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Schreibheftkartons hatten, während die schwächsten nicht dicker als Zeitungspapier waren. Einen Vorteil hatte das damalige Blechgeld allerdings vor dem heutigen voraus: Es bestand aus reinem Silber, ausnahmsweise sogar aus Gold. Es ist klar, daß man derartige Münzen nicht, wie die unseren, doppelseitig mit einer Prägung versehen konnte, sondern daß das nur auf einer Seite möglich war. Was die Vorderseite also erhaben zeigte, sah man auf der Rück seite vertieft und umgekehrt. Die Prägung aber geschah derart kräftig, daß die Münze ein knöpf- oder schüssel förmiges Aussehen erhielt. Wenn man solche Münzen heute findet, so werden sie meist nicht für Geld, sondern fast immer für alte Flaschenkapseln gehalten, denen sie mitunter zum Verwechseln ähnlich sind, und zerknittert und wieder fortgeworfen. (Nur selten erkennt ein Finder ihren hohen geschichtlichen Wert und bringt sie an geeig neter Stelle zur Meldung.) Das Volk bezeichnete sie im Mittelalter mit dem treffenden Ausdruck „Schwimmer- linge" oder , ,Vlätterlinge". Heutzutage nennt man sie Hohlpfennige oder Brakteaten. Wie man eigentlich auf den Gedanken kam, ein derart merkwürdiges Geld zu prägen, ist nicht bekannt. Wahr scheinlich erforderte das mittelalterliche Wirtschaftsleben mit seinen geringen Sachwerten und der außerordentlich hohen Kaufkraft des Edelmetalls die Ausprägung derartig leichter, dünner Münzen, die trotz ihrer Fünfmarkstück größe nur aus etwa 24 Gramm Fetnsilber im heutigen Werte eines Fünfpfenntgers bestanden. Wenn man hört, daß man für zwei solcher Pfennige ein Paar Hosen an gefertigt erhielt, so kann man sich eine Vorstellung von dem damaligen Geldwerte machen. Obcrlausitzer Hohlpfennige des 13. Jahrhunderts (Aus den „Bautzener Geschichtsheften") Auf diesen alten Hohlpfennigen erblickt man nichts, was an ihre Aufgabe als Zahlungsmittel erinnern könnte, keine Angabe über Wert und Kaufkraft) vielfach ist nicht einmal zu ersehen, in welchem Lande sie galten. Das war aber auch nicht notwendig,- denn in der „guten alten Zeit", die alles andere als verkehrsfreundlich war, hatten sie ohnehin nur Gültigkeit im Bereiche ihrer Herstellung, und der war so klein, daß man Wert und Geltungsbezirk auch ohne besondere Angaben kannte. Mögen die mittelalterlichen Hohlpfennige durch ihre Unhandlichkeit und Unpraktischkeit schon manchen Verdruß verursacht haben, ihr größter Nachteil bestand in ihrer kurzen Geltungsdauer. Längstens nach Jahresfrist, später halbjährlich und noch öfter verfielen sie und mußten gegen neues Geld eingelöst werden,- aber nicht etwa zum Nenn wert, wie man es für selbstverständlich hält, sondern der fürsorgliche Fiskus erhob für seine Mühe und im Inter esse der Staatskasse eine Abgabe von 25^; für 40 alte Pfennige bekam man also nur 30 neue ausbezahlt. Mit der Zeit wirkte sich die ständig wiederkehrende Einziehung des Bargeldes auf eine Weise aus, die wir in ihrer Wirkung durchaus mit derjenigen einer Inflation vergleichen dür fen. Das schlimmste aber war, daß davon fast nur kleine Leute betroffen wurden,- denn der Großhandel vollzog sich meist mit gewogenem Barrensilber, das der Entwertung nicht unterlag. Diese und andere Übelstände mögen dazu beigetragen haben, daß man das Blechgeld und das damit verbundene fortgesetzte „Blechen" sattbekam und um das Jahr 1300 wertbeständiges Geld einsührte. Mit welchen Gefühlen man dieses kommen und das Blechgeld gehen sah, wird sich eine Generation, die die Inflation von 1923 erlebt hat, un schwer vorstellen können. Wchvföwrrba während des KuWenkrieseS. Schwere Kriegsstürme sind im Laufe der Zeiten über unsere engere und weitere Heimat, über Stadt und Land der Oberlausitz, öahingebraust. In den ersten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts war das städtische Gemeinwesen Bischofswerda entstanden, 200 Jahre später drohte der un heilvolle Hussitenkrieg die einst von deutschen Männern geschaffene Kultur wieder zu vernichten, abermals 200 Jahre danach brachte die Zeit des 30 jährigen Krieges bittere Not und Schädigungen aller Art, und nach nochmals zwei Jahrhunderten leuchtete die Kriegsfackel von 1813 noch einmal über unserer Heimat auf und wurde zum be sonderen Verhängnis der Stadt Bischofswerda. Es ist bekannt, daß die Hussitenbewegung, von der hier die Rede sein soll, auf starke religiöse und nationale Strömungen zurückgeht, die sich im ersten und zweiten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts in Böhmens Hauptstadt Prag geltend machten. Zu offenen Aufständen kam es hier, als 1418 die Kirchenversammlung zu Konstanz den vom Tschechenvolke hochverehrten Universitätslehrer Johann Huß als Ketzer zum Feuertods überantwortete. Als König Wenzel von Böhmen bald darauf starb, kam als Nachfolger sein Bruder Sigismund, der seit 1410 als deutscher Kaiser regierte, in Frage. Die Tschechen, die ihm ein groß Teil Schuld am Tode des Huß beimaßen, lehnten jedoch seine Wahl ab und forderten auch von der Oberlausitz, als einem Nebenlanö der böhmischen Krone, sich ihnen anzu schließen. Mit Abscheu wandten sich aber unsere Vorfahren als strenge Katholiken von den Ketzern, die sie fortan als nationale, soziale und religiöse Feinde betrachteten. Sie erkannten Sigismund als ihren rechtmäßigen Oberherrn an und zogen 1420 mit ihm durch Schlesien. Dieser erste Kreuzzug gegen die Ketzer verlief freilich völlig ergebnis los. Ähnlich war der Ausgang weiterer Züge in den Jah ren 1421 und 1422, wo ebenfalls die Oberlausitzer mit an sehnlichen Streitkräften mit nach Böhmen rückten. Da mals hatte die Oberlausitz außerdem von Meißen her durch räuberische Einfälle einzelner fehdelustiger Ritter viel zu leiden. Anfang Januar kam es in Bischofs werda, das ja bekanntlich seinerzeit und späterhin meiß nisch war, zu einem „Tage", das heißt einer Zusammen kunft von Abgeordneten beider Landesteile. Dieser „Tag" muß sehr gut beschickt gewesen sein. So gingen beispiels weise von Görlitz außer drei Natsmännern und dem Stadtschreiber vier Glefen, das sind 16 berittene Mann, sowie 10 Schützen mit Gespann nach Bischofswerda ab; zur „Ehrung" der Herren nahm man einen ziemlichen Vorrat von „vinum Gallicum" sfranzöstschen Wein) mit. Die Verhandlungen, zu denen die Görlitzer bis zum drit ten anwesend waren, scheinen, wenigstens zunächst, den Streit erledigt zu haben. Im März erwähnten Jahres suchten die Oberlausitzer infolge der brennend werdenden Hussitengefahr mit den Meißnern eine „Einnung über die Ketzer von Böhmen". Wie in Löbau und Dresden wurde auch in Bischofswerda ein „Tag" abgehalten, wo man die Not der Zeit besprach und gemeinsame Abwehrmittel zur Beratung stellte. Mit der Sicherheit der Straßen von der