sich den Blicken zeigt. Wir lassen die über das weite Moor sich tief duckenden Häuser zur Rechten und' wandern an geheimnis vollen Köhlerfeuern vorbei weiter durch tiefste Einsamkeit endloser Fichtenwälder. In langsamem, bequemem An stieg gelangen wir auf den letzten dem Riesengebirge zu gelegenen Ausläufer und Höhenrücken des Jsergebirges. Die MrttUsteindnwkie uriÄ ttt« von Von bruno 8 c b>o e 6 e r. ZV pfg. DenlaA ckt'i AketmatZrettunA Wir wandern vorbei an den Resten der durch den Dreißig jährigen Krieg sagenumwobenen Abendburg und genießen alsbald vom Felsmassiv des Hoch stein aus den bezau bernden Blick auf die gewaltige Kette des Riesengebirges, die sich über dem frtthlingsgrttnen, langgestreckten Schrei- berhaucr Tal vor uns auftürmt. Lauge weilt das Auge auf diesem Bilde, wo sanfter Liebreiz sich mit majestätischer Erhabenheit zur klangvollsten Harmonie vereint. Der nächste Tag führt uns von Schreiberhau in steilem Anstieg über die Alte Schlesische Baude aus den Kamm des Riesengebirges. Die gestern so karge Sonne prallt heute heiß und unbarmherzig auf den steinigen Pfad und bemüht sich vergeblich, die letzten Spuren langer Winterherrschaft zu tilgen. Gewaltige Kleckse weißkörnigen Schnees kleben zäh zwischen Felsblöcken und Geröll, der Junisonne trotzend. An seinen Rändern aber blühen die großen Sterne des Teufelsbart wie Christrosen im Schnee. Hui, pfeift der Wind hier auf dem schmalen Kammwege! Heulend braust er über das geduckte Knieholz und fährt jauchzend die steilen Felshänge der tiefvcrschnciten Schnee gruben hinab. Weit und frei schweift unser Blick darüber hinweg in die grün und golden leuchtende schlesische Ebene. Vom unwirtlichen Kamm fällt unser Weg steil hinab zur Elbquelle und Elbfall und windet sich tief und immer tiefer ins Elbtal hinein. Nach den schwarzen Wäldern des Jsergebirges, nach den kahlen, windgepeitschten Kamm wegen leuchten im Elbtal die frischgrünen Buchen und Lärchen wie Offenbarungen des Frühlings. Weißschäumend und klargrün sprudeln die Elbwasser über Fels und Stein geröll unbekannten Fernen entgegen. Immer frühlings froher wird die Landschaft. In Spindelmühle blühen Apfel bäume und Fliederbüsche, und in dem weltabgeschiedenen St. Peter, unserem heutigen Ziel, schwelgen die steilen Wiesenhänge in buntester, blühender Pracht. In St. Peter scheint die Welt zn Ende. Wie schwere Riegel schieben sich die blaudunklen Bergrücken von allen Seiten um das langgestreckte, grüne Tal, in dem die schiefergrauen, holzverkleideten Häusel wie aus des Riesen fräuleins Hand verstreut in den buntgetupften Wiesen kuscheln. Tief in Wäldern versteckt führt ein Weg, immer von rieselnden Wassern begleitet, steil durch den Langen Grund auf die Höhe der Geierguckc und des Brun nenberges. Als wir die steinbesäte Hochfläche des Brunnenberges erreichen, kriechen schwarze, unheimliche Wolken tief auf uns zn, die nach wenigen Augenblicken schüttende Regenfluten und Hagelschauer herabprasseln lassen. Donnerrollen und schwefelfahle Blitze rings um uns, und dabei nebelgraues, undurchdringliches Dämmer licht. Zischend wie ein wildes Tier krallt der Sturm uns an, und mühsam kämpfen wir Schritt um Schritt voran. Unheimlich toben die entfesselten Elemente, und wir suchen vergebens in der Finsternis die rettende Baude zu er spähen. Plötzlich taucht vor uns ein riesiges Ungetüm ge- spensterhaft aus den Nebeln auf: die Wiesenbaude. Notdürftig trocknen wir mit anderen Leidensgefährten zu sammen unsere Sachen am großen eisernen Ojfen. Den letzten Nest Feuchtigkeit treibt uns der frische kühle Wind aus den Kleidern, der uns anspornend den spiralförmigen Weg zur Schneekoppe hinauftreibt. Wetterunbill und Gefahren sind bald vergessen. Wer das Riesengebirge kennt, weiß, daß es wetterwendisch ist wie sein Herr, der alte Rübezahl. Das Gewitter zieht grollend dem Jsergebirge zu. Über Schreiberhau spannt sieghaft in leuchtenden Far ben ein Regenbogen. Aus Südosten lugen die lieblichen Aupatäler zu uns herauf, und dahinter verebben langsam in welligen Linien bewaldete Höhen. Im Norden aber liegt die weite Welt ausgebreitet wie unter kristallener Glocke zu unseren Füßen. Unendlich der Blick — die Seele befreiend und erlösend, und wiederum sie gleichzeitig er füllend mit Unruhe und Sehnsucht nach neuen, lockenden Fernen. Vom Schauen erfüllt, wandern wir von der Koppe herab, vorbei an Riesenplan und Nennerbaude dem Ziegen rücken zu. Vom schmalen Gratrücken, nur Schwindelfreien gangbar, stürzen schroff zu beiden Seiten die grüngetupften Hänge ab. Tief unter uns zur Linken, unwahrscheinlich klein, die Häuser von St. Peter, zur Rechten die dunklen Einschnitte der Sieben Gründe, aus denen wilde Gebirgs wasser rauschend der Elbe entgegenhasten. Vor uns türmt sich wuchtig in breiter Masse der Krokonosch, das mor gige Wanderziel. Grau in grau der Himmel, als wir am nächsten Mor gen in St. Peter unser Ränzel schnüren und über Spindel mühle und die Schlüsselbauden dem Krokonosch zustreben. Grau die dichten Nebelwände, die sich schwerfällig vor uns herschieben. Grau und schemenhaft die mit langen, bärtigen Flechten behangenen Fichten, grau die feuchten, sich schich tenden Felsen. Plötzlich tönt lustige Marschnrustk uns aus dem grauen Einerlei entgegen. Ein Hochzeitszug, doch ohne Braut. Die Hochzeitsgäste holten schon früh im Morgendämmern unter fröhlichen Weifen und dröhnendem O^dirr §«^6» Von O. 5cböne. !v pfg. Denkay «len ObenisusttLsn bkejmaiLsttuny Paukenschlag den Bräutigam vom jenseitigen Tal herbei, ihn der Braut zuzugeleiten. Die graue Stimmung ist mit einemmal verflogen,' und als ob die laute Musik den Spinnwebzauber zerrissen hätte, kommt Bewegung in die graue Masse. Brodelnd und dampfend wogt und wallt das Nebelmeer vor uns auf und ab — Walkürenstimmung vor dem Feuerberg. Gerade als wir die Kesselkoppe, die höchste Erhebung des Krokonosch, erreichen, da rauscht der Wind aus seinem Schlafe empor. Ein paar kräftige Stöße, und in wilder Flucht jagen unzählige, graue Nebelrosse lautlos von dannen, verfolgt von den golden brennenden Strahlen der sieghaften Sonne. Bor uns liegt das weite, reiche Böhmerland. Fern am Horizont, im blauen Dunst verborgen, ahnt man Sie stolzen Kuppeln und Türme des alten Prag. Noch ein abschiednehmender Blick rückwärts auf Rübezahls Reich, das wie ein in grünen Wogen er starrtes Meer zu uns herüberwinkt. Ein Blick noch in die