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Rücken die bekannte Halsbrücker Esse, winken ans dem Süden der Rosenberg, Kaltenberg, Tannenberg, die stolzen Gipfel Nordböhmens, schließen sich nach Osten hin die Lau sitzer und Zittauer Berge an bis zur stolzen Pyramide des Jeschken und den breiten Rücken des Jsergebirges. In diesem Reigen darf auch die charakteristische Form der Landeskrone bei Görlitz nicht fehlen und der hohe Giebel des Klosters Marienstern, der in einer Berglücke über Elstra hinaus als Mittelpunkt der wendischen Kloster pflege sichtbar wird. Nach Westen zu trifft das suchende Auge das Jagdschloß Moritzburg, die Domtürme zu' Mei ßen und am fernen Horizonte den Collmberg bei Oschatz. Im Norden aber verliert sich der Blick in der blauen Un endlichkeit der preußischen Tiefebene. Dieser schöne Rundblick lockt zum Weiterwandern, und dazu bietet die reizvolle Umgebung reichlich Gelegen heit. Eine Anzahl gut markierte Wanderwege berühren den Schwedenstein, andere führen in leicht erreichbarer Nähe vorüber. Die wichtigsten sind: t. Der nördliche Lausitzer Kammweg:! ! 1 (Bischofswerda — Heitrer Blick—Hochstein—Luchsenburg—Schweden stein—Pulsnitz—Keulenbergs. 2. Der Lausitzer Landweg: (Kamenz —Hutberg — Walberg — Hoseberg — Heiliger Berg — Hennersdorfer Berg — Rehnsdorf — Sibyllenstein — Vntterbcral. 3. Der Pyramidenweg arün: Kloster Marienstern — Elstra — Rehnsdorf — Oberstein a — Schwedenstein — Pulsnitz. 4 rot: Kamenz—Hennersdorf - Möhrsdorf—Schweden ¬ stein—Ohorn—Bretnig—Massenei—Großharthau. Die verschiedensten Wünsche des Wanderers finden auf diesen Pfaden Erfüllung. Er durchschreitet rauschende Wäl der, fruchtbare Täler, weite Heide-Landschaften und stille Dörfer, genießt reizende Fernblicke, ruht am murmelnden Waldbach oder an den stillen Ufern der Norblausitzer Teiche. Und über all dieser Herrlichkeit dehnt sich der blaue Him mel und lacht die milde Sonne der Heimat. „Ein Weg durch Korn und roten Klee, Darüber der Lerche Singen, Das stille Dorf, der Helle See, Siißes Wehen, frohes Klingen. Es wogt das Korn im Sonnenbrand, Darüber die Glocken schallen. — Sei mir gegrüßt, wein deutsches Land, Du schönstes Land vor allen." (Schönaich-Carolath.) Und willst du, lieber Wanderer, den stillen Zauber derKleinstadt ganz auf dich wirken lassen? Sich, das Gute liegt so nah. In einer guten halben Stunde bist du in Pulsnitz, Sachsens Pfefferkuchenstadt. Die goldenen Träume deiner Kinderzeit werden in dir lebendig, wenn du die stillen Gassen durchwanderst. Ganze Berge von Pflastersteinen, Schokoladenspitzen und Honigkuchenherzen grüßen dich mit ihrem verführerischen Duft und die far benprächtigen Erzeugnisse der Pulsnitzer Bunttöpfereien mit ihren Formen und Farben. Willst du dir selbst oder deinen Lieben daheim eine Freude bereiten? Hier hast du reichlich Gelegenheit. — Durchwandere, ehe du scheidest, die Straßen und Gäßchen nnd Winkel der Stadt, du wirst manche verborgene Schönheit finden. Und ist der Tag heiß und staubig, so wünsche ich dir nach ermüdender Wande rung willkommene Erfrischung im schön gelegenen Stadt bad oder ein geruhsames Stündchen unter den schattigen Bäumen des Herrenhauses am Schloßteich oder einen Spa ziergang durch das nahe prächtige Waldgebiet der Hufe init ihren hundertjährigen Eichen und stattlichen Buchen. — Ein besonderer Genuß ist der herrliche Blick von der Ter rasse des nahen Waldhauses auf die im Tale liegende Stadt und ihre waldreiche Umgebung. Hier hast du das Wahrzeichen der Pulsnitzer Landschaft, den turmgckrönten Schwedenstein und seinen Nachbar, den Försterbcrg, noch einmal vor dir. Nimm diesen prächtigen Scheideblick als schöne Wander-Erinnerung mit dir und dann: „Wandere mutig fort, und an jedem Ort sei dir Glück und Heil zur Seite!" Der Schwedenstein steht unter der Obhut und Pflege des Gebirgs- und Verschönerungs-Vereins Pulsnitz. Unter der Führung seines Mitbegründers und 1. Vorsitzenden, des Herrn Drogerie-Besitzers Felix Herberg-Pulsnitz, er warb er vor Jahrzehnten den nötigen Grund und Boden und die Schankerlaubnis für den Berg, errichtete bescheidene Unterkunftsräume und erbaute 1898 die steinerne Aus sichtswarte. Immer galt es, Mittel bereit zu stellen, Schä den zu beseitigen, Neues zu schaffen, und in diesem Sinne wird der Schwedenstein auch heute noch betreut. Der Berg wirt ist früh und spät auf seinem Posten und auf das Wohl seiner Gäste bedacht. Während der ersten Jahrzehnte seiner Tätigkeit stand dem Gebirgsverein ein warmherziger Freund und Gön ner zur Seite, der die Bestrebungen des Vereins jederzeit förderte mit Rat und Tat und offener Hand: Herr Fabrik besitzer Paul Raupach-Pulsnitz. Er schuf die schöne breite Straße, die über den Schweöenstein führt, erbaute das schmucke Berghaus und verwandelte den ehemals reizlosen Gipfel in einen freundlichen Naturpark. Des vortrefflichen Mannes sei an dieser Stelle dankbar gedacht. Fr. Röthig, Pulsnitz. LauMr Porten Von Herbert Henkner In der umfangreichen und vielseitigen Lausitzer Ltte- atur, die wir hier nicht in dem verengenden Sinne von reiner Heimatlitcratur auffassen dürfen, mangelt es nicht an Männern und Frauen, die ihrem Drange nach dichterischer Restaltung Ausdruck gegeben haben. Betrachten wir uns hr Schaffen etwas näher, so müssen wir feststellen, daß ihre Kunst sich nicht dem Einflüsse der Zeitströmung ent zogen hat, sei es im rein literarischen oder Heimatlichen Sinne. In fast allen Fällen haben wir es bei diesen Dich tern in der Ausübung ihrer Kunst mehr oder weniger mit einer Liebhaberei zu tun, einer Neigung, in den Muße stunden ihr dichterisches Talent zu pflegen. Von unserem größten Lausitzer, Ephraim Lessing, sei im Rahmen dieser Betrachtung abgesehen. I. Die Licderdichtung Lange Zeit war es gern geübter Brauch, lateinische Gedichte zu verfassen, die sich meist mit religiösen Gedanken beschäftigten. So wie aber das Laienspiel sich rascher ent wickelte, als die deutsche Sprache das Latein ablöste, so fand auch das Kirchenlied eine lebhafte Entfaltung bei Anwendung deutscher Texte. In der Lausitz wurde Herrn hut der Quell einer umfangreichen Kirchenliederdichtung durch die unermüdliche Schaffenskraft des Grafen Niko laus Ludwig von Zinzendorf (1708—1760), der 1722 den böhmischen Exulanten in Berthelsdorf und Herrnhut eine Zufluchtsstätte schuf. Wenn er sich auch in lateinischer Dichtung versuchte, wie sein lateinisches Gedicht an Kaiser Karl VI. (1716) beweist, so war er Bahnbrecher des Herrn huter Brüdergesangbuches, für das er nicht weniger als 428 Lieder dichtete. Auch das Görlitzcr Gesangbuch enthält ein Lied von ihm und eine Sammlung von Liedern in drei Abteilungen nahm von ihm das große Londoner Ge sangbuch (1755) als Anhang auf. Seine Gattin, Gräfin Dorothea von Zinzendorf (1700—1756), schrieb für das neue Brüdergesangbuch 33 Lieder, während von Zin- zendorfs Sohne Christian Renatus (1727—1752) diesem Buche 45 Lieder angehören. Eine vorzügliche Lieder dichterin war Henriette von Hayn (1724—1782), von der 28 Lieder in das Brüdergesangbuch ausgenommen wurden.