Volltext Seite (XML)
Eine fümiltengeschichtliche Suelle: Sie Beteiligung Sberlaujitzer Gewerken am Bergbau in -er ojtewWen Eachlijchen Schweiz. Von Dr. I. Langer Die Familiengeschichte gehört heute zu den am meisten von Historikern und Geschichtsfreunöen gepflegten histo rischen Forschungsgebieten. Wenn auch Kirchenbücher, Schoppenbücher, AmtSerbbücher, Bisitationsakten, Geschotz- bücher usw. dankbare familiengeschichtliche Quellen sind, so muß sich der Familiengeschichtsforscher auch auf gänzlich verstreutes und daher oft nur zufällig auffindbares Quel lenmaterial stützen. Wir nehmen hiermit Gelegenheit, auf eine wertvolle Quelle für Oberlausitzer Fami lienforschung aufmerksam zu machen. Bei Durch arbeitung der Akten des Glashütte! Bergamtsarchivs, die im Freiberger Oberbergamt untergebracht sind, zeigte sich, daß an dem Bergbau der ostelbischen Sächsischen Schweiz besonders viele Gewerken aus unserer Oberlausitz beteiligt gewesen sind. Gewerken sind Personen, die sich zu gemein schaftlichem Bergbaubetriebe miteinander verbunden haben. Von dem Bergbau bis 1717 fehlen die Gewerkenlisten, sie sind im Glashütter Bergamt verbrannt oder anderswie verloren gegangen. Nach der Mutung des zukünftigen Grubenfelöes wurde auf Grund der meist viel zu optimistischen Angaben des Muters über Gewinnaussichten vom Borgamt ein aus führliches bergamtliches Gutachten über die Abbauaus sichten des Grubenfeldes für den Muter ausgestellt. Man nannte diese schvnfärbenden Darstellungen „Grubenauf stände". Der Muter oder ein anderer Mitbauender machte sich mit dem „Aufstand" auf die Reise und warb Ge werken an. Von dem bekannten alten Sprichwort „Ein Bergmann weiß seins Guts kein Ende" ließen sich Reiche und Arme verleiten^ ihr Scherslein für unsex^ überall aussichtslosen Bergbauunternehmungen zu opfern. Es sind reiche Handelsherren, arme Leineweber, Schlosser, Ärzte, Lehrer, gelegentlich auch Bauern, usw., die damit auf rasche und leichte Weise zu Geld zu kommen gedachten. Im 17./18. Jahrhundert ist auch der damals schon wahr nehmbare Handwerksverfall mit daran schuld. Für den Familtenforscher sind diese Gewerken listen deshalb interessant, weil er darin nicht nur die Namen und eigenhändigen Unterschriften der Gewerken vorfinöet, sondern oft auch wertvolle sozialwirtschaftliche Angaben. Da ist z. B. einer im letzten Augenblick vor der Unterschrift zurückgeschreckt, weil seine Frau und zwei seiner Kinder schwer erkrankt waren, weil er selbst bei Viehverkauf Pech hatte. Oder die Frau teilt eigenhändig auf dem Bogen mit (wohl weil ihr Mann gerade abwesend war, als der Bote um die Unterschrift ihres Mannes bat), daß ihr Mann für solche „Kingkerlittzgen" kein Geld übrig habe, er müsse erst noch dies und das anschaffen. Ein ! andrer setzt seinen Kuxanteil als zukünftiger Gewerke ! herab, da er in Zittau einen liederlichen Sohn in Lehre ! habe und daher ihn mit Geld versorgen müsse. Über den Brief eines Gewerken, der ein ausgesprochener Nörgel fritze war, geriet der Bergmeister in Glashütte so in Wut, daß er ihn nach dem Lesen in vier Stücke zerriß. In die Akten eingeklebt, ist uns der Brief ein wertvolles Cha rakterdokument für den Vriefverfasser. Unsere Beispiele genügen, um den samiliengeschichtlichen Wert dieser Akten zu beleuchten, denn über die sozialen Verhältnisse unserer Vorfahren geben andere Quellen oft keinen oder wenig befriedigenden Bescheid. Die Gewerken waren gezwungen, bei Ausbleiben des „Bergsegens" swenn die Bergbauunternehmung keinen Gewinn abwarf) immer von neuem wieder Geld-Zubußen zur Verfügung zu stellen. Da nun bei unseren Bergbau versuchen dies die Regel war, gab es immer Anlässe zu Zank, Auseinandersetzungen, Zubußdrückerei usw. Daß die Gewerken dieser Stimmung und diesen Tatsachen auch schriftlich Ausdruck verliehen, ist selbstverständlich. Hier kommen in den erhaltenen Berichten mitunter die glän zendsten, ungewollten Selbstporträts der Beteiligten vor. Die Charaktereigenschaften, die Handschrift, die Ausdrucks weise, die Lebensart und -läge unserer Vorfahren lassen ein naturgetreues und lebendiges Bild des Ahnen er stehen. Trotzdem Verfasser dieser Zeilen gar keine fami liengeschichtlichen Belange beim Durcharbeiten dieser alten Bergbauakten im Auge hatte, drängte sich von ganz allein bei der Lektüre der großen Zahl dieser in der Geschichte Namenlosen die Erkenntnis hervor, wie in den Gewerken listenangaben aus der Namenmasse sich örtlich oder fami liär verbundene Gruppen herausheben. Eine Art Beloh nung fand dies Aktenstudium auch immer dann, wenn die eine und andere Schaltengestalt den Mund öffnete, die Augen hob und förmlich „in Fleisch und Blut" vor uns stand. Ergötzlich wirkte es, wenn auf eine in echt bergmän nisch derber Art erfolgte Rede oder auf ein ähnliches Schreiben der Oberlausitzer sich auf seinen „Dickschädel" besinnt, lospoltert und auch nicht gerade sanfte Töne in seine Feder beim Antwortschreiben fließen läßt. Es waren alle Durchschnittsmenschen, die sich als Oberlausitzer Ge werken feststellen ließen,' hohe und höchste Persönlichkeiten hat der Verfasser wenigstens in diesen Akten nicht entdeckt. Es ist ohne weiteres klar, daß aus der Oberlausitz sich noch mehr als Gewerken am Erzgebirgsbergbau beteiligt haben. Aber es ist für die Familienforscher überaus schwie rig, die betr. Aktenstellen aus dem ins Unermeßliche an gewachsenen Stapel erzgebirgischer Bergbauakten ausfindig zu machen. Wir wollen nun einige Hinweise auf die Oberlausitzer Gewerken geben, die am Bergbau in der ostelbischen Sächs. Schweiz beteiligt waren. Allgemeineres über letzteren findet der Leser in dem 50. Band <1929) des Neuen Archivs für Sächs. Geschichte, Seite 1—66. Familienforscher finden in folgenden Akten des Glashütter Bergamtes (diese Akten liegen — wie schon mitgeteilt — im Freiberger Oberbergamt, Archivverwalter ist augen blicklich Herr Oberregierungssekretär Börner) für ihre Zwecke verwendbares Quellenmatertal. 1. B, II, 59 (1749—1751, vereinzelte Bauern und Ge werbetreibende aus Radeberg, Löbau, Eibau, Ringenhain, Demitz, Steinigtwolmsdorf, Bautzen, Weifa usw.),' B, II, 77 (1752 ff.),' B, II, 103 (1764—87, hervorragender Gewerke Tropsch aus Bautzen). B, II, 133 (1752—1756). Diese Quellen betreffen den Bergbau auf dem und am Hohwald (Battenberg). 2. B, II, 64 (1749—1750, Gew. aus Stolpen, Sebnitz). Bergbau bei Hohnstein. 3. B, II, 7 (1751—3, Chr. Parthel, Gerichtsschöppe und Rutengänger aus Pillnitz,- ostsächs. Gewerken, auch aus böhmisch Nixdorf). B, II, 85 (1754—5). Hinterhermsdorfer Bergbau. 4. A, XXI, 75 Gegenbuchakte (1794—99, Gew. meist aus Sebnitz und Hertigswalde). Bergbau von Hertigs- walde. 5. B. II, 63 fum 1748—1751,' Gew. u. a. aus Sebnitz 5, Weifa 3, Bautzen 17, Weißenberg 14, Reichenberg i. Bö. 1, Königshain bet Görlitz 1. Witwe Paul aus Weißenberg tritt bes. hervor. Um 1750 neue Gew. aus Marienthal, Schlegel, Neudorf, Leuba, Berthelsdorf, Oderwitz, Ober seifersdorf (besonders viele), Königshain, Ebersbach, Ei bau, Großschönau, Nieder-Schönau, Zittau, Heyersdorf (— Herwigsdorf), Oberfriedersdorf, Vreitenbach bei Puls nitz, Bödhau (Pethau), Reichenau. Der Bautzener Accis- einnehmer Günther tritt hervor)- A, XXI, 17 (1749), A,