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Reiz bietet es, die Tagebucheinträge darüber als unmittel bares Erleben auf sich einwirken zu lassen, z. B., als er von seinem Drama „Massaniellv" schreibt: „Heureka, Heureka! Dieser prächtige Stoss kam mir heute auf dem Badewege!" Und später: „In meinem Lektoralbericht an Professor Diestel habe ich den Plan zu meinem „Massaniellv" unter Angabe des Decknamens Wilhelm Christoph Wolf nieder geschrieben, da ich gern ein Urteil Diestels darüber Horen möchte, ohne daß er meine Urheberschaft erfährt," und schließlich sein Brief an Knobloch: „Doch wird das arme Würmchen, das Drama, wohl das seiner meisten Geschwister teilen, niemals aus der Taufe gehoben zu werden." Er hatte recht. Abgesehen von einigen Stücken, die zu Fami lienfestlichkeiten im Schloß Obercunewalde in Geschwister- kreisen aufgeführt wurden, blieb sein damaliges Dichter tum noch unausgegorener Most. Um so lauterer und reiner aber ringt sich seine Seele zur Klarheit. „Glaubt, zweifelt, wähnt und lehret, hält nichts und alles wahr,' erbauet und zerstöret und quält sich immerdar", das von seinem Bruder zitierte Claudiuswort ist wie ge prägt auf die Scelcnnöte des Jünglings, wenn er um 1880 an Freund Knobloch nach Breslau schreibt: an eine über irdische Macht, die das Weltall regiere, könne er nicht mehr glauben,- dafür strebe er danach, nur Gutes zu tun, nicht des Lohnes wegen, sondern um seiner selbst willen und halte jeden Abend mit sich darüber Prüfung und Beichte. — Daun, als der Tod ihm seine '22 jährige Schwester ent reißt, schreit er auf: „Es gibt keinen Gott! Wenn ich das nicht längst wüßte, hieraus müßte ich es erkennen. — Meine Mutter mit ihrem festen Glauben ist wahrhaft rührend: an ihr sehe ich, welch herrliche Stühe das Christentum sein kann und gräme mich, daß ich cs selbst unwiederbringlich verloren habe. Es ist schwer, so ganz ohne Hilfe auf sich allein angewiesen dazustehcn mit dem Bewußtsein, durch unselige Wiftbcgierde den glücklichsten Wahn zerstört zu haben. —" Aber als sich der Schwester Todestag jährt, da leuchtet eS in ihm zaghaft ans: „Wenn ich auch nicht sagen kann „Ich glaube", so doch wenigstens „Ich hoffe". Ich sehe der stillen Entwicklung mit Freuden zu und lasse sie ge währen." Sie fand ihren Ausklang in der Abrechnung, die er Neujahr 1882 seiucm Tagebuche anvertraut: „In der letzten Zeit hat sich in mir eine bedeutsame Wandlung voll zogen. — Ich hege die feste Überzeugung, daß es ein über irdisches Wesen gibt, das diese Welt regiert, und daß wir ein Fortleben nach dem Tode zu erwarten haben. Ich leite diese Gewißheit aus der Beobachtung ab, daß es Gefühle in der menschlichen Brust gibt, die zu herrlich, zu göttlich, zu edel sind, als daß sic vergänglich sein könnten. Die mah nende Stimme des Gewissens allein ist ein Bürge der Un sterblichkeit. Gefühle wie Liebe und Freundschaft können nicht mit unserem Körper ersterben. Das Bedürfnis nach dem Guten nnd Wahren, die Freude an jeglicher Schön heit der Kunst, der Poesie und des Lebens sind Hindcu- tungen aus ein unendliches, ewiges, von dem sie selbst ein Teil, ein Vorgeschmack sind. Ich lasse diese Gedanken in mir wirken und walten. Ich beschleunige ihren Entwick lungsgang nicht. Ich merke aber fleißig auf und finde nur zu oft, daß sich meine Glaubenssätze bestätigen. Die freu digste Hoffnung, daß ich den verlorenen Schatz meiner Jugend wiedersinden soll, erfüllt mein Herz." (Fortsetzung folgt.) ^refteNungen aus Ginvand - LVeiken der G.H A. wolle man uns baldigst zukommen lassen, damit wir einen Überblick über dis Gesamt zahl der gewünschten Exemplare gewinnen. Aus dr SiWNbzrit Vu an eibschn Pirnschn i 6. Vu dr Schule, vu dan und vu jen Jech hvatte meine letzte Poatcnsamml gekrigt, doas hieß: uoa Ustcru gihts a de Schule. Zu Weihnacht« schuue hoatte der Schulranzn unds Lasebichl undern Christboonie gelain. Bun irschtn Schultage, iech mechte bale svin vuu ganzn irschtn Schuljuhre, is mer ni vil an Gedaichtnisse ge- blicbn. Meine Mutter schoaffte miech hie, de ganze Schul stube woar vuller Mütter und Kinder. Der Kanter svatzte uns a de Bänke, immer achte nabnnander. Mir noahmu vu ganz alleene de Hände zusoamm. Der Kantor hvat o woas zu dan Müttern gesoit, woas, doas weeßch ni, iech hoa ni druf gehurt, 's goab doch su vil Noies zu sahn. Deruo gingn se oalle zur Türe naus, aber mir mußtn doa- bleibn. A pvar Maigl wulltu expreß mit, wie se ni durstn, noitschtn se. Na, der Kanter redtn gut zu, a derzahlte uns woas, und doa vcrlur sich noach und nvach die Befangnheet. Schunc an nächstn Tagn gings Larn'n lus. An 'n Fin gern larntn mer rechn, und iech hoas v später immer wie der bei menner eegnen Schulmcesterei gemerkt, doaß die de beste Ncchnmoaschine sen, weil se jeds Kind immer bench hvat. An Lasebichl woar zuirscht a Hutt zu sahn,- doas woar der „gcmoaltc Hutt", örunder waor der „gedruckte" und under dann der „geschriebne Hutt". Doa hoan mer glei an irschtn Tagn mit Lasn, Schreibt, nn Rechn vagefang. Hotte is de pädagogsche Derkenntuis wedder vicrgeschrittn, doa fällt der Lihrer ni glei su mit der Türe as Haus, hotte wird spielnd gelarnt. Schwicrigkeetu goabs fer uns Durfjungn ims Huch- doitsche. Ni, doaß mersch ernc ni hättn larn wulln, nee, iher woarsch Gegenteel der Fvall. Mir wulltn 's goar vier- nahmc machn. Eemoal froite miech der Kanter, woas doas fer a grußer, schwoarzer Vogl wär, darsch immer su kräh, kräh macht. Ganz stulz soitch: „Das ist die alte Graue", und woar ganz verdutzt, wie doa der Kanter lachte. Mtr hieß» doch dan Vogl „ale Grve". Doas Wurt „Krähe" hoattch no ni gehurt. N andermoal froit der Kanter: „Was hast du an deinen Beinen an?" Do spricht mei Rubber: „Ich habe Hausen an." Hosen woar ihm ni feine genung. Strenge hielt unser Kanter druf, doaß o ufn Schulwaigc Urnnng herrschte. Doa durfte kecs aus der Reihe gihn, a guckte uns anoach. Freilich, wenn a uns nimmieh sahn kunnte, doa bliebs ni bei der Reihe, doa wnrdn oa de Ranzn vurne uf de Brust geschnoallt und oals grüße Trnmml benutzt. Aber doa goabs wieder dau und jen, dar klafferte und — der Kanter hoatte v a Nuhrsteckl. Doas gibts hoite nimmieh, hvitc sen ja o de Kinder vil oartger. Wenn euer amval anc Tracht gefangn hvatte, doa woar ock de grißte Surge die, doaß der Bvatr dcrheeme nischt dervvnt derfuhr, denn doa hätts no eene gegahn. Fer de Geschwistr woar doas a gefundnes Frassn, do kunntn se en brcngn, zu woas se wulltn, wenn se drohtn: „Jech soi's 'n Bvatr." 's Larn hoat mer keene Schwierigkeetn gemacht, und iech muß svin, iech hoa meine Lihrer oalle a gutn Oadenkn, ganz bcsundersch „Tanncrts Ernste". Wie mer bei dam Zeechn hoattn, doa mußtn mer de Zeechnung mit schwoarzn Koaffee ausmoaln. Aus sen Unterrichte hoan mer vil mit as Labn rausgcnumm. Der „reiche Nonne" hvatte bei sen Tude a Vermächt nis hinderlussn. Vun Zinsu wurd voller drei Jnhrc a Schul fest nabgehaln. Doas woar vallemoal a Ding, doas woar a Fest fersch ganze Durf. Woas goabs doa schunc olles an Festzuge zu sah». De Maigl gingn a weißn Kleedern, ufn Kuppe trugn se Kränzl, Stäbe woarn mit Blumu iin- wundu. De Jungn hoattn sich oals Moatrosu, oals Foier- riepl, oals Tiroler, oals Handwerker oder Bauern oa-